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nmz-archiv
nmz 2008/03 | Seite 48
57. Jahrgang | März
Oper & Konzert
Der Rhapsode
Dimitri Terzakis wird siebzig
Sich mit nie nachlassender Leidenschaft für das einzusetzen,
was man für sein eigenes schöpferisches Wollen als einzig
gangbaren Weg erachtet, das ist nicht nur in der Kunst oft ein
steiniger Weg. Der am 12. März 1938 in Athen geborene Komponist
Dimitri Terzakis ist ihn immer gegangen und setzt ihn auch heute
mit ungebrochenem Elan fort. „Ich experimentiere mit
einem seltenen Phänomen in der Neuen Musik, nämlich mit
der Melodik. Doch das geschieht auf einer anderen Basis als in
der abendländischen Musik. Diese Basis bildet ein noch nicht
abgenutztes Intervallmaterial und zusätzlich die bereits erwähnten
Klangsymbole.“ Das äußerte Terzakis in einem Interview,
mit dem Intervallmaterial meinte er die Tetrachorde in der altgriechischen
und byzantinischen Musik, mit den Symbolen benannte er differenzierte
mikrotonale Schärfungen und Abmilderungen des Tons, um dem
melodischen Verlauf eine ganz unverwechselbare Physiognomie zu
verleihen.
Aus dieser Kultur, wo sich arabischer Raum, Byzanz und europäische
Einflüsse vermengen, kommt Terzakis, und obwohl er viele Jahrzehnte
in Deutschland lebte und unterrichtete, mochte er sich nicht von
diesen Prägungen lösen. Die serielle Musik und andere
avantgardistische Überlegungen, die er genau studierte und
sich aneignete, blieben ihm im Wesentlichen fremd, keineswegs aber
wollte er als folkloristischer Musiker gesehen werden. Es ging
ihm immer um Reichtum des musikalischen Ausdrucks, um seine Differenzierung.
Und hier sah er in den monodischen Ansätzen des östlichen
Mittelmeerraums eine reiche Quelle für kompositorische Klarheit,
Differenziertheit und Ausdrucksstärke. Terzakis entwickelte
eine neue Form der semantisch-musikalischen Erzählform, der
so genannten Rapsodia, die auf die Techniken des Textvortrags im
alten Griechenland zurückgriffen. „Rapsodia ist kein
Musiktheater, aber auch keine Kammermusik. Sie passt in keinen
Schubkasten.
Die Aktion kann improvisiert werden oder inszeniert. Die Werke
dieser Gattung können im Konzert oder im Theater aufgeführt
werden, allerdings nicht auf der Bühne“, erläuterte
Terzakis diese für ihn so bedeutend gewordene Form. Sprache
und Musik stehen hier in einem neuen, eng zusammenhängenden
Verhältnis. Auf diesem Gebiet hat Terzakis in letzter Zeit
einige besonders plastische Kompositionen vorgelegt. Es ist ihm
zu seinem 70. Geburtstag zu wünschen, dass er in diese Richtung
weiterdenkend noch viele Entdeckungen macht.