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nmz-archiv
nmz
2008/04 | Seite 44
57. Jahrgang | April
Rückblende
nmz-Antik
Vor 100 Jahren
…
gab es Krach und Unmut in Münchens Orchesterlandschaft, Tumult
im Konzertsaal, Auseinandersetzung zwischen Kunst, Kritik und Publikum.
Erbost über die vernichtende Kritik kam es zum Rauswurf des
Musikkritikers der Münchner Neuesten Nachrichten aus dem Konzertsaal.
Daraufhin Boykott der Münchner Presse. Doch die nur mittelmäßige
Leistung des von Hofrat Franz Kaim 1883 gegründeten, nach
ihm benannten sogenannten Kaim-Orchesters führt 1908 zu dessen
Auflösung und zur Neugründung des Tonkünstler-Orchesters
im neuen Domizil Tonhalle, aus dem die nachmaligen Münchner
Philharmoniker hervorgegangen sind…
Der Skandal ist „zu Dimensionen angewachsen, die weit über
das lokale München hinausgehen und auch die Geschehnisse in
neue Beleuchtung rücken … es handelt sich um eine allgemeine
sozialpolitische Frage, zu deren Lösung man es offenbar auf
eine Kraftprobe über ganz Deutschland hin ankommen lassen
will“, so kommentiert die nmz und glaubt „im Vorgehen
des Tonkünstler-Orchesters den Versuch zum erweiterten Zusammenschluss
der Orchestermusiker Deutschlands und des Auslands zu sehen und
zu fürchten …
Und wenn man die gleichzeitigen Nachrichten von der Sperre (des
Allgemeinen deutschen Musikerverbandes) über das Münchner
Gärtnerplatztheater und über die Berliner Komische Oper
mit heranzieht, so ist nicht zu leugnen, dass wir uns nun auch
im Musikleben zum mindesten im Anfangsstadium des modernen wirtschaftlichen
Kampfes befinden.“
Angesichts der recht mittelmäßigen Leistungen auf der
einen Seite, der wirtschaftlich ungünstigen und unsicheren
Lage der Orchestermusiker auf der anderen Seite, plädiert
die nmz dafür, dass „die soziale Frage und die künstlerische
Frage getrennt behandelt werde“.
(2. April 1908, Seiten 282ff.)
Vor 50 Jahren
…
meditiert Chefredakteur Ludwig Wismeyer in seiner nmz, damals noch
unter ihren Gründungstitel „Musikalische Jugend – Jeunesses
Musicales – Die allgemeine aktuelle Musikzeitung“ darüber,
dass der Musikunterricht an den Schulen so schlecht rangiert. Ingeborg
Kiekert fragt sich, was eigentlich das Charakteristische am Klangideal
zeitgenössischer Musik ist. Luigi Dallapiccola berichtet über
seinen Besuch bei Hermann Scherchen in Gravesano, Rudolf Kelterborn über
Neue Musik in der Schweiz, Otto A. Graef über den eingeweihten
Neubau des Konservatoriums zu Nürnberg, E. Rohlfs über
den Austausch junger Dirigenten zwischen Ankara und Hannover: Klaus
Bernbacher und Hikmet Simsek.
(7. Jahrgang 1958, Nr. 2, April/Mai)