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nmz-archiv
nmz 2008/02 | Seite 45
57. Jahrgang | Februar
Noten
Inspiriert und inspirierend
Die neue Geigenschule von Eva-Maria Neumann
Eva-Maria Neumann: Geigenschule für Kinder im Einzel- und
Gruppenunterricht. Illustriert von Pia Eisenbarth, Band 1, Breitkopf & Härtel,
DV 30072
Mit der „Geigenschule“ legt Eva-Maria Neumann ein Schulwerk
vor, das „fantasievolles, kreatives Gestalten mit einer fundierten
technischen Ausbildung … verbinden“ soll – eine
Zielsetzung, die den Anforderungen eines zeitgerechten Instrumentalunterrichtes
entspricht. Erfüllt diese neue Schule das von der Autorin
in der Ankündigung definierte Anliegen? Fantasievoll und kreativ
ist das Werk wirklich. Zauberhaft und schelmisch wirken die gelb
abgesetzten Rätsel, Spielanregungen, Quizfragen – das
mögen Kinder! So wird Fachsprache, Musiktheorie und -geschichte
spielerisch und witzig vermittelt. („Wie nennt man ein Stück
für zwei Spieler? a) Duda, b) Duo, c) Dudu“ – oder
aus dem Buchstabensalat ARSCHTEB ein Streichinstrument erkennen)
Auch die Texte an die Kinder und die Eltern kann man nur bejahen.
Die grafische Gestaltung von Pia Eisenbarth spricht Kinder sicherlich
an. Sie werden dieses Buch, das voller hübscher Überraschungen
steckt, sehr mögen. Schwieriger wird es, wenn die Frage nach
der technisch fundierten Ausbildung beantwortet werden soll. Zunächst
ist festzustellen, dass jede/s einzelne der 129 Stücke und
Aufgaben seine/ihre Berechtigung hat und einen Beitrag zum zitierten
Ziel leistet. Versteht man eine Instrumentalschule als Werk, das
progressiv aufgebaut ist, mit hinreichendem Material die geigerische
Entwicklung eines Kindes verfolgt und, wie in der Ankündigung
versprochen, für den Einzel- und Gruppenunterricht geeignet
ist, dann wird die Einordnung der „Geigenschule“ von
Eva-Maria Neumann schwierig. An einigen Beispielen ist dies deutlich
zu machen. Nach acht Zeilen auf den vier (!) leeren Saiten wird
bereits in Nr. 5 mit pizzicato gegriffen und zwar mit allen vier
Fingern über neun Zeilen in sechs kleinen Stücken. Dann
kehrt die Autorin mit zwei Stücken, die sehr hübsch sind,
wieder zu den leeren Saiten (Nr. 9 und Nr. 10) zurück.
Die „Bogenmaus“ in
Nr. 12 setzt bereits erhebliche Intonationssicherheit und Streichfertigkeit
voraus. Die zweite Stimme, als Schülerstimme gekennzeichnet,
kann nur ein fortgeschrittenes Kind spielen, während die rhythmisch
versetzte Lehrerstimme entsprechende Sicherheit der Kinder erfordert.
In Nr. 14 und 16 wird wiederum ein sukzessiver Auf- und Abbau der
linken Hand geübt, der in Nr. 12 vorausgesetzt wird. Wenn
ein Schüler wirklich die „Aria“ von Händel
(Nr. 91) musikalisch spielen kann, wird er kaum für „die
kleine Schnatterente“ zu begeistern sein, in der Flageoletttöne
Anwendung finden – wie das gesamte Kapitel „Wir rutschen
hoch und runter“ wieder im Sinne einer Progressivität
eher regressiv anzusehen ist. Ob es Sinn macht, bei der Einführung
der Synkopen wieder auf leeren Saiten Stücke wie „David
und Maria tanzen“ (Nr. 110) spielen zu lassen, mag jeder
selbst entscheiden. Sieht man nur vier Seiten weiter, so findet
man ein rhythmisch sehr anspruchsvolles Stück „Akzente“ (Nr.
115). Schließlich verblüffend erscheint das Kapitel
IX „Was es sonst noch gibt – … zum Beispiel andere
Griffarten“. Dort werden der hier so bezeichneten zweiten
Griffart (3./4. Finger) in der ersten Lage zwei Seiten gewidmet
mit dem Hinweis, dies sei ja aus der dritten Lage schon bekannt,
wobei die Autorin auf die Möglichkeit des Beginns in der dritten
Lage verweist. Die dritte wie die vierte Griffart werden auf jeweils
zwei Seiten behandelt.
Danach kommen in einem Allegro von Sammartini
(Nr. 129) verschiedene Griffarten zur Anwendung. Im zweiten Heft
werden die verschiedenen Griffarten nicht mehr explizit behandelt.
Das letzte Kapitel bereitet noch einmal Gelerntes aus der Theorie
auf, mündend in einem ansprechenden Quiz. In dem abschließenden
Text „Für Lehrerinnen und Lehrer“ zeigt Eva-Maria
Neumann Anwendungsmöglichkeiten ihrer Schule auf. Ihr ist
zuzustimmen, dass die methodische Freiheit der Lehrenden nicht
eingeschränkt wird, da es sich hier um eine wunderbare Materialsammlung
handelt, einschließlich einer kleinen Geschichte „Felix – der
kleine Löwe“ – für Sprecher und Geiger, die
nur mit leeren Saiten eine spannende Aufführung ermöglicht.
Auch die beigefügte Klavierstimme mit klangvollen, zum Teil
lautmalerischen und nicht zu schwierigen Sätzen fördern
sicher das Musizieren. Die Aufteilung der Lieder, Stücke und Übungen
nach speziellen technischen Problemstellungen am Ende des Werkes
bietet eine angenehme Hilfestellung für die Unterrichtsvorbereitung.
Inspiriert und inspirierend ist dieses Arbeitsmaterial für
jede Form eines kindgerechten Geigenunterrichtes.