[an error occurred while processing this directive]
nmz-archiv
nmz 2008/04 | Seite 14
57. Jahrgang | April
Kulturpolitik
Jubiläumsfest für Bayerns Tonkünstler
7. Bayerisches Tonkünstlerfest mit Schwerpunkten in München,
Augsburg und Würzburg
Der Landesverband Bayerischer Tonkünstler kann dieses Jahr
auf sein 60-jähriges Bestehen zurückblicken. Die Entwicklung
des Landesverbandes, mit 2.200 Mitgliedern das stärkste Mitglied
innerhalb des Deutschen Tonkünstlerverbandes, DTKV, ist mit
bekannten Namen aus dem Musikbereich wie Heinrich Knappe, Hans
Rosbaud, Joseph Haas, Wolfgang Jacobi, Fritz Büchtger, Alexander
Suder, Harald Genzmer und Ruth Zechlin verbunden. Aus Anlass dieses
Jubiläums veranstaltet der DTKV Bayern das 7. Bayerische Tonkünstlerfest
mit den Schwerpunkten in München, Augsburg und Würzburg.
nmz-Chefredakteur Andreas Kolb nahm die bevorstehenden Feierlichkeiten
zum Anlass für ein Gespräch mit Dirk Hewig, seit 2003
1. Vorsitzender des Landesverbandes Bayerischer Tonkünstler.
Hewig war 21 Jahre als Referatsleiter am heutigen Bayerischen Staatsministerium
für Wissenschaft, Forschung und Kunst tätig. Dort war
er unter anderem zuständig für die Musikhochschulen und
die allgemeine Musikförderung einschließlich musikalischer
Veranstaltungen und Festivals. Seit 2005 ist er stellvertretender
Vorsitzender des DTKV, seit 2006 Mitglied im Präsidium des
Bayerischen Musikrates.
neue musikzeitung: Welchen Aufgaben sah sich der neu gegründete
Bayerische Tonkünstlerverband 1948 gegenüber? Dirk Hewig: Die Aufgaben waren damals durchaus vergleichbar mit
heutigen Aufgaben. Der DTKV ist eine berufsständische Vertretung,
die sich der sozialen und der fachlichen Anliegen der verschiedensten
Musikberufe annimmt. Damals gab es beispielsweise noch keine Künstlersozialversicherung.
Der DTKV hat sich dafür eingesetzt, dass die Musiker und Angehörige
der Musiker aus staatlichen Mitteln wie dem Bayerischen Ehrensold
und aus Spendenmitteln unter anderem des Bayerischen Rundfunks
eine Förderung bekommen. Später konnte dann die Künstlerförderung
eingeführt werden.
Von
links: Staatsminister Thomas Goppel, Alexander L. Suder,
Siegfried Mauser und Dirk Hewig anlässlich des Festkonzertes
zum 50. Band der Reihe „Komponisten in Bayern“ im
November 2007. Foto: Andrea Fink
nmz: Der bayerische Landesverband
des DTKV ist mit 2.200 Mitgliedern der mitgliedsstärkste. Welche Gründe machen Sie dafür
verantwortlich, dass sich gerade in Bayern so viele Musiker zusammentun? Hewig: Es hat hier in Bayern eine gewisse Tradition.
Die Tonkünstlerverbände,
die Regional- und Ortsverbände, sind zum Teil ja viel älter
als 60 Jahre. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts sind Tonkünstlerverbände
gegründet worden. An diese Tradition hat man nach dem Krieg
wieder angeknüpft. Heute haben wir einen gewissen Mitgliederzuwachs
dadurch, dass wir ein Zertifikat für Privatmusiklehrer ausstellen.
Mit diesem Zertifikat bestätigen wir nach sorgfältiger Überprüfung
die musikpädagogische Qualifikation der Lehrkräfte. Sie
müssen sich verpflichten, gewisse Unterrichtsstandards einzuhalten.
Wir erteilen außerdem Bestätigungen für unsere
Mitglieder, wonach diese für die Musikalische Früherziehung
befähigt sind und in den Kernzeiten des Kindergartens tätig
werden können. Ein weiteres großes Anliegen ist ja,
dass wir uns der Lehrbeauftragten an Musikhochschulen annehmen.
Auch aus dieser Klientel kommt eine Reihe neuer Anmeldungen.
nmz: Stichwort Lehrbeauftragte – um was geht es da in Bayern? Hewig: Das Problem liegt darin, dass eine nebenberufliche
Lehrkraft im Schulbereich nach dem Tarifvertrag Öffentlicher Dienst
bezahlt wird. Sie bekommt in etwa dreimal so viel Honorar wie ein
Lehrbeauftragter in Musikhochschulen, der mindestens die gleiche
Qualifikation hat. Die Vergütung der Lehrbeauftragten stagniert
in der gesamten Bundesrepublik seit Anfang der 90er-Jahre. Es ist
außerordentlich schwierig, da Lockerungen einzuführen,
weil die Länder nicht bereit sind, zusätzliche Mittel
zur Verfügung zu stellen. Ich habe die Problematik auch auf
die Bundesebene getragen. Wir versuchen nun, dort das Problembewusstsein
für diesen Bereich zu schärfen. Einige Erfolge wie Übernahme
von Lehrbeauftragten auf Teilzeitstellen, Lockerung der Vergütungsgruppen
unter anderem haben wir auch schon erzielt.
nmz: Was zählen Sie über das Thema Lehrbeauftragte hinaus
zu Ihren Hauptaufgaben? Hewig: Meine Hauptaufgabe war zunächst einmal die Förderung
der Privatmusiklehrer. Etwa die Hälfte unserer Mitglieder
sind Musikpädagogen, viele davon private. Die Musikschulen
haben eine nicht unerhebliche öffentliche Förderung,
primär durch die Kommunen, aber auch durch den Staat. Wir
bemühen uns, dass auch unsere Privatmusiklehrer die ihnen
gemäße Unterstützung bekommen. Weiterer Schwerpunkt
meiner Arbeit war und ist bis heute die Zeitgenössische Musik.
Diesen Schwerpunkt stellen wir ja ganz besonders in unseren Jubiläumsveranstaltungen
heraus. Wir nehmen uns auch musikpolitischer Themen an.
Drei Beispiele: Als der Musikhochschulstandort Augsburg eingestellt
werden sollte, habe ich mich, weil ich die Problematik von früher
her noch sehr gut kannte, in einem Schreiben an den Wissenschaftsminister
und Abgeordnete des Bayerischen Landtags gewandt und verschiedene
Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt, unter anderem auch die
Lösungsmöglichkeit, die jetzt gewählt worden ist:
teilweise Integration der Musikhochschule als selbständiger
Bereich in die Universität Augsburg.
Als das zweite Rundfunkorchester eingestellt werden sollte, sind
wir aktiv geworden, haben uns an den Intendanten, an die Vorsitzende
der Verwaltung und des Rundfunkrats gewandt.
Dritter wichtiger Punkt: Als Bayern 4,
der Klassiksender, auf Digitalfunk abgedrängt werden sollte,
der in Bayern dann größtenteils gar nicht zu empfangen
gewesen wäre, haben wir uns im Rahmen des Bayerischen Musikrats
stark gemacht für die Erhaltung dieses Senders.
nmz: Das 7. Bayerische Tonkünstlerfest dauert vom 10. bis
zum 12. April 2008. Was erwartet das Publikum? Hewig: Wir haben dreizehn herausragende Veranstaltungen,
davon je eine zentrale des Landesverbandes in München, Augsburg,
Würzburg. Am 10. April wird in München das Kammerorchester
der Jungen Münchener Philharmonie mit Mark Mast auftreten.
Außerdem, und das ist eine Besonderheit, haben wir ein Unterrichtswerk
initiiert: das Münchener Klavierbuch. Es ist sozusagen ein
Kaleidoskop der lebenden bayerischen Komponisten. In unserer Festveranstaltung
werden zwei junge Preisträger von „Jugend musiziert“ Stücke
daraus spielen. In der Musiknacht am 11. April in Augsburg werden
Werke von Komponisten aus Bayern der letzten 60 Jahre vorgestellt.
Im Würzburger Konzert wird eine Brücke von Mozart zu
lebenden Komponisten geschlagen. Der Bayerische Rundfunk schneidet
die Veranstaltungen mit. Und am 12. April nachmittags hat der Passauer
Tonkünstlerverband zusammen mit uns im Münchener Tiergarten
Hellabrunn einen exotischen Taubenpfeifen-Flug organisiert. Chinesische
Taubenpfeifen sind Ton- oder Holzpfeifen, die den Tauben hinten
auf den Schwanz gesetzt werden. Wenn die Tauben sich erheben und
durch die Luft fliegen, ergibt das eine äußerst beeindruckende
Sphärenmusik, die mit einem Posaunenensemble kombiniert wird.
Das ist also etwas, was weit über den normalen Rahmen hinausgeht.
Die Veranstaltung soll nach innen, in den Verband hinein wirken.
Solche Feste sind für den DTKV aber auch deshalb wichtig,
weil wir so unsere Aufgaben, Aktivitäten und Anliegen in der Öffentlichkeit
publik machen und um Unterstützung unseres Anliegens werben
können.