nmz 2008/05 | Seite 24
57. Jahrgang | Mai
Musikbildung
Von der Singanimation zur Kinderchorleitung
Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel startet
neuen berufsbegleitenden Lehrgang
Das Singen erlebt derzeit eine Renaissance. Allenthalben wird
beteuert und nachgewiesen, wie bereichernd und wichtig es für
die kindliche Entwicklung ist. Es waren aber nicht die Kinder,
bei denen das Singen vorübergehend in Verruf geraten ist,
es waren die Erwachsenen um sie herum. Ihnen sind die Lieder und
damit gleich auch ihre Stimmen abhanden gekommen. Und das über
viele Jahre hinweg.
Warum das so gekommen ist, dafür gibt es vielfältige
Gründe. Darüber aber ist uns das Singen fremd geworden,
und zwar derart, dass es sich heute nicht einfach so wiederbeleben
lässt, auch wenn wir uns das noch so sehr wünschen. Denn
bevor die Kindern an das Singen herangeführt werden können,
muss bei den Älteren in ihrem Umfeld das Singen wieder zu
einer Selbstverständlichkeit werden. Denn den Kindern fehlen
heute die Vorbilder und insbesondere solche, die sie zum eigenen
Singen animieren – begeisternd und mitreißend singende
Eltern und Großeltern, Erzieher, Musiklehrerinnen oder Kinderchorleiter.
Kinderchorleitung der Stufe B
Damit die Erwachsenen das Singen für ihren eigenen Umgang
mit Kindern wiederentdecken, hat sich in Deutschland mittlerweile
wieder ein breitgefächertes und vernetztes Angebot an Fort-
und Weiterbildungen für das Singen mit Kindern und speziell
das Fach Kinderchorleitung entwickelt.
Der berufsbegleitende Lehrgang „Kinderchorleitung der Stufe
B“ ist ein gewichtiger Teil davon: er ist die zugleich umfangreichste,
aber auch höchste Qualifizierungsstufe. Aufbauend werden hier
neben dem „Handwerk“ der Sing- und Kinderchorleitung
insbesondere die Vermittlung, Interpretation und künstlerische
Gestaltung von Kinderchormusik unter Einbeziehung der Kinderstimmbildung
unterrichtet.
Gearbeitet wird an ausgewählter Literatur vom einstimmigen
Lied über einfache Formen der Mehrstimmigkeit bis zu anspruchsvollen
polyphonen Sätzen für Kinderchor (gleiche Stimmen). Neben
dem Auswahlkriterium „kindgerecht“ sind die Beispiele
so zusammengestellt, dass sich zugleich die stilistische Sensibilität
und das Verständnis im praktischen Umgang mit Musik aus unterschiedlichen
Epochen und Stilen (›klassischen‹, zeitgenössischen
wie populären) ausbilden können.
Lehr- und Lerninhalte
Die Unterrichtsinhalte sind ganzheitlich, d. h. als sich wechselseitig
ergänzende Aspekte ein und derselben Sache angelegt: der Erschließung
und Vermittlung von Musik an Kinder über das Singen.
Insbesondere werden die Fächer Musiktheorie, Tonsatz und Analyse
nicht als von der Kinderchorpraxis losgelöste Regelwerke vorgestellt.
Ihr Unterricht zielt vielmehr auf das Verstehen und Verinnerlichen
musikalischer Zusammenhänge, deren Vermittlung schließlich
selbst wieder musikpädagogische Aufgabe in einer nachhaltigen
Kinderchorarbeit wird.
Die „theoretischen“ Kenntnisse fließen in Probenvorbereitung
und -methodik gleichermaßen ein wie auch gestische Singleitung
und Dirigieren, Kinderstimmbildung und Gesang, Musik und Bewegung,
Einbeziehung von Orff-Instrumentarium und Liedbegleitung, Gehörbildung
und Blattsingen, Kommunikationstraining (Körpersprache, Präsenz,
Zuwendung, Ansprache, Rhetorik, Motivation) sowie Probenorganisation
und -dramaturgie (Disposition einzelner Proben wie längerfristiger
Probenprozesse, Probenrhythmus, Rahmenbedingungen, Atmosphäre).
Der Fächerkanon wird abgerundet durch Angebote zur Literaturkunde
und Programmgestaltung sowie zum Kinderchormanagement.
Alle fachlichen Inhalte und handwerklichen Fertigkeiten werden
im Hinblick auf die spezifischen Anforderungen und Möglichkeiten
von Kinderchören vermittelt.
