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nmz-archiv
nmz 2008/05 | Seite 43
57. Jahrgang | Mai
Rezensionen-CD
Zwischen James Last und Generation Soap
Fünf Neuveröffentlichungen aus der Popbranche in der
Kurzkritik
Dann hinein in den baldigen Plattensommer. Getragen von den finalen
Schneeflocken eines ausgefallenen Winters, dem man nicht unterstellen
könnte, einen Winterblues zu verursachen. Sollte der Sommer
so werden, wie es die Klänge des neuen Was (Not Was) Albums „Boo!“ versprechen,
wird sicher alles gut. Die Brüder Don und David Was aus Detroit
(USA) sind grundsätzlich und mit Pausen seit 1981 im Geschäft.
Markant war stets ihr Popsound zwischen Rock, Funk und R&B.
Es funkelt freilich wieder an allen Stellen des Albums. Keine ausgewalzten
Melodien, nur sprühende Ideen und geistesgegenwärtige
Umsetzung. Ein Album, das Pop ziemlich treffend umsetzt. Fröhlich,
nie aufgesetzt und scheinbar simpel strukturiert. Für Deutschland
zu progressiv, denn es fehlen dem radioverwöhnten Hörer
die typischen, so genannten Hooks. Leider ist bei Was (Not Was)
der ganze Song ein Hook. (www.wasnotwas.com)
Das glatte Gegenteil verkörpern Mêlée aus Orange
County (Kalifornien). Schon auf dem Cover des Albums „Devils & Angels“ präsentieren
sie sich als auf Understatement gebürstete Yuppies. So erschallt
es dann. Perfekt produzierter amerikanischer Pop (früher AOR),
dem man geschickt einige Kanten gestattet, um das Dekolleté nicht
ganz so pomadig aussehen zu lassen. Man pendelt zwischen Seriosität
und guter Laune, setzt üppig das Piano ein und dreht die Gitarren
nie zu laut. Das wird im Radio ankommen und hat seine Berechtigung
für Hörer ab gefestigten 25 Jahren. Die amerikanischen
PUR für gehobenen Anspruch. Quasi. (www.meleerocks.com)
Über James Last muss man wenig erzählen. Irgendwer
hat nun die „Legendary 1975 record plant studio sessions“ ausgegraben
und digital gepresst, denn die LP aus dem Jahre 1975 genießt
allerhöchsten seltenen Geheimtippstatus. „James Last
in Los Angeles“ verzaubert mit Discosound, Fusionelementen,
Jazzfrakturen und einem unnachahmlichen Glitzerambiente. Wer möchte
da noch glauben, dass James Last solche Verbrechen wie die Traumschiff-Titelmelodie
begehen konnte. „James Last in Los Angeles“ muss dringend
jedem ernsthaften Pophörer empfohlen werden. So klangen die
70er in Amerika. Bombastisch und groovend. (www.jameslast.com)
Buena Vista wird langsam ein Langweiler-Thema. Nach den Sisters
nun The Sons of Buena Vista mit „Con un poco de ayuda”.
Liebe Marketing-Abteilung, das Thema ist längst durch, bitte
verschont uns in nächster Zeit mit den Uncles, Aunts, Nephews
und Grandmas of Buena Vista. Gewiss. Das ist alles coole, sensationell
gespielte Musik, die die junge kubanische Band da vom Stapel lässt.
Offenkundig modern, weil mit Rap untermalt. Doch immer wieder traditionell.
Gesalbt von Compay Segundo. Deshalb stößt dieses „Buena“ Label
ja so sauer auf. Man weiß nie, was sie einem verkaufen wollen.
Den Stempel oder die Musik. Hörenswert sicher, aber exorbitant
anders auch wieder nicht. (www.termidor.de)
Die nette Christina Stürmer aus Österreich mit ihrem
nächsten Album: „laut-Los“. Sechs Titel gibt es
vorab für die Presse zu hören. Eine Melange aus unveröffentlichten
Songs und alten, im neuen Akustikgewand arrangierten, Klassikern.
Mehr als diese sechs Songs wären nicht nötig gewesen
um festzustellen: Die junge Dame kann singen (wer österreichische
TV-Sender empfangen kann, kennt vielleicht ihre Unplugged-Auftritte),
steht immer noch vor einem Bollwerk an sehr guten Produzenten und
Songwritern und schöpft natürlich bei den Begleitmusikern
aus dem Vollen. Man weiß zwar oft nicht, singt da nun Christina
Stürmer oder ist das Silbermond? Aber was soll’s. Die
Musik hat eben die Zielgruppe der „Generation Soap“ und
dafür ist sie leider und definitiv zu gut. Ob man sich nun
als Künstlerin mit gerade drei Alben und 25 Jahren schon neu
interpretieren und suchen muss, mag man bezweifeln. Prätentiös
klingt es bei Christina Stürmer jedenfalls nicht. (www.christinastuermer.com)
Sven Ferchow
Diskographie
Was (Not Was) – Boo! (25.04.2008 Ryko)
Mêlée – Devils & Angels (April 2008, Warner)
James Last – James Last in Los Angeles (04.04.2008, Universal)
The Sons of Buena Vista – Con un poco de ayuda (25.04.2008,
Connector)
Christina Stürmer – laut-Los (04.04.2008, Polydor)