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nmz-archiv
nmz 2008/02 | Seite 40
57. Jahrgang | Februar
Rezensionen-CD
Der frühe Songwriter fängt den Vogel
Neuveröffentlichungen der Popbranche im Fokus
Schon zu Beginn des Jahres häufen sich die Songwriter-Alben.
Das wird jene freuen, die sonst gerne jammern, dass das Songschreibertum
in Deutschland zu selten besprochen wird. Anbei ein paar wohl extrahierte
Schmacht-Tipps.
Aidan John Moffat. Ein Name gleich einem Gedicht. Den strebsamen
Lesern dieser Kolumne vielleicht noch als Teil des schottischen
Depri-Songwriter Duos „Arab Strap“ bekannt, das sich
20007 tränenreich auflöste. „I can hear your heart“ nennt
sich sein erstes Soloalbum der „Arab Strap“-Nachzeit.
Es ist unvergleichlich genial. Was Moffat fabrizierte, klingt simpel:
Eine musikalische Autobiographie. Überbordende Orchester,
impulsive Streicher oder klassische Swingmusik der alten Zeit bilden
die Grundlage seiner Geschichten. Er erzählt nämlich
tatsächlich. Schottisch, nasal und zynisch. Über sich,
seine Jugend und andere Sachen. Musik, die fast keine geworden
wäre. Letztlich aber glücklich macht. Ein modernes Hörbuch.
Dringend empfehlenswert (www.aidanmoffat.co.uk).
Gute acht Jahre liegt das letzte Album mit eigenen Songs von
k.d. lang zurück. Dazwischen gab es das „Canadian Songbook – Hymns
of the 49Th Parallel“; sonst leider wenig. „Watershed“ entschädigt
in vollen Zügen. Warm, entspannt und redlich klingen die Töne,
gut situiert zwischen Folk, Blues und Songwriting. Ihre Stimme
unaffektiert schmeichelnd, rauchig und gewinnend. Ihre Songs prägnant,
nie zuviel, selten zu wenig. Eine Songwriterin, der man stets und
ebenfalls dieses Mal unbedingt zuhören sollte (www.kdlang.com).
Vermutlich bereits jetzt ein Album des Jahres: Grayson
Capps „Songbones“. Fans kennen das 2003 in geringer Stückzahl (5.000) veröffentlichte
Werk freilich. Doch nun wurde die fünfstündige Akustiksession
Capps zusammen mit Tom Marron (Violine) neu veröffentlicht.
Es ist eine Kultplatte. Nur mit Akustikgitarre, Stimmgewalt und
ein paar Streichern zaubert Capps eine einzigartige Atmosphäre
ins Wohnzimmer, Auto oder in die schummrige Kneipe um die Ecke.
Blues aus tiefster Seele, Folk mit Empathie und eine Inbrunst,
die an manchen Stellen der Songs vor Ehrfurcht erstarren lässt.
Unglaublich schön (www.graysoncapps.com).
Seth Walker steht mit seiner selbst betitelten Songsammlung als
nächster vor der Tür. Der Amerikaner grinst zu Recht
selbstbewusst vom Cover, denn wie er und seine Band Blues interpretieren,
grenzt an Sagenhaftigkeit. Dabei beherrschen sie die schmutzige
Gitarrenarbeit, kommen nie in Verlegenheit den Blues blasphemisch
zu beschreiben und sind vorzügliche Könner des gefühlten
Blues. Walker dirigiert mit Gitarre und viel mehr Stimme, als man
dem zarten Gesicht auf der CD Hülle zutrauen möchte.
Wirklich ein wunderbares Album, das nie langweilig wird und durch
treuherzige Offenheit besticht (www.sethwalker.com).
Bunt wird es mit Jerry Gonzales. „Rumba Para Munk“ hält,
was der Titel verspricht. Eine wilde, fast erotische Mischung aus
Rumba, Bebop und Latin Music. Unterfüttert mit vielen Trompeten,
Congas und witzigen Pianoläufen, die das Temperament dieser
Musikrichtung wiedergeben. Interessant ist an diesem Album, dass
Gonzales zu keiner Zeit banal wirkt, sondern stets eine Überraschung
parat hat. Begleitet wird er unter anderem vom Milesbeeinflussten
Trompeter Carter Jefferson oder Larry Willis am Piano. Es lebe
die Freude und der Rum! (www.sonnysidezone.com)
Bevor es langweilig wird, haben sich die Global.Kryner entschlossen,
mit „Weg“ das Verwursten altgedienter Pop- und Rocksongs
im „Oberkrainer Bierzeltstil“ einzustellen und eigene
Songs zu schreiben. Lediglich zwei kubanische Klassiker (u.a. Besame
Mucho, was sonst?) stehen neben den sieben Eigenkompositionen.
Die sind gut gemeint, suchen ambitioniert und händeringend
nach Humor, finden allerdings nur den Wegbegleiter „Kalauer“.
Musikalisch eindrucksvoll, aber in der A-Note leider spröde.
Schwung ist anders (www.globalkryner.at).
Sven Ferchow
Diskografie
Aidan John Moffat – I can hear your heart (01.02.08, Chemikal
Underground)
k.d. lang – Watershed (Warner, Januar 2008)
Grayson Capps – Songbones (Hyena, 25.01.2008)
Seth Walker – Seth Walker (Hyena, 25.01.2008)
Jerry Gonzales – Rumba Para Munk (Sunnyside, 11.01.2008)
Global.Kryner – Weg (Lawine, 18.01.2008)