Die kreative, spielerische und experimentierfreudige Arbeit mit
Kindern wird im Wissen um deren Entwicklung, Psychologie und Lebensbedingungen
verankert.
Anbindung an die Praxis
Die kinderchorpraktische Arbeit im Rahmen der Akademiephasen
findet über
verschiedene Kooperationen mit regionalen Singgruppen, Chorklassen,
Kinder- und Schulchören, Jugendkantoreien und zuletzt dem
Kehrwieder-Kinderchor statt. Daneben wird zur Anwendung, Übung
und Erprobung der Unterrichtsinhalte die regelmäßige
Leitung eines eigenen Kinderchores parallel zur Fortbildung vorausgesetzt.
Umfang
Für den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung sind die Teilnahme
an sechs Akademiephasen von je fünf Tagen Dauer innerhalb
eines Zeitraums von zwei Jahren und eine in allen Teilbereichen
erfolgreich abgelegte Prüfung erforderlich. Der Umfang der
Fortbildung beträgt insgesamt etwa 516 Zeitstunden, davon
216 Unterrichtsstunden (36 Stunden pro Akademiephase) und min.
weitere 300 Stunden für die Bearbeitung umfangreicher begleitender
Aufgabestellungen sowie selbstorganisierte Studien und Praktika
in den Zwischenzeiten.
Voraussetzungen
Der Lehrgang ist als weiterführende Qualifizierung und Aufbaufortbildung
für Kinderchorleiterinnen und -leiter aus Vorschule, Kindergarten,
Musikschule, Verbänden, kirchlichen oder freien Einrichtungen
und der Primar- und Orientierungsstufe gedacht. Grundfertigkeiten
in Schlagtechnik und Singleitung werden vorausgesetzt. Als Maßstab
hierfür gelten die Anforderungen der in Kooperation stattfindenden
Fortbildungen „Kinderchorleitung der Stufe C“ an den
Bayerischen Musikakademien Marktoberdorf und Hammelburg, „Musikmachen
mit Kindern“ an der Akademie Remscheid oder vergleichbarer
Fortbildungen. Weitere Voraussetzungen sind die Leitung eines Kinderchores
(spätestens mit Beginn der Fortbildung), elementare Fertigkeiten
im Umgang mit einem Instrument sowie die Bereitschaft, sich praktisch
zudem mit dem Klavier auseinanderzusetzen.
Träger
Der Lehrgang ist eine berufsbegleitende Fortbildungsmaßnahme
der Bundesakademie Wolfenbüttel in Zusammenarbeit mit der
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Chorverbände (ADC). In ihr haben
sich zusam-mengeschlossen: der Allgemeine Cäcilien-Verband
(ACV), der Arbeitskreis Musik in der Jugend (AMJ), der Deutsche
Chorverband (DCV), der Internationale Arbeitskreis für Musik
(IAM), der Verband Deutscher KonzertChöre (VDKC) und der Verband
evangelischer Kirchenchöre Deutschlands (VeK).
Das Dozententeam
Andreas Cessak (Kassel), Silke Hähnel-Hasselbach (Falkensee),
Frauke Heitmann (Mühlheim an der Ruhr), Thekla Jonathal (Drage),
Markus Lüdke (Wolfenbüttel), Gerhart Roth (Otzberg),
Beate Stanko (Cloppenburg)
Lehrgangsdaten
Termine: 10. bis 14.9.2008 (1. Phase), 3. bis 7.1.2009 (2. Phase
), 22. bis 26.4.2009 (3. Phase), 23. bis 27.9.2009 (4. Phase),
2010 (5. und 6. Phase)
Kostenanteil: 340 Euro (inkl. Ü/VP), 1.890 Euro pauschal für
alle Phasen bei einmaliger Zahlung zu Beginn, zzgl. einmalig 20
Euro Material
Anmeldeschluss: 8. August 2008
Markus Lüdke, Karl Böhmer
Kontakt
Weitere Informationen zu diesem Lehrgang und anderen Fortbildungsmöglichkeiten
in den Bereichen Singen mit Kindern, Chorklassenleitung, Stimmbildung,
Musiktheater mit Kindern und Chorpraxis unter:
Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel, Postfach
1140, 38281 Wolfenbüttel, Schlossplatz 13, 38304 Wolfenbüttel,
Tel. 05331/808-411, Fax 05331/808-413
eMail: post@bundesakademie.de
Internet: www.bundesakademie.de