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nmz-archiv
nmz 2008/03 | Seite 51
57. Jahrgang | März
Bücher
Im Motivationszirkel
Nicolai Petrats Publikation zum Instrumentalunterricht
Nicolai Petrat: Motivieren zur Musik. Grundlagen und
Praxistipps für den erfolgreichen Instrumentalunterricht, Gustav Bosse
Verlag, Kassel 2007, 202 S.,
€ 19,95, ISBN 978-3-764926-83-0
Das Thema Motivation ist für den Instrumentalunterricht ein
wesentliches. Es ist sowohl entscheidend für den Beginn als
auch für den Fortgang. Viele Kinder beginnen heute sehr früh,
das heißt oftmals schon im Anschluss an die Musikalische
Früherziehung oder Grundausbildung mit dem Instrumentalunterricht.
Die Motive können aus der häuslichen Umgebung stammen,
sie können aber ebenso gut Ergebnis eines vorangegangenen
Grundstufen- oder Orientierungsunterrichts sein. Dahinter steht
die Idee, dass eine letztlich fundierte Entscheidung mit einem
möglichst hohen Maß an Motivation für einen kommenden
Instrumentalunterricht einhergeht.
Genau hier beginnen auch die Gedankengänge von Nicolai Petrat.
Denn, und auch das kennen viele Instrumentalpädagogen, trotz
aller Maßnahmen im Vorfeld, kommt es im Verlauf des Instrumentalunterrichts
immer wieder zu Einbrüchen, und alle fragen sich dann erst,
woher das wohl kommt. Tatsache ist wohl, dass Motivationseinbrüche
nicht eindimensional gesehen werden dürfen, sondern dass wohl
immer mehrere Faktoren zusammenkommen, die auch von Petrat benannt
werden. Ein Grund liegt in einem sich geänderten Freizeitverhalten
von Kindern und Jugendlichen. Weitere Gründe sind die der
Mitbestimmung, des Selbstausdrucks, der Selbstentfaltung und der
Selbstverwirklichung. Instrumentalschüler, auch schon die
jungen, haben oft bereits zu Beginn des Unterrichts klare, wenn
auch nicht unbedingt immer realistische Vorstellungen von dem,
was sie eigentlich wollen. Doch wie weit stimmen diese mit denen
des Pädagogen überein, und wie reagiert der Pädagoge
darauf?
Auch die Einstellungen der Eltern gegenüber ihren Kindern
und dem, was diese tun und wie sie es tun, hat sich gewandelt.
Petrat spricht von einem toleranter gewordenen Erziehungsstil seitens
der Eltern. Ist das eher ein Bedauern oder ein Gewinn? Eltern sind
heute eher Kooperationspartner ihrer Kinder und versuchen, diese
in ihren eigenen Entscheidungen zu stützen und zu beraten,
anstatt zu bevormunden. Mag sein, dass sie damit auch ihre Kinder
auf dem Weg in die Selbstständigkeit manchmal überfordern.
Hier das richtige Maß zu finden ist für Eltern auch
nicht immer einfach.
Intrinsische Motivation ist letztlich das, was sich jeder Pädagoge
wünscht. Manchmal ist sie von Anfang an da, manchmal muss
sie wachsen. Hier ist in erster Linie die psychologische, weniger
die instrumentalpädagogische Kompetenz des Pädagogen
gefragt. Genau um diese geht es in dem Buch, um den psychologisch
kompetenten Pädagogen, wie ihn auch Petrat nennt. Der Blick
in den Bereich der Motivationspsychologie aber zeigt, dass es nicht
nur ein Konzept, sondern viele Konzepte gibt, die sich gegenseitig
eigentlich nicht ausschließen, sondern ergänzen.
Im ersten Kapitel seines Buches bietet Petrat sein Verständnis
der Motivation an und leitet daraus seinen Motivationszirkel ab,
der anschließend im Einzelnen abgearbeitet wird. Die Erkenntnisse,
die Herr Petrat hier vorlegt, sind interessant, für einen
engagiert arbeitenden Pädagogen aber vielleicht nicht immer
neu. Begrüßenswert ist es, dass er jedem Schritt oder
Prinzip ein kurzes pädagogisches Fazit folgen lässt.
Im Anschluss an die Darstellung des Motivationszirkels widmet sich
Petrat noch anderen instrumentalpädagogisch relevanten Themen
wie dem Gruppenunterricht, den er auch kurz auf seinen Motivationszirkel
bezieht, der Elternarbeit und dem Aspekt der Supervision zur Schülermotivierung
und der Supervision als individuelles Konzept.
Die Stärke des Buches liegt in den vielen Anregungen für
den Instrumentallehrer. Schwächen finden sich dort, wo es
um die Darstellung von Theorien geht. Diese erscheinen oftmals
verkürzt und greifen nicht immer die aktuelle Diskussion auf.
Ein Beispiel hierfür wäre der Umgang mit den Erkenntnissen
der Psychoanalyse. Trotz dieser kritischen Anmerkungen halte ich
dieses Buch für sehr lesenswert. Ich würde sogar so weit
gehen und es neben anderen Büchern zum Thema zur Pflichtlektüre
für angehend Studierende der Instrumentalpädagogik zu
machen.