Schon in ihrer Jugend beschäftigte sich
Céline Rudolph
mit brasilianischer Musik und mit der portugiesischen Sprache.
Das Album Brazaventure enthält allerdings nicht typisch brasilianische
Musik, sondern ist eher das Ergebnis einer Erfahrung der Sängerin
mit Brasilien.
Das vorherrschende Stilmittel ist die Vielfalt. Verschiedene Sprachen,
auch fiktive, finden genauso Verwendung wie unterschiedliche musikalische
Traditionen. So wird jedes Stück zu einem Einzelereignis und
das verbindende Element ist die klare Stimme Céline Rudolphs.
Sie ist bestimmend, schwebt über allem oder windet sich um
die Instrumente, geht dann wieder ihre eigenen Wege. Aber die Ästhetik
der Stücke funktioniert nur über den Instrumentalpart,
dessen Basis die Perkussion und die Gitarre mit Bass bildet. Mit
Bedacht treten Instrumente wie das Akkordeon oder das Vibraphon
hinzu, sie unterstreichen die speziellen Stimmungen, die in den
einzelnen Liedern zum Ausdruck kommen. Die eigentliche Gesangskunst
Céline Rudolphs wird in den Adaptionen des Albums sichtbar,
wenn sie My one and only love von Guy Wood und Robert Mellin singt,
fast nebenbei, lässig, überhaupt nicht aufgesetzt. Oder
wie in Victime de la mode, einem französischen Rap-Song, dem
sie einen langsamen Sambabeat unterlegt – hier fließt
ihre Stimme verschmolzen mit dem Rhythmus der Musik dahin. Nur
ein Instrument kann sich gegen Céline Rudolphs Stimme behaupten,
das Saxophon in Numenam. Es spielt sich in den Gesang hinein und übernimmt
dessen Part, ja wird zu einem gleichwertigen Ersatz. Ausdrucksstark
gespielt von Teco Cardoso. Hochkarätig besetzt ist auch der
Rest der Band: Toninho Ferragutti am Akkordeon, Paulo Bellinati
an der Akustikgitarre, Jovi Joviniano und Marcos Suzano an der
Perkussion. Ausgesucht hat die Musiker der Produzent Rodolfo Stroeter,
der auch den Bass spielt.
Nicht weniger kunstvoll sind Céline Rudolphs Eigenkompositionen,
die Ausdruck der Arbeit mit der Musik Brasiliens, aber auch Ausdruck
der Erfahrungen mit dem Land Brasilien sind. Der Rhythmus spielt
in diesen Songs eine entwickelnde Rolle – er treibt an, bringt
Stillstand, lässt die Stimme entschweben, holt sie wieder
nach unten – er ist der eigentliche Motor.
Ein absolut hörenswertes Album! Die eigentlich spannenden
Elemente erschließen sich aber erst, wenn man sich auf die
Musik einlässt.