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nmz-archiv
nmz 2008/05 | Seite 43
57. Jahrgang | Mai
Rezensionen-CD
Schon wieder Weill? Na klar!
Lolou: weillness. Christiane Hagedorn (Gesang), Joachim Raffel
(Klavier, Harmonium, Elektronik, Akkordeon, Perkussion), Robert
Kretschmar (Saxophon, Flöte, Akkordeon, Klavier), Alex Morsey
(Bass, Tuba, Gesang)
NRW Records, Wismar NRW 8003 Vertrieb
Schon wieder Weill? Typisch:
Seeräuberjenny, der Kanonensong,
Dreigroschenfinale. Man liegt schließlich so, wie man sich
bettet – mit dieser CD schwebt der Hörer sogar auf paradiesischen
Daunen.
Sängerin Christiane Hagedorn und ihre drei virtuosen Musiker
haben diese mitlerweile altehrwürdigen Songs gerade auf
CD gebannt. Experimentierfreudig arrangiert und aufnahmetechnisch
exzellent präsentiert sich die CD im leichten, weißen
Gewand. Papier statt Kunststoff, aufklappbar, fast wie ein Buch,
aber trotz rotgedruckter Eloquenz etwas geizig mit Infos.
In jeder Lage strahlt die wandlungsfähige Stimme Hagedorns,
weit weg vom Belcanto. Stattdessen atemberaubend in die Höhe
tastend (und dabei intonationssicher fündig werdend), rauchig
und verworfen, dann freundlich und lyrisch. Hagedorn bleibt dabei
immer textverständlich, sehr schön. Irgendwo zwischen
Swing, Neuer Musik und Chanson stehen die allesamt gelungenen Stücke.
Zwischen die Brecht/Weill-Kompositionen sind auch ein paar Stücke
gerutscht, die Weill für amerikanische Künstler schrieb.
Weil sich die drei Instrumentalisten kein bisschen hinter der
dunkel schillernden Frontfrau verstecken, bleibt es musikalisch
immer
spannend. Das virtuose Fundament des Bassisten Alex Morsey sorgt
für den passenden Groove, auch wenn er die Tuba bearbeitet.
Pianist Joachim Raffel greift häufig zu Akkordeon und Harmonium
und Saxophonist Robert Kretzschmar lockt gern schöne Töne
aus der Flöte. Diese Klangmöglichkeiten werden überlegt
kombiniert und sorgen in liebevoll gebastelten Arrangements dafür,
dass jedes Lied einen ganz eigenen Reiz erhält. Da treffen
sich Akkordeon, Flöte und Tuba zum Kanonensong und herrlich
lasziv grüßt Alabama (zumindest wenn Klavier und Saxophon
nicht gerade total durchgeknallt herumdudeln). Knackig frische,
atemberaubend schöne Songs. – Schon wieder Weill? Sicher,
was auch sonst?