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nmz-archiv
nmz 2008/04 | Seite 44
57. Jahrgang | April
Musik-Termine
Seconda la musica?
Der Streit über den Vorrang von Literatur oder Musik ist so
alt wie die Gattungen, die beide Künste verbinden und den
Konflikt mal zu Gunsten der einen oder anderen entschieden. Nach
lange dominierendem Hang der Neuen Musik zu möglichst radikaler
Autonomie suchen seit einigen Jahren immer mehr Komponisten Sinn
und Halt außerhalb von Musik in Bildern, Szenen, Sujets,
Literatur, Religion, Philosophie, Naturwissenschaft … Diese
Entwicklung greift selbst bei Avantgarde-Festivals für Instrumentalmusik.
Die letzten Donaueschinger Musiktage boten mehrere Novitäten über
die großen Menschheitsthemen Glaube, Liebe, Hoffnung, Leben
und Tod, Krieg und Frieden. Und bei den diesjährigen Wittener
Tagen für neue Kammermusik werden fast die Hälfte aller
Uraufführungen auch Singstimmen und Texte enthalten. Eines
der Zugpferde dieses Trends ist die ungebrochen anhaltende Produktion
von Opern.
Den Anfang macht Altmeister Giselher Klebe, dessen „Chlestakows
Rückkehr“ auf ein eigenes Libretto nach Gogols „Der
Revisor“ am 11. April anlässlich seines 80. Geburtstages
erstmals über die Bretter des Landestheaters seiner Heimatstadt
Detmold geht. Am 15. April folgt die Premiere von Harrison Birtwistles „The
Minotaur“ am Royal Opera House Covent Garden in London. Nach
Beginn der Vorstellung in der Kassenhalle der Württembergischen
Staatsoper findet die eigentliche Uraufführung von Daniel
Otts „Zeitoper V – Paulinenbrücke“ am 25.
April unter besagter Hauptverkehrs-Trasse im Stuttgarter Süden
zwischen Tankstelle und Parkplatz statt. Erneut bei den Schwetzinger
Festspielen vertreten ist Adriana Hölszky, deren „Niobe
II“ zusammen mit Agostino Steffanis 1688 uraufgeführter
Oper „Niobe, regina di tebe“ am 25. April erstmals
zu erleben ist. Christian Josts Oper „Die arabische Nacht“ auf
ein eigenes Libretto nach dem gleichnamigen Schauspiel von Roland
Schimmelpfennig wird erstmals am 26. April im Grillo-Theater Essen
gezeigt.
Allein die Münchner Biennale bietet unter dem Motto „Fremde
Nähe“ vier neue Musiktheaterwerke. Zur Eröffnung
am 17. April präsentiert das Internationale Festival für
neues Musiktheater Enno Poppes „Arbeit Nahrung Wohnung“ auf
einen Text von Marcel Beyer in der Regie von Anna Viebrock. Tags
darauf folgt die Premiere der nach einem japanischen Theaterstück
konzipierten Gemeinschaftsproduktion „architektur des regens“ des
Komponisten Klaus Lang und der Regisseurin Claudia Doderer. Wege
abseits epischen Musiktheaters beschreitet am 23. April ohne Libretto
Carola Bauckholts „hellhörig“ in Regie, Bühnenbild
und Kostümen von Georges Delnon, Roland Aeschlimann und Marie
Thérèse Jossen.
Am 30. April schließlich erfolgt die Uraufführung von
Jens Joneleits „Piero – Ende der Nacht“ auf ein
Libretto von Michael Herrschel nach einem Roman von Alfred Andersch.
Außerdem uraufgeführt werden im Rahmen der Biennale
im Münchner Gasteig am 24. April Helmut Lachenmanns „Lied“ für
Sopran und Klavier sowie am 25. April Brian Ferneyhoughs „Chronos-Aios“ für
Ensemble und Claus-Steffen Mahnkopfs „3. Kammersinfonie“.
Rainer Nonnenmann
Weitere Uraufführungen
3.4.: Nicolaus A. Huber, fingerca-priccio für zwei Schlagzeuger,
Lugano
4.–6.4: Forum neuer Musik des Deutschlandfunks Köln
unter dem Motto „humanity & composition“ mit neuen
Werken von Christoph Horn, Jakob Ullmann, Jin-Ah Ahn, Charlotte
Seither, Samir Odeh-Tamimi, Joane Hétu und Jean Derome
4.4.: York Höller, Sphären für Orchester, Kölner
Philharmonie, und Peter Ruzicka, Maelstrom für Orchester,
Tonhalle Düsseldorf
16.4.: Gerald Resch, Fenster für Streichorchester, Musikverein
Wien
17.4.: Miroslav Srnka, Klavierquintett Pouhou vlnou, Pinakothek
der Moderne München
22.4.: Frank Zabel, Walpurgisnacht für Chor und Orchester,
Theater Solingen
23.4.: Alvin Curran und Wanda Golonka, Weil die Erde in meinem
Körper war für Tänzer und drei Ensemblegruppen,
Positionen Frankfurter Schauspiel
25.4.: Oliver Schneller, Klaus Ospald, neue Orchesterwerke, attacca
Theaterhaus Stuttgart, und Kunsu Shim, Gerhard Stäbler, neue
Orchesterwerke, WDR Musikfest Kraftzentrale Landschaftspark Duisburg
Nord
25.–27.4.: Wittener Tage für neue Kammermusik mit neuen
Werken
von Andres Bosshard, Georg Nussbaumer, Erin Gee, Stefano Gervasoni,
Johannes Kalitzke, Olga Rayeva, Jorge Sánchez-Chiong, Matthias
Pintscher, Johannes Kretz, Wolfgang Rihm, Rebecca Saunders, Isabeella
Beumer, Brian Ferneyhough, Jay Schwartz, Nigel Osborne, Harrison
Birtwistle, Mark Andre und Brice Pauset
29.4.: Charlotte Seither, Essay on Shadow and Truth für Orchester,
Krefeld