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1998
47. Jahrgang
Ausgabe 4
April

© nmz und
autoren 1998

  nmz - neue musikzeitung

Nachschlag
Seite 40

Autor:
Reinhard Schulz

 

Der Intendant
Eigentlich galt er nicht unbedingt als Sympathieträger, eher schon als Ehrgeizling. In der DDR konnte er gut mit der SED, auf seinen Westreisen öffneten sich ihm bereitwillig die Türen der CSU-Parteizentralen. Und als die DDR gefallen war, sah man ihn unter den Versammelten, die sich anschickten die neue Partei DSU aus der Taufe zu heben. Daß alle drei das „S“ mit dem Wortstamm sozial in sich tragen, kann nicht als hinreichender Grund für diese Liaisons angesehen werden. Auch ein Begriffspaar wie historischer Kompromiß reicht nicht hin. Es waren einfach die Parteien, die an der Macht waren (oder sich anschickten, es zu werden). Und zwischen ihnen brauchte man die Hand nicht umzudrehen. Sie erklärten mit den gleichen Worthülsen, wie abgefeimt böse der andere sei – und Strauß machte seine Kreditgeschäfte mit Honegger.

Daß Udo Zimmermann, von ihm ist die Rede, eben diese Hand nicht umdrehte, sondern sich mit seinen Anliegen, denen der Begriff persönliche Karriere zumindest nicht fremd war, immer direkt an die wandte, die das Sagen hatten, ist eine Fähigkeit, die viele aus moralischen oder auch aus anderen Gesichtspunkten nicht besitzen. Es ehrt sie, aber damit kommt man leider nicht weiter. Udo Zimmermann, seit 1990 Intendant der Leipziger Oper, seit einem Jahr auch Leiter der Münchner „musica viva“, kam weiter. Es ist ihm binnen weniger Jahre und trotz schwieriger finanzieller Verhältnisse gelungen, das Leipziger Opernhaus zum führenden in Deutschland zu machen. Man sprang nach Mailänder Querelen ein, um Karlheinz Stockhausens großen LICHT-Zyklus mit dem „Dienstag“ und dem „Freitag“ am Leben zu erhalten, jetzt konnte man Schnebels musiktheatrales Hauptwerk „Majakowskis Tod – Totentanz“ herausbringen. Weitere Uraufführungen, etwa Jörg Herchets Opern „Abraum“ oder „Nachtwache“ oder ein gerade herausgekommenes Musical mit dem Titel „Elixier“ unterstreichen nur dieses Urteil.

Die Geschichte wird einmal nicht fragen, mit wem Zimmermann küngelte – oder wenn, dann wird sie es ihm als Geschick auslegen. Und vermutlich hat sie recht (eigentlich hat die Geschichte immer recht). Immerhin kann er für sich beanspruchen, daß er zwar auf organisatorischer wie finanzieller Seite jeden gerade noch vertretbaren Kompromiß – mitunter windelweich – einging (kreiert wurden unter anderem das „Modell Leipzig“ als Symbiose von Kultur und Kommerz, oder ein „Kuratorium 300 Jahre Leipziger Oper“ unter dem Vorsitz Helmut Kohls), daß er aber in programmatischer Hinsicht alle radikalen avantgardistischen Ansätze ohne jegliche ästhetische Scheuklappen durchsetzte. Das auf dieser Basis Erarbeitete aber bleibt.

Wohl gibt es kein „Modell Zimmermann“. So wie er kann, können nur wenige andere. Aber zu fragen wäre, ob es rechtens ist, seine Arbeit nur als die eines schier gnadenlosen Pragmatikers abzutun. Denn Udo Zimmermann ist ein Fanatiker des Musiktheaters und er hat ein Gespür für Elemente, die es am Leben zu erhalten vermögen. Dafür setzt er sich ein fast bis zur eigenen Prostitution – oder zumindest bis zum bettelnden Klingelbeutelgänger. Vielleicht aber ist auch eine mehr positive Beschreibung möglich: Zimmermann nutzt die Geldgeber, wer immer nun mal über Geld verfügt. Und er nutzt sie, um Horizonte zu ermöglichen, die weit über die der Finanziers hinausgehen. Das ist allemal besser, als die Taten der vielen Theaterrepräsentanten, die allem und jeden schon mit einem inhaltlichen Kotau entgegentreten. Vielleicht ist es ein weiteres Glied in der menschheitsgeschichtlich langen „non olet“-Kette. Das Erwirkte aber sollte den Respekt bekommen, den es verdient.

Reinhard Schulz

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