1998
|
|
Rezensionen
|
Schroffe Textur | ||
Misha
Mengelberg & Steve Potts, Thomas Heberer, Michel Godard, Achim Kremer: The Root Of
The Problem hatArt/Helikon CD 504 |
|||
Interpretation
|
Editorischer Wert
|
Technik
|
|
Eine unscheinbar
kleinformatig aufsteigende Linie. Tröpfelnde, wie zufällig herunterfallende Töne
und damit eine unruhige rhythmische Struktur, die wie nebenbei entstanden scheint und doch
das Ergebnis eines genauen harmonischen Studiums und Wissens ist. Misha Mengelbergs Spiel
verhält sich wie eine Spiegelscheibe der Möglichkeiten, wie eine kinetische Skulptur von
Calder, die aus ständig verändernder Bewegung verschiedene Konstellationen, Ebenen, auch
Verbindlichkeiten hervorzaubert. Turbulenzen, Dynamik, Ruhe, dann wieder Aufruhr. Als
attributive Reihung, als gegensätzliche Gewichte scheinen sie alle im Spiel des Pianisten
aufgehoben. Für seine neue Einspielung The Root Of The Problem hat sich
Mengelberg anderer talentierter Musiker versichert: Michel Godards etwa und
vielleicht am eindrücklichsten Achim Kremers, dieses feinfühlig agierenden
Seismographen percussiver Erschütterungen. Wiederkehrendes Thema der musikalischen
Erkundungen ist die Vorstellung eines oder mehrerer simultan ablaufender
Schachspiele. Kontinuierlich anwesender Großmeister ist Misha Mengelberg: ...who
never misses a beat. Tatsächlich kann einem beim Hören dieser konzentrierten
Attacken im Widerspiel von Bewegung und Gegenbewegung das Schachspiel als plausibles
Synonym erscheinen. Denn hier ist oft von einem Gegeneinander weniger von einem
Miteinander die Rede. Wenn es sich doch ergibt, verschwindet es bald im Dickicht
abstrahierender Energien. Schroffe Texturen diktieren den Verlauf, mitunter auch leise
Dialogfähiges, winzige Hinhörer. Kremer brilliert mit feinen Akzentuierungen, Godard mit
weich geblasenem Ton, Heberer mit ansatzlos schnellen Trompetenstößen. Mengelberg setzt
hier auf kleine Formationen, vertraut dem Duo oder Trio. Besetzungstechnisch ungewöhnlich sind diese Petitessen, die einem freilich schwer im Halse steckenbleiben, will man sie allzu leichtfertig als Hors duvre konsumieren. Zu sperrig, bewußt experimentell und radikal kommen sie uns entgegen. Seinem Ruf als Querständiger macht Misha Mengelberg mit dieser Einspielung jedenfalls alle Ehre. Tilman Urbach |
Links |
@ leserbrief @ nmz info (internetdienste) und hilfe |
||
@ KIZ, das Kultur-Informations-Zentrum der nmz |
@ aktuelle ausgabe |
@ anzeigenpreise
print |
|
Home |
© copyright 1997 ff. by |
Postanschrift |