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nmz-archiv
nmz 2008/05 | Seite 46
57. Jahrgang | Mai
Bücher
Deutschpop als farbige Collage
Das „Wir-sind-Helden-Tagebuch“ mit rotzfrechen Einblicken
Wir
sind Helden: Informationen zu Touren und anderen Einzelteilen.
Ein Wir-sind-Helden-Tagebuch, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt
a.M. 2008, 416 S., € 12,95, ISBN 978-3-596-17754-7
Wie wird man innerhalb von wenigen Jahren eine der bekanntesten
und wichtigsten Pop-Bands Deutschlands? Wie findet man sich als
Band zusammen? Wo trifft man Gleichgesinnte? – Das alles
und noch viel mehr illustriert dieses amüsante Tour- und Bandtagebuch
von „Wir sind Helden“. Dabei muss man nicht unbedingt
ein Fan der sympathischen Vier sein; für alle Musikinteressierten
und vor allem junge Musiker, die ebenfalls ins Big Business, das
Musikgeschäft natürlich, wollen, werden gute Einblicke
in die Mechanismen, Zufälligkeiten und Institutionen geboten.
Verwendet wurden dabei unter anderem die Tagebucheinträge,
die Judith Holofernes, Sängerin und Front-Frau der Band, seit
2002 auf der Website veröffentlichte, neben zahlreichen Kurzberichten
und Kommentaren der einzelnen Mitglieder und ihrer musikalischen
und nichtmusikalischen Weggefährten. Das ist teilweise rotzig-frech,
aber nie unintelligent oder schludrig. Judith, die schon als Liedermacherin
mit deutschen Texten und solo mit ihrer Gitarre auf kleinen Berliner
Bühnen auftrat, der damals in Dinkelsbühl lebende Schlagzeuger
Sebastian (später Pola) Roy und der Gitarrist Jens Eckhoff
(später Jean-Michel Tourette) aus Hannover lernten sich im
Jahr 2000 während des Kontaktstudiengangs Popularmusik der
Hochschule für Musik und Theater in Hamburg kennen. Eineinhalb
Jahre später stieß der Bassist Mark Tavassol dazu.
Was
einfach klingt, war in Wirklichkeit kompliziert – ebenso
wie die Namenssuche der Formation, die in den Anfängen als
Judith Holofernes & Band auftrat. Die vier Mitglieder erzählen
in dem Band, den es übrigens auch als Hörbuch gibt, in
dem die vier das Ganze vorlesen, abwechselnd, kommentieren und
ergänzen sich gegenseitig. So entsteht keine langweilige Band-Chronologie,
sondern eine farbige Collage einer Erfolgsgeschichte, die bis heute
Ihresgleichen sucht. Schwarz-Weiß-Fotos von den Tourneen,
dem Produzenten, der Band zusammen mit ihren Fans und kleine Collagen
vervollständigen das Œuvre, von dem Sarah Kuttner zu
Recht im Klappentext meint: „Es ist zum Haarraufen, mit wie
viel Gag und Ernst, Selbstkritik und Charme und vor allem Information
dieses Buch gefüllt ist. Wäre ich nicht so schrecklich
neidisch – ich würde es mir kaufen.“ Dito.