nmz 2008/05 | Seite 24
57. Jahrgang | Mai
Musikbildung
Klangmaschinen im Rheintal
Spektrum Villa Musica startet am 30. Mai in Mainz
Ein Saxophon, in Maschinen versteckt. Ein Rieseninstrument aus
Bambus zwischen dem Stahl einer Ladehalle. Blechtonnen, die mit
Mahlsteinen traktiert werden. Sprechchöre, ein fernes Sopransolo,
eine chinesische Flöte, die im Weit des Werks verhallen. So
spektakulär beginnt am 30. Mai um 20 Uhr im Zementwerk in
Mainz-Weisenau ein neues Großprojekt zur Neuen Musik: Spektrum
Villa Musica. Mit seinem Eröffnungsprogramm „MenschMaschine – KlangMaschine“ berührt
es die Frage nach dem „Sitz im Leben“, den sich Neue
Musik erobern kann. In der Landeshauptstadt Mainz und ihrem Hinterland
keine ganz alltägliche Fragestellung.
Profil an der Peripherie
Spektrum Villa Musica ist eines von 15 Projekten zur Förderung
Neuer Musik, die von der Kulturstiftung des Bundes ausgewählt
wurden, um sie in ihrem Förderprojekt Netzwerk Neue Musik
zu unterstützten. Der rheinland-pfälzische Kulturstaatssekretär
Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig bewertet die Initiative als
Schritt in die richtige Richtung: „Zum ersten Mal haben sich
alle wesentlichen Institutionen in diesem Bereich in unserem Land
zusammengesetzt, um ein gemeinsames Programm zu entwerfen. Dies
alleine ist schon ein ganz wesentlicher Impuls, der vom Netzwerk
Neue Musik in Berlin für Rheinland-Pfalz ausgeht. Ich bin
gespannt, welche Klangereignisse uns im ersten Jahr erwarten.“
Vielfältig ist das Programm zwischen Neuwied im Norden und
Edenkoben im Süden, zwischen Montabaur im Osten und Kaiserslautern
im Westen: Unter dem Dach der Landesstiftung Villa Musica Rheinland-Pfalz
entsteht von 2008 bis 2011 ein schillernder Klang- und Bilderbogen – mal
als experimentelles Musiktheater von Schülerinnen und Schülern,
mal als Live-Elektronik mit Singstimmen, mal als audiovisuelles „Event“ an
ungewöhnlichen Spielorten oder als intimes Kammerkonzert für
traditionelle Instrumente. Bojan Budisávljevic, der künstlerische
Leiter des Netzwerks Neue Musik in Berlin, sieht Rheinland-Pfalz
als spannendes Experimentierfeld für Neue Musik an der Peripherie
der Republik. Hier stelle sich die Frage der Nachhaltigkeit solcher
Förderung ganz anders als in den großen Metropolen wie
Hamburg oder Köln. Schon jetzt sei man in Berlin von der Dynamik
der Vernetzung zwischen den Partnern sehr angetan.
Den Anfang macht Sigune von Osten vom Art Point – Trombacher
Hof mit ihrem Projekt „MenschMaschine – KlangMaschine“.
Schon hier ist Silke Egeler-Wittmann mit ihrer AG Neue Musik vom
Leininger Gymnasium Grünstadt mit von der Partie, die sich
auch selbst ins Gesamtprogramm tatkräftig einbringt: Ab August
sammeln die Schülerinnen und Schüler ihrer AG das Material
für ihr „Liederlabor“, das sie gemeinsam mit dem
Komponisten Bernhard König im Frühjahr 2009 vorstellen
werden.
Derweil tut sich in den Städten Kaiserslautern und Neuwied
Einiges in Richtung Neue Kammermusik und Live-Elektronik. Eingebunden
ist hier auch Konrad Stahl vom Herrenhaus Edenkoben, während
das Schulprojekt in Grünstadt in enger Abstimmung mit dem
Musikgymnasium des Landes in Montabaur stattfindet. Dort ist wiederum
das LandesEnsembleNeueMusik zuhause, das seinerseits im Zementwerk
in Mainz mittun wird.
Drei Stränge des Programms
So ziehen alle an einem Strang, oder besser gesagt an drei Strängen,
denn das Gesamtprogramm gliedert sich in drei Säulen: Im „Treffpunkt
Kammermusik“ werden Klassiker der Avantgarde mit Ensemblemusik
von heute konfrontiert. Den Anfang macht hier das junge Asasello
Quartett mit Streichquartetten von Webern, Rihm und anderen (ab
16. Oktober). „Komponisten in die Schule!“ heißt
der zweite Programmschwerpunkt, bei dem Schülerinnen und Schüler
selbst zu Komponisten und Performern werden. Hier stehen die ersten
Konzerte im Frühjahr 2009 an. Der dritte Schwerpunkt „Klangraum
Rheinland-Pfalz“ wird im Zementwerk Mainz-Weisenau eröffnet
und am 4. Juli fortgesetzt: In den Mainzer Kammerspielen erklingen „Visionen“ nach
Dantes „Göttlicher Komödie“ mit Live-Elektronik
von Peter Kiefer. Die Landesmusikakademie Rheinland-Pfalz flankiert
die Projekte mit Workshops zur Lehrerfortbildung – ganz im
Sinne des Grundsatzes der Bundeskulturstiftung, dass es im „Netzwerk
Neue Musik“ auch und vor allem um neue Wege bei der Vermittlung
des Zeitgenössischen gehe.
Insgesamt umfasst Spektrum Villa Musica im ersten Jahr 15 Konzerte,
Workshops und audio-visuelle Events in Mainz, Neuwied, Kaiserslautern,
Edenkoben und Montabaur. Sitz des Projektbüros ist Schloss
Engers in Neuwied-Engers. Den genauen Spielplan und Infos erhält
man dort: Tel. 02622/926 41 32; info@spektrum-villamusica.de, www.spektrum-villamusica.de