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nmz-archiv
nmz 2008/03 | Seite 56
57. Jahrgang | März
Musik-Termine
Im Netz der Metaphern
Versucht man das flüchtige Medium Musik sprachlich zu fassen,
so bedient man sich zumeist räumlicher Analogien, Bildern
und Vergleichen aus handfesteren Sinnesbereichen wie Sehen, Tasten,
Schmecken. Ein Ton ist hoch oder tief, ein Klang hell oder dunkel,
weich oder rau, eine Terz süß, eine Dissonanz scharf.
Das Sprechen über Musik ist durch und durch metaphorisch.
Von beiden „transzendentalen Formen sinnlicher Anschauung“ (Kant)
erweist sich der Raum gegenüber der Zeit offenbar als anschaulicher.
Folglich wird die klingende Zeitkunst häufig als Klanglandschaft
beschrieben, die wir als Hörer durchwandern, und es nimmt
nicht Wunder, dass die Neue Musik jenseits traditioneller Gattungsbezeichnungen
auf außermusikalische räumliche und bildhafte Titel
zurückgreift und ganze Festivals solchen Analogien und Inspirationsquellen
nachspüren.
Das Berliner Festival für aktuelle Musik „MaerzMusik“ steht
dieses Jahr unter dem Motto „Orte Plätze Wüsten
Wanderungen“. Thematisiert werden soll vom 7. bis zum 16.
März der Einfluss von Atmosphären, Orten und Reisen auf
die Entstehung von Musik. Zudem wird ein regionaler Schwerpunkt
mit Musik von der Iberischen Halbinsel und aus Mexiko geboten.
Zur Eröffnung wird im Haus der Berliner Festspiele die „Hommage à Klaus
Nomi“ uraufgeführt, ein „Songplay“ von Olga
Neuwirth, das den Weg des bayerischen Countertenors über Berlin
in die New Wave-Szene New Yorks verfolgt. Als zweite Musiktheaterpremiere
ist Lucia Ronchettis Monodram „Albertine“ nach Marcel
Proust zu erleben. Ansonsten zu hören sind Uraufführungen
von Liza Lim, Julian Klein, Conrado del Rosario, Philippe Hurel,
Jon Rose, Carlos Caires, Mauricio Sotelo und Steffen Schleiermacher
sowie im Rahmen der spätabendlichen „Sonic Arts Lounge“ Sounds
von „Kapital Band I“ und „Nortec: Bostich + Fussible“.
Komponist des Monats ist Frank Michael Beyer. 1928 in Berlin
geboren, feiert der ehemalige Schüler von Ernst Pepping, Komponist
in der Webern-Nachfolge, Organist, Kirchenmusiker, Leiter des elektronischen
Studios der TU Berlin und Kompositionsprofessor an der Berliner
Hochschule der Künste am 8. März seinen 80. Geburtstag.
Innerhalb weniger Tage sind von ihm gleich drei Uraufführungen
zu hören: am 2. März „Meridian“ für
Flöte und Ensemble im Nikolaisaal in Potsdam, am 3. März „Metamorphosen“ für
Violine im RBB Berlin und am 11. März „Lichtspuren“ im
Kulturzentrum der Franziskanerkirche im niederrheinischen Kempen.
Rainer Nonnenmann
Weitere Uraufführungen:
07.03.: Herbert Willi, Hornkonzert Äon, Musikverein Wien
09.03.: Marco Stroppa, Like milk spilt, Kölner Philharmonie
17.03.: Virtú Maragno, Si solamente me tocaras el corazón,
Deutsche Oper Berlin
18.03.: Elliott Carter, Figment IV, Freer Gallery Washington DC
19.03.: Pierre Henry, Neufassung von Credo. Fragments pour Artaud – Rituel
cosmique, Cité de la Musique Paris
20.03.: Olga Neuwirth, „… miramondo multiplo …“,
musikFabrik im WDR Köln
29.03.: Jonathan Harvey, Messages, Rundfunkchor Berlin, Berliner
Philharmonie; hans w. koch, Tim Parkinson, Claudia Molitor, neue
Ensemblewerke, WDR Köln; Lera Auerbach, neues Klavierwerk
und Klaviertrio, Kölner Philharmonie
30.03.: Isabel Mundry, erweiterte Fassung von Balancen für
Orchester, Semperoper Dresden