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nmz-archiv
nmz 2008/05 | Seite 34
57. Jahrgang | Mai
Deutscher Kulturrat
In die kulturelle Bildung investieren
Stellungnahme des Deutschen Kulturrates zum Schlussbericht der
Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“
Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass sich die Enquete-Kommission
des Deutschen Bundestages „Kultur in Deutschland“ sehr
deutlich und dezidiert für die Förderung der kulturellen
Bildung in Deutschland ausgesprochen hat. Im Folgenden nimmt er
zu den einzelnen Handlungsempfehlungen des Kapitels „Kulturelle
Bildung“ des Abschlussberichts Stellung. Er bezieht sich
dabei auf die Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission in den
folgenden Unterkapiteln, veröffentlicht als Bundestagsdrucksache
16/7000 bzw. in Buchform bei ConBrio:
„
Kulturelle Bildung als gesellschaftlicher Auftrag“ (Drucksache,
S. 397 f., Buchpublikation ConBrio, S. 596 f.).
„
Kulturelle Bildung in der Früherziehung“ (S. 398 / S.
597)
„
Schulische kulturelle Bildung“ (S. 398 f. / S. 597 f.)
„
Außerschulische kulturelle Bildung“ (S. 399 / S. 598
f.)
„
Aus-, und Fortbildung für kulturelle Bildung“ (S. 399
f. / S. 599 f.)
„
Kulturelle Erwachsenenbildung“ (S. 405 / S. 607 f.)
„
Interkulturelle Bildung“ (S. 407 / S. 611)
„
Erhalt und Förderung der deutschen Sprache“ (S. 410
/ S. 616)
Die neue musikzeitung druckt diesen Text in Auszügen ab. Den
Text in ganzer Länge finden Sie in der aktuellen Zeitung „politik
und kultur“ 3/08 sowie im Internet unter www.kulturrat.de
Kulturelle Bildung als gesellschaftlicher Auftrag
Der Deutsche Kulturrat unterstützt nachdrücklich die
Forderung der Enquete-Kommission an den Deutschen Bundestag und
die Bundesregierung, dass die Mittel zur Förderung der kulturellen
Bildung im Kinder- und Jugendplan des Bundes aufgestockt werden.
Darüber hinaus begrüßt der Deutsche Kulturrat die
Empfehlung an die Bundesregierung, dass den Bereichen Kultur und
(Neue) Medien in ihren Kinder- und Jugendberichten mehr Raum gegeben
wird. Hinsichtlich der Etablierung einer Bundeszentrale für
kulturelle Bildung sieht der Deutsche Kulturrat noch erheblichen
Diskussionsbedarf. In diese Diskussion sollten sowohl die Bundesakademien
für kulturelle Bildung als auch die relevanten Bundeskulturverbände
einbezogen werden. (…)
Kulturelle Bildung in der Früherziehung
Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass die Enquete-Kommission
die Notwendigkeit unterstreicht, die kulturelle Bildung als lebenslanges
Lernen zu verstehen und damit so früh wie möglich zu
beginnen. (…) Der Deutsche Kulturrat begrüßt darüber
hinaus, dass Bund und Ländern empfohlen wird, die Früherziehung
in Kultureinrichtungen zu fördern. Zudem begrüßt
er die Empfehlung an die jeweiligen Träger, dass die Voraussetzungen
für eine langfristige Zusammenarbeit von Kindertagesstätten
und Kultur- und Bildungseinrichtungen verbessert sowie der Zugang
für Kinder zu Kultur, unter anderem durch einen kostenfreien
Eintritt zu öffentlich geförderten Kulturinstitutionen,
erleichtert werden muss. (...)
Schulische kulturelle Bildung
Der Deutsche Kulturrat unterstützt die Forderung der Enquete-Kommission,
dass
die Fächer der kulturellen Bildung wie Kunst, Musik, Tanz
und Darstellendes Spiel zu stärken und qualitativ auszuweiten
und sicherzustellen sind, dass der vorgesehene Unterricht durch
qualifizierte Lehrkräfte tatsächlich erteilt wird,
die Länder und Kommunen dafür Sorge zu tragen haben,
dass im Rahmen ganztäglicher Bildung und Erziehung auch Angebote
von Kultureinrichtungen und Kulturvereinen außerhalb der
Schule
wahrgenommen werden können (…)
Der Deutsche Kulturrat teilt die Auffassung der Enquete-Kommission,
dass mit einem möglichen Zentralabitur sicherzustellen ist,
dass ein Fach der kulturellen Bildung zum verpflichtenden Fächerkanon
gehört und zudem der Neuaufbau von Schulchören und -orchestern
zu fördern ist. Grundsätzlich muss sich aber darüber
verständigt werden, wie die Vielzahl an Inhalten in der verkürzten
Schulzeit von 12 Jahren und einer Stundentafel von 36 Stunden pro
Woche wirksam verarbeitet werden können. Die ästhetischen
Fächer dürfen dabei einer möglichen Straffung der
Inhalte nicht zum Opfer fallen. (…)
Der Deutsche Kulturrat spricht sich für die Empfehlung der
Enquete-Kommission an die Länder aus, Baukultur in den Fächern
Kunst, Geografie und Sozialwissenschaft stärker zu berücksichtigen.
Wichtig ist es aber nach Ansicht des Deutschen Kulturrates, dass
die „Baukultur“ lediglich als eine Impulsgebung im
Unterricht verstanden, in der Schule aber zum Beispiel keine Architekten
ausgebildet werden sollen.
Die Empfehlung der Enquete-Kommission an die Länder, Mediennutzung
und Medienkompetenz als Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule
zu verstehen, unterstützt der Deutsche Kulturrat mit Nachdruck.
Die Filmkunst im Curriculum zu verankern, unterstützt der
Deutsche Kulturrat ebenfalls. Allerdings sollte darüber nachgedacht
werden, auch andere Sparten, wie beispielsweise den Bereich Design,
ebenfalls mit aufzunehmen. (…)
Aus- und Fortbildung für kulturelle Bildung
Aufgrund der zahlreichen gesellschaftlichen Veränderungen
und Herausforderungen unterstützt der Deutsche Kulturrat die
Forderung der Enquete-Kommission, dass die Erzieherausbildung im
Bereich kultureller Bildung unter Einbeziehung der Kulturinstitutionen
zu verbessern und zu intensivieren sei. Auch die Einführung
einer akademischen Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern begrüßt
der Deutsche Kulturrat. Darüber hinaus fordert der Deutsche
Kulturrat von den Ländern die schnelle Umsetzung der Handlungsempfehlungen,
dass
Berufsbilder sozialer Berufe so weiterzuentwickeln sind, dass zum
Beispiel Senioreneinrichtungen kulturelle Bildungsangebote unterbreiten
können,
Kulturinstitutionen in die Lehreraus- und fortbildung einzubeziehen
sind sowie die Möglichkeit der regelmäßigen Fortbildung
in kultureller Bildung für Lehrkräfte sicherzustellen
ist,
die Länder und Hochschulen kulturvermittelnde Ausbildungsgänge
stärker auf die berufliche Praxis ausrichten und in künstlerischen
Ausbildungsgängen Elemente der Kulturvermittlung sowie künstlerische
Praktiken für alle Altersstufen obligatorische Bestandteile
werden (…)
Kulturelle Erwachsenenbildung
Die Enquete-Kommission verweist in ihrem Abschlussbericht darauf,
dass die Entwicklungsmöglichkeiten der kulturellen Erwachsenenbildung
mit gleicher Anstrengung durch Politik und Gesellschaft verfolgt
werden müsse wie die kulturellen Bildungsangebote für
Kinder und Jugendliche. Der Deutsche Kulturrat unterstützt
die Forderung, dass Bund, Länder und Kommunen flächendeckende
und innovative Angebote kultureller Erwachsenenbildung sicherstellen
und unterbreiten und darüber hinaus Weiterbildung nicht
auf einen verengten Begriff beruflicher Weiterbildung reduzieren
sollen. (…)
Interkulturelle Bildung
Im Hinblick auf die Tatsache, dass es bereits eine Reihe von
guten Projekten im Bereich der interkulturellen Bildung gibt, unterstützt
der Deutsche Kulturtat die Forderung der Enquete-Kommission,
diese Angebote, ihre Qualität und die Resultate zu evaluieren
und die Bildungsforschung zu Fragen der Integration zu intensivieren.
Zudem begrüßt der Deutsche Kulturrat die Forderung,
dass
die Länder die Ganztagsschule als Chance für den interkulturellen
Austausch begreifen und interkulturelle Bildung in die Lehrangebote
wie zum Beispiel Theaterprojekte integrieren sollen. Als ebenfalls
sehr wichtig erachtet der Deutsche Kulturrat die Forderung, den
Schüleraustausch stärker zu fördern,
die Länder bei den Schulen darauf hinwirken sollen, die Zusammenarbeit
zwischen Schulen und Eltern mit Migrationshintergrund in möglichst
vielen Formen zu intensivieren,
die Länder für den Beruf des Lehrers und den des Sozialpädagogen
mehr Menschen mit Migrationshintergrund gewinnen sollen.
Im Bereich der Integration spielt die Sprachförderung eine
wichtige Rolle, da sie die Voraussetzung zur Partizipation am gesellschaftlichen
Leben darstellt.
Der Deutsche Kulturrat fordert, wie die Enquete-Kommission, die
Länder auf dafür Sorge zu tragen, dass alle Kinder mit
den erforderlichen Deutschkenntnissen eingeschult werden und in
diesem Zusammenhang eine Sprachstandserhebung für alle drei-
bis fünfjährigen Kinder durchgeführt werden muss,
um Sprachdefiziten rechtzeitig begegnen zu können. Allerdings
verweist der Deutsche Kulturrat darauf, dass die Kindertagesstätten
diesbezüglich auch gut ausgebildetes Personal benötigen.
Darüber hinaus müsse gewährleistet werden, dass
die Kinder, die nicht die nötigen Sprachkenntnisse besitzen,
speziellen Förderunterricht erhalten. (…)
Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats