[an error occurred while processing this directive]
nmz-archiv
nmz 2008/05 | Seite 32
57. Jahrgang | Mai
Jugend musiziert
”Jugend musiziert“ auch mit Basken-Mütze
Deutsche Schule „San Alberto Magno“ richtete Landeswettbewerb
der Iberischen Halbinsel aus
Die am stärksten wirkende Konstante in der nunmehr 45 Jahre
umfassenden Tradition von “Jugend musiziert“ ist die
kontinuierliche Veränderung. Die für diese Wettbewerbe
Verantwortlichen haben sich um eiserne Regeln, um das Prinzip Das-war-schon-immer-so
nie geschert, vielmehr basiert der ungebrochene Erfolg, die eher
noch zunehmende Ausstrahlung dieses musikalischen Forder- und Förderprojekts
gerade auch auf der Bereitschaft zur ständigen fachlichen
wie organisatorischen Entwicklung, Erweiterung und Erneuerung in
allen Facetten. Sehr früh schon hat man es beim Deutschen
Musikrat auch klug vermieden, dem Wettbewerb ein nationales Gepräge
zu geben, hat stattdessen neben deutschen Teilnehmern hier dauernd
oder auf Zeit residierende Kinder und Jugendliche jeder Nationalität
zugelassen. Und seit einem ersten Versuch in Madrid 1981 sind Deutsche
Schulen im Ausland – inzwischen 35 Schulen in 18 Ländern
Europas sowie in der Türkei und Ägypten – ebenfalls
beteiligt.
Entgegen der verbreiteten Meinung, bei diesen Schulen handele
es sich vor allem um Inseln des deutschen Bildungswesens für
die Kinder deutscher Diplomaten, Geschäftsleute und anderer
vorübergehend ins Ausland entsandter Germanen, ist der Anteil
deutscher Schüler in den meisten Auslandsschulen derzeit mit
höchstens zehn Prozent eher geringfügig.
Den Goethe-Instituten ähnlich sind diese Schulen vor allem
als ein Instrument der Außenkulturpolitik der Bundesrepublik
zu werten und haben in diesem Rahmen ein nicht geringes Gewicht.
Der Unterricht erfolgt dort – häufig vom Kindergarten
an und zumeist bis zum Abitur – sowohl auf Deutsch als auch
in der Landessprache durch entsprechend gemischte Lehrkräfte,
sodass vor allem die älteren Schüler beide Sprachen gut
beherrschen – ungeachtet weiterer Fremdsprachen – und
mit zumindest zwei Kulturen vertraut werden.
Zu den aus Deutschland zumeist für drei oder sechs Jahre entsandten
Fachlehrern zählen auch Musikpädagogen, die zu Hause
oft selbst mit ”Jugend musiziert“ aufgewachsen sind.
Hier nun kommt ihnen eine zentrale Rolle bei der Organisation und
Durchführung der Wettbewerbe zu, vor allem in Ländern,
in denen sich kaum Musikschulen oder Konservatorien mitteleuropäischer
Art finden und musikalische Grundausbildung größtenteils
unter dem Dach der allgemein bildenden Schulen stattfindet. So
hängt es von ihrem Geschick ab, allein oder zu zweit, manchmal
im Gespann mit einer „landeseigenen“ Lehrkraft, einen „Regionalwettbewerb“ an
der lokalen Deutschen Schule zu veranstalten, um dessen Erste Preisträger
(ab Altersgruppe II) dann zum zuständigen „Landeswettbewerb“ – Östliches
Mittelmeer, Spanien/Portugal oder Nordeuropa – weiterzuleiten.
Zum Landeswettbewerb Spanien/Portugal, in diesem Jahr erstmals
im nordspanischen San Sebastián durchgeführt, traten
vom 10. bis 13. März hundert Teilnehmer der Altersgruppen
II bis V an, aus zehn Deutschen Schulen der Iberischen Halbinsel,
also Spanien inklusive Teneriffa und Gran Canaria sowie Portugal.
So gab es in der vergleichsweise kleinen Schule „San Alberto
Magno“ in der aufregend attraktiven baskischen Stadt an der
Biskaya-Küste ein kleines aber feines ”Jugend musiziert“-Festival.
An drei Tagen präsentierten sich die Teilnehmer in insgesamt
58 kategorisch bunt gemischten Wertungen – Solo-Klavier und
-Gesang, Ensemblewertungen von Bläsern, Streichern und Neuer
Musik, dazu die in dieser Region ausgeschriebene Sonderkategorie
Pop-Gesang. Zwar werden die jugendlichen Pop-Stars, hier der Altersgruppen
IV und V, bislang auch bei höchstem Punktgewinn nicht zum
Bundeswettbewerb weitergeleitet, dafür lösten sie aber
beim Schülerpublikum in dem bei ihren Auftritten sofort überfüllten
Auditorium schrille Begeisterung aus – Pop ist eben Pop und
auch im Baskenland populärer als Bach, Mozart oder Rachmaninow.
Am Abend des vierten Tages fand im Festsaal des Hotels Londres
gleich neben der Strandpromenade das ausführliche Abschlusskonzert
statt, mit anschließender Zeremonie der Ergebnisverkündung
und Überreichung der Urkunden. Tatsächlich verließ keine
Teilnehmerin und kein Teilnehmer den Saal ohne Preis, und zwar
zu Recht, aber selbstverständlich war der Jubel besonders
groß bei der Nennung der Ersten Preisträger, die nun
zu Pfingsten aus sieben Städten der Iberischen Region nach
Saarbrücken zum Bundeswettbewerb reisen. Für gar nicht
wenige von diesen 30 Jugendlichen wird es der erste Besuch in Deutschland
sein.
Die Last eines solchen Quasi-Landeswettbewerbs, der ja bereits – vor
allem bei den beiden anderen, wesentlich größeren Regionen – ein
jeweils bunt internationales, sogar multikulturelles Treffen darstellt,
liegt natürlich in erster Linie bei den Organisatoren der
gastgebenden Schule, die ihrer Rolle hier in vorbildlicher Weise
gerecht wurde, dann aber auch auf den Schultern aller Musiklehrer;
die nämlich reisen mit den Teilnehmern ihrer Schulen an, betreuen
und motivieren sie auch vor Ort, stehen manchen als versierte Klavierbegleiter
zur Verfügung, fungieren im Pop-Genre zugleich als Tontechniker.
Yanira Sánchez aus Gran Canaria hatte zudem gemeinsam mit
ihrem Mann ein vierteiliges Werk für sechs Schüler (AG
IV) komponiert, mit dem das mit einem Ersten Preis ausgezeichnete
Ensemble prompt zum Bundeswettbewerb weitergeleitet wurde. Und
alle diese Lehrer bilden die Jury, wobei jeder selbstverständlich
bei den Teilnehmern der eigenen Schule aussetzt. Diese (inklusive
des vom Deutschen Musikrat entsandten Vorsitzenden) 17-köpfige
Jury waltete ihres Amtes comme il faut: kompetent, in gutem Einvernehmen
und mit einem Schuss pädagogischer Zuneigung.
Die Einbeziehung der Deutschen Schulen im Ausland in das Netzwerk
von ”Jugend musiziert“ bedeutet schon lange, aber immer
wieder bestätigt, eine Bereicherung für diese Schulen
und ihr Profil, für die Struktur und das Ansehen der Wettbewerbe
und ganz zweifellos für alle damit hinzugewonnenen Teilnehmer.