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nmz-archiv
nmz 2008/03 | Seite 44
57. Jahrgang | März
Rezensionen
Kurz vorgestellt
CDs
Karl Amadeus Hartmann: Konzert für Klavier, Bläser
und Schlagzeug; Concerto funebre; Symphonische Hymnen.
Wolfgang Schneiderhan, Violine; Maria Bergmann, Klavier; SO des
BR, Rafael Kubelik.
Orfeo C718071B
Trauer, Emphase und motorische Spielmodelle, das sind drei Facetten,
die die Musik des Münchners Karl Amadeus Hartmann ganz besonders
bestimmen. Rafael Kubelik hat sich mit Entschiedenheit für
das Werk von Hartmann eingesetzt, und dieser Furor begeisterter Überzeugung
schlägt sich auch in diesen Live-Aufnahmen, die zwischen
1972 und 1975 entstanden sind, nieder. Damals waren die Hymnen
von 1941/42
ganz neu entdeckt worden. Vernehmbar ist ihnen die Gewissheit
eingeschrieben, dass die Nazi-Diktatur an ein Ende gelangt. Starke
Musik!
Sebastian
Stier: Double; Fluchtlinien; hin her; Zwei Lieder; der und die;
Windflüchter II.
Ensemble Modern, Dominique My; diverse Interpreten.
Wergo WER 6569 2
Gewiss ist beim 1970 geborenen Sebastian Stier eine enorme schöpferische
Formkraft, fast körperliche Wucht wahrzunehmen. Doch immer
scheint mir auch ein gewisser Akademismus im zeitgenössischen
Ton vorzuliegen. Die sechs Stücke wirken alle in sich recht
stimmig, dennoch weiß man danach kaum, worauf der Komponist
eigentlich hinaus will. Und das hat etwas Dekoratives.
Joseph Haydn: Sinfonien Nr. 39 und 45. Isang Yun: Kammersinfonie
Nr. 1.
Münchener Kammerorchester, Alexander Liebreich.
ECM 2029
Joseph Haydn, schlank, geschmeidig, immer an der Ecke, wo geistvoller
Witz ins Tiefe abbiegt. Zwei Moll-Stücke aus der wohl experimentellsten
Phase seines Schaffens. Und so luzid, wie sich die so genannte
Abschiedsinfonie am Schluss ins Luftige verflüchtigt, hat
man das selten gehört. Isang Yuns Kammersinfonie, zweihundert
Jahre später entstanden, blickt in instrumentaler Einschränkung
nachdrücklich auf diese musikalische Hochphase zurück.
Aribert Reimann: Erste Sonate; Spektren; Variationen; Auf dem
Weg.
Matthew Rubenstein, Klavier.
cpo 777236-2
Der Webern’sche Einfluss auf das kompositorische Denken
von Aribert Reimann ist in seinen Klavierwerken besonders gut zu
beobachten. Freilich ist es einer, der aus der Intimität wieder
ins Ausgeweitete, ins zeitlich größer Dimensionierte
drängt. Doch Verantwortung jedem Ton gegenüber und das
Belauschen von Spiegelfiguren und motivischen Abwandlungen bestimmen
alle Stücke. Matthew Rubenstein schlägt dafür
einen wunderbar leichten und klaren Ton an.
Bernhard Gander: Bunny Games;
fluc’n’flex (für
Akkordeon); Ö; Peter Parker (für Klavier), fête.gare.
Klangforum Wien, Emilio Pomárico, Johannes Kalitzke, Sylvain
Cambreling; Krassimir Sterev, Akkordeon; Hsin-Huei Huang, Klavier.
Kairos 0012682KAI
Der Osttiroler Bernhard Gander, Jahrgang 1969 und Schüler
von Beat Furrer, ist einer der profiliertesten Komponisten der
jungen Generation. Seine Musik greift ganz unmittelbar ins lustvoll
raue Leben, befragt die Mechanismen der uns umgebenden Sinnlichkeiten
mitsamt ihren Lügen, zitiert sie herbei und schlägt sich
ihre Wirkungselemente um die Ohren: klar und schrundig, immer genau
auf den Punkt gebracht, entlarvend und mit ihnen virtuos spielend.
Alles reicht sich die Hände im Ringelreihen – ums
Goldene Kalb und um die Frage nach dem Sinn.