1998
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Berichte
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Seelenhandel vom Ammersee Goggolori im Stadttheater Augsburg |
Finster waren
die Zeiten, karg und entbehrungsreich das Leben im 30jährigen Krieg nicht nur in
Finning am Ammersee. Hier aber suchte man sich sein Quentchen Glück und Erleichterung auf
besonderem Wege zu sichern: durch Seelenhandel und Kungelei mit heidnischen Kräften oder
dem Teufel gar. So zumindest will es die alte keltische Sage vom Goggolori, jenem
bairischen Waldschratt und Erdgeist, der in Finning noch immer in mancherlei Gestalt sein
Unwesen treiben soll und den armen Häuslerleut Reichtum verspricht gegen die erste
Frucht aus Land und Hof: von jeder Ernte also einen Anteil, aber auch das erste Kind. Bei
Bauer Irwing und seiner Frau, der Weberin, ist es Tochter Zeipoth, das einzige Kind. Einst
hatte Irwing dem Goggolori Zeipoth versprochen als Gegenleistung für die Fruchtbarmachung
seiner Felder; nun, da Irwing längst der wohlhabendste Bauer und Weber im Ort und Zeipoth
heiratsfähig ist, erinnert der Schratt an den geschlossenen Pakt. Zeipoths Mutter aber
mag sich nicht fügen und sucht Hilfe bei der Ullerin, einer Hexe. Heidnischer Glaube und
Katholizismus, Himmel und Hölle, Pest, Tod und Teufel treffen in eigenwilliger, doch
publikumswirksamer Mischung aus prallem Volksstück, Zaubermärchen und Erlösungsdrama
aufeinander, um am Ende in eine Apotheose zu münden: Endlich findet der Goggolori
Erlösung, denn die 14jährige Zeipoth schenkt ihm Seele und Leben, um selbst bis in
Ewigkeit am Kronmantel der Heiligen Jungfrau zu weben.
1985 erlebte Michael Endes und Wilfried Hillers Goggolori seine Uraufführung am Gärtnerplatz-Theater München (Regie: Friedrich Meyer-Oertel, Dirigent: Tristan Schick), über hundert Mal war die Bairische Mär mit Musik dort seitdem zu sehen, inzwischen zur Familienoper der Münchner avanciert. Das Erfolgsrezept? Neben der lokalen Legende, bairischer Dialektdichtung und urig-lebensprallen Gestalten besonders die atmosphärische Musik Hillers zwischen Lyrik und Schlagkraft. Sie untermalt und akzentuiert stets sparsam, evoziert mit farbigen Holzbläsern Moor- und Waldlandschaft oder durch Einbeziehung von Volksliedern (Es tanzt ein Biba-Butzemann) und -tänzen bäuerliches Milieu. Am Augsburger Stadttheater nun wurden die verschiedenen Ebenen des Goggolori in zeitlos-klaren Bildern (Bühne: Manfred Breitenfellner) umgesetzt, Regisseur Lukas Kindermann hat hinter dem deftigen Kobold-Schabernack auch die Bedrohung des Menschen durch seinesgleichen herausgearbeitet und die selbstlose Liebe Zeipoths, die sich von kindlicher Neugier zum selbstlosen Opfertod steigern wird. Gelungen war neben der szenischen die musikalische Umsetzung (Chöre der Städtischen Bühnen Augsburg, Philharmonisches Orchester der Stadt Augsburg) unter Hans-Norbert Bihlmeier; erspart hätte man sich indes lieber die zwei unsauber intonierenden Alphörner, die eigens für die Augsburger Fassung hinzugefügt worden waren. Auch die Zusammenkünfte der Dorfgemeinschaft, etwa beim Erntedank, fielen allzu dürftig aus. Das Sängerensemble indes war klug gewählt, des bairischen Dialekts ebenso mächtig wie mit volksschauspielerischem Talent ausgestattet. Gerhard A. Siegel gab mit falsettierendem Baß einen quicklebendigen Goggolori, Sylvia Rieser die Zeipoth mit anrührend-jungem Sopran, Siglinde Damisch deren Mutter als raffig-selbstgefällige Weberin, und Wolfgang Babl eine hinterlistig-durchtriebene Hexe Ullerin. Susanne Schmerda |
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