1998
|
|
Leserbrief
|
Das walte Arno Breker...! |
Berndt W. Wessling reagiert auf die Kritik Peter P.
Pachls (nmz 11/97) Einer, der es voraussah, daß meine im Tonger-Verlag erschienene Wieland- Wagner-Biographie ins Geriß kommen würde, war der bekannte Kritiker Dr. Nathan Furtman, der in den Israel Nachrichten in einem glänzenden Essay über das Buch resümierte: Das Theater Lourdes erfährt eine solch kritische Bresche, daß die Diskussion darob in deutschen Landen (und anderswo) hitzig und turbulent werden dürfte. Furtman nennt die Biographie hochintelligent und schreibt: Es gelingt Wessling, den Sarkasten und Experimentator Wieland Wagner glänzend darzustellen: den Mann ohne Humor, den Zerrissenen.... Völlig anders sieht Peter P. Pachl die Sache: Er unterstellt mir Klatsch und Tratsch in seiner Besprechung vom November 1997 in der nmz und fällt ein negatives Urteil über die Biographie, von der Furtman sagt, sie sei kritisch, nach Realismus strebend. Gegen einen Verriß, wenn er denn pointiert und feinsinnig à la Tucholsky geschrieben wäre, ist nichts zu sagen. Zu verwahren hat man sich allerdings gegen eine Schmähschrift, die aus lauter Ressentiments und Halb- und Unwahrheiten besteht. Letztere zusammenzufabulieren, das scheint das Handwerk des P. P. Pachl zu sein, der schon seit geraumer Zeit sauer auf mich ist, weil ich ihm anläßlich einer Inszenierung im Münsterschen Musiktheater einen dicken Strich durch die Rechnung machte: Er hatte die von Detlef Müller-Siemens veroperte wilhelminische Komödie meiner Großtante Julie Schrader (Genoveva oder Die weiße Hirschkuh) in meiner Bearbeitung so pervers und paranoid inszeniert, daß ich lebhaft opponierte. Und da der Intendant nach dem Veto die Inszenierung sofort absetzte, war mir der Pachl-Peter gram, und er sann nach Rache. Die übte er nun in seiner nmz-Kritik, die so nicht stehenbleiben darf, weil sie falschmünzend und ehrabschneiderisch zu Werke geht. Der Reihe nach: 1989 hatte der Rundfunkredaktuer Karl Corino behauptet, ich hätte Kritiken getürkt und Texte erfunden, die es gar nicht gegeben habe, und Zeitungen benannt, die zum erwähnten Zeitpunkt überhaupt nicht mehr erschienen waren. Das plappert Pachl nach, ohne offenbar zu ahnen, daß ich dem Corino mit entsprechendem Quellenmaterial widersprechen konnte. Meiner sehr erfolgreichen Furtwängler-Biographie sollte ich eine Kritik eingefügt haben, die niemals erschienen war: ich sollte also gefälscht haben. Es ging um eine Kritik von Egon Heymann, Rom, aus dem Schwäbischen Merkur vom 1. Februar 1941. Diese Kritik findet man auf Seite 156 der Dokumentation Einhundert Jahre Berliner Philharmonisches Orchester von Peter Muck, verlegt bei Hans Schneider in Tutzing 1982. Von dieser Qualität waren die Behauptungen des Corino, der wie Pachl weiterfabuliert in fünf Werken von mir 90 Prozent der Quellen als unglaubwürdig ausgemacht haben sollte. Die Zahl 90 Prozent wird selbst Corino überraschen. Hierbei muß noch gesagt werden, daß nicht nur Corino an meinem Image herumzusäbeln versuchte, sondern auch der sogenannte Lexikograph Wörner, der meinte, nachweisen zu können, daß ein Großteil meiner wissenschaftlichen Angaben in den Büchern über Karajan, Tucholsky und Wilhelm Busch (Heyne-Verlag) nicht stimmten. Das war mir nun doch zu bunt. Ich bemühte den Kadi, und siehe da: das gesamte Lügen-Gebäude der Herren Corino und Wörner brach zusammen. Der Heyne-Verlag, der die genannten Werke unter Vertrag hatte, war so frei, die Titel vor der Drucklegung Herrn Wörner zur Durchsicht zu übergeben, da man offenbar in der Verlagsleitung dem Spiegel-Artikel, in dem sich Corino und Wörner entkotzt (ein hübsches Tucholsky-Verb!) hatten, mehr Glauben schenkte als mir. Das Landgericht München entschied hundertprozentig zu meinen Gunsten, ebenso das OLG München. Daß meine Kontrahenten nicht in die Revision gingen, hing wohl mit der späten Einsicht zusammen, nicht reüssieren zu können. Man biß in den sauren Apfel, zahlte erhebliche Bußgelder und ließ das Urteil rechtskräftig werden. Der Haupt-Tenor des Urteils (Aktenzeichen 2 Ga 1396) besagte, daß die Beklagten nicht einmal im Ansatz den Beweis für die Anschuldigungen eingebracht hätten! Dieser Vorgang ist Herrn Pachl vermutlich entgangen, da er sonst wohl kaum in dem nmz-Dossier mich inkriminierende Behauptungen aufgestellt hätte. Es wäre nun sehr einfach, P. P. Pachl im Kontext des Münchner Urteils zu belangen, aber ich lasse auch graue Mäuse leben, wenn sie denn nicht über die Maßen gefräßig werden. Pachl wendet sich im weiteren dagegen, daß der Tonger-Verlag von der ersten umfassenden Biographie über Wieland Wagner spricht. Es ist die erste umfassende Wieland-Biographie! Panofskys und Schäfers Wieland-Bücher waren keine Biographien, sondern Werk-Monographien. Das Buch von Skelton ist ein erweiterter Essay. Die genannten Autoren verzichten auf jegliche Lebensbeschreibung. Pachl behauptet, ich hätte einen wichtigen Lehrer Wielands ausgelassen: Franz Stassen. Das mag der dreimalneunmalkluge Rezensent wissen, warum Stassen, ein Intimfreund Siegfried Wagners, ein Lehrer Wielands gewesen sein soll. Mit den Intimfreunden Siegfrieds, die aufzustöbern und in die homophile Bayreuther Melasse einzubinden ja Pachls Spezialität ist, hatte Wieland nichts zu tun, da er ziemlich normal war und sich nun wirklich nicht in die Aufschwünge des Herrn Pachl einordnen läßt, die in seiner Gott sei Dank rasch wieder vom Markt verschwundenen Siegfried-Biographie als roter Faden aufgleißen. Wenn Pachl meine vielen Gespräche mit Graf Gravina und Kurt Söhnlein in Frage stellt, so muß er das tun: Ich war dem Grafen durch unsere gemeinsame Freimaurer-Bruderschaft viele, viele Jahre hindurch verbunden, und mit Söhnlein, dem Bühnenbildner Siegfrieds, hatte ich ausgiebigen Kontakt. Was mir sauer aufstößt, ist die zwischen den Zeilen auftauchende politische Bräune des P. P. Pachl, wenn in seiner Kritik von dem braunen Geruch die Rede ist, den man oft genug in der Bayreuther Geschichte feststellen kann. Pachl wird doch nicht zu denen gehören, die durch Geschichtsklitterung den penetranten braunen Geruch absorbieren wollen? Jedes Kind weiß doch nicht erst seit Syberberg -, daß Winifred Wagner ihren halbseidenen Gatten zum Nazi machte. Warum weist Pachl das zurück? Mir nachzusagen, ich könne mich besonders gut und mitfühlend in die Gedankengänge Adolf Hitlers hineindenken, ist eine Infamie, die ich natürlich nicht auf mir sitzen lasse. Was er hier über meine Ossietzky-Biographie zusammensalbadert, ist einfach die Unwahrheit und hat mit Meinungsentäußerung, auf die sich vor allem neonazistische Autoren gern zurückziehen, nicht das geringste zu tun. Wer offensichtlich so im Bannkreis der alten Bewegung steht, müßte eigentlich wissen, daß Hitler auch gesellschaftliche Beziehungen zu Elsa Bernstein-Porges pflegte und nicht nur zur Familie Bechstein. Aber auch ein Pachl kann eben nicht alles wissen. Es paßt dem angepaßten Pachl natürlich gar nicht, daß ich ein Autor bin, der um es noch einmal mit Dr. Furtman zu sagen zu den Kritikern gehört, die immer wieder auf den antisemitischen gout der Bayreuth-Clique hinweisen und den Finger in die Wunde legen. Herr Pachl macht sich in seiner Kritik auch noch zum Spruchsprecher der Gesellschaft der Freunde Bayreuths. Das walte Arno Breker, der ewiggestrige Denkmalserrichter dieser Gesellschaft. Berndt W. Wessling |
Links |
@ leserbrief @ nmz info (internetdienste) und hilfe |
||
@ KIZ, das Kultur-Informations-Zentrum der nmz |
@ aktuelle ausgabe |
@ anzeigenpreise
print |
|
Home |
© copyright 1997 ff. by |
Postanschrift |