„Dass wir ein Nazi-Orchester waren, das muss ich ablehnen“,
sagt gleich zu Beginn Erich Hartmann, einer der beiden zur Zeit
des Nationalsozialismus aktiven Berliner Philharmoniker, die im
Film von Enrique Sanchez Lanz noch aus eigener Erfahrung berichten
können. Dass das „Reichsorchester“, wie sie kurz
nach der Machtergreifung und nach der Übernahme des renommierten
Klangkörpers durch das Propaganda-Ministerium von Josef Goebbels
hießen, kein „Nazi-Orchester“ waren, vernehmen
wir im Verlauf des Films mehrfach. „Die Philharmoniker waren
wie die Kinder. Politisches Denken war wie ein Tabu-Thema“,
sagt später Hans Bastiaan, ab 1934 Konzertmeister des unter
dem Dirigenten Furtwängler weltweit reüssierenden Orchesters.
Zwischen den Erzählungen der beiden Orchestermusiker und weiteren
Zeugnissen der Folge-Generation, deren Väter ebenfalls den
Philharmonikern angehörten, sehen wir Original-Filmausschnitte
von repräsentativen Auftritten des Ensembles: Jedes Jahr zu „Führers
Geburtstag“ wurde gespielt,
beim Nürnberger Reichsparteitag ebenso wie zur Eröffnung
der Olympischen Spiele 1936 in Berlin. Zu Veranstaltungen der Reichsmusikkammer
und nicht zuletzt in allen befreundeten Staaten, in denen das Reichsorchester
ganz bewusst als Propagandainstrument eingesetzt wurde. Der Kontrast
zwischen den eher verharmlosenden, noch heute mehr persönlich-individuellen
Aussagen der Zeitzeugen und den politisch eindeutigen Filmsequenzen
lässt dem Zuschauer immer wieder den Atem stocken. Ein politisches
Denken wurde hier offenbar unreflektiert dem Wunsch, auch in Zeiten
der Diktatur erstklassig Musik zu machen, geopfert. Der Pakt mit
dem Teufel, den das Orchester bereits wenige Wochen nach der Machtübernahme
einging, wird im Film deutlich, ohne dass durch Wort-Kommentare
oder gar anklagenden Zeigefinger nachgeholfen werden muss.