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nmz-archiv
nmz 2008/03 | Seite 50
57. Jahrgang | März
Rezensionen-CD
Kleine Kosmen
Joel Frederiksen: The Elfin Knight. Joel Frederiksen (Bass, Laute
und Leitung), Ensemble Phoenix München. harmonia mundi France
HMC 901983
Er ist ein Geschichtenerzähler und Klangpoet, der sein Publikum
mit samtener Bassstimme und sensiblem Lautenspiel mitnimmt auf
eine Reise weit zurück in die Ritterwelt der englischen Renaissance.
Der Sänger und Lautenist Joel Frederiksen versteht es bestens,
mit sparsamen Gesten, Phantasie und Charme den Texten und Melodien
dieser altehrwürdigen Balladen eine magische Aura zu verleihen,
wie er nun auf seiner Debüt-CD bei harmonia mundi eindrücklich
beweist. Dabei entpuppt sich der amerikanische Musiker als Minnesänger
unserer Zeit, der die heute selten gewordene Kunst beherrscht,
sich selbst auf der Laute zu begleiten.
Geschmeidig folgt Joel Frederiksens wunderbare Stimme jeder Textnuance,
und auch sein „Ensemble Phoenix Munich“ reagiert hellwach
auf den wechselweise melancholischen oder ausgelassen-tänzerischen
Tonfall der englischen Volkslieder. Man spürt mit jeder Note,
dass hier mit großer Sorgfalt, Liebe und stilistischem Sachverstand
musiziert wird, denn der seit seinem Debüt bei den Salzburger
Festspielen (in „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“)
in München lebende Amerikaner arbeitet seit vielen Jahren
regelmäßig mit bedeutenden Ensembles der Alten Musik
zusammen.
Mit seiner anspruchsvollen Lied-Auswahl, die auf der Grundlage
gewissenhafter musikwissenschaftlicher Forschung erfolgte, knüpft
der Sängerbarde übrigens wieder an seine alte Liebe zur
angelsächsischen Volksmusik an: „Nach meinem ersten
Collegeabschluss bin ich nach Washington D.C. gegangen, um dort
eineinhalb Jahre lang im Archive of Folksong der Library of Congress
zu forschen. Mit dem vorliegenden Programm, bei dem die Arrangements
von mir stammen, kehre ich quasi zu meinen frühen musikalischen
Interessen zurück.“ Inhaltlich handeln die britischen
Lieder, die vielfach mit den Auswanderern in die Neue Welt gelangten,
von ganz menschlichen Dingen wie Liebe und Tod. Joel Frederiksen
beschwört hier „lauter kleine Kosmen des Lebens“ – und
dies ist wohl die erstaunlichste Gabe dieses Elfenritters und Wortmagiers:
dass es ihm in unserer umtriebigen Zeit gelingt, mit seinem Gesang
voller Muße und Gelassenheit Geschichten zu erzählen.