1998
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Rezensionen
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Liebesschmerz |
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Barbara Strozzi: Arie,
Cantate e Lamenti. Mona Spägele, Sopran; Ensemble Incantato. cpo/Vertrieb: jpc 999 533-2 To the Unknown Goddess: A Portrait of Barbara Strozzi. Catherine Bott, Sopran; Paula Chateauneuf, Chitarrone; Timothy Roberts, Cembalo; Frances Kelly, Arpa doppia. Carlton Classics/Fono 30366 00412 |
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Interpretation
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Editorischer Wert
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Technik
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Barbara Strozzi, die 1619 geborene Adoptivtochter
des einflußreichen venezianischen Literaten und Librettisten Giulio Strozzi, ist wohl die
bedeutendste der komponierenden Frauen des Frühbarock. Mit ihren neun zwischen 1644 und
1664 im Druck erschienenen Sammlungen übertrifft sie rein quantitativ jeden männlichen
Zeitgenossen. Aber auch qualitativ muß sie sich mit ihren formal innovativen,
unkonventionellen Werken süffigen Arietten, durchkomponierten Kantaten und
affektgeladenen, ausdrucksvollen Lamenti selbst hinter Meistern wie Monteverdi oder
Cavalli nicht verstecken. Mit ihrem gleichermaßen melodiösen wie rhetorischen Stil
knüpft sie an die venezianische Oper der 1640er und 1650er Jahre an. Und anspruchsvolle
vokale Aufgaben bietet Strozzis Musik sie selbst war eine veritable, von den
Zeitgenossen gerühmte Sängerin allemal. Nachdem ihre Werke bisher im
Schallplattenkatalog eher unterrepräsentiert waren, sind jetzt gleichzeitig zwei
konkurrierende Recitals erschienen, die sich im Kontrast ergänzen und zwar sowohl
hinsichtlich des Repertoires, das sich kaum überschneidet, als auch in bezug auf die
unterschiedliche künstlerische Physiognomie der beiden Solistinnen. Die Engländerin
Catherine Bott vertraut ihrem überschäumenden Temperament: mit kessem, moussierendem,
spritzigem Ton und einer hervorragenden Diktion nimmt sie sich mit Erfolg vor allem der
kecken, leichtgeschürzten Arietten an, die sie geläufig, ja virtuos vorträgt. Für die
ernsteren, schwermütigeren Klagegesänge fehlt ihr ein wenig der nötige Tiefgang. Allzu
leichtfertig und etwas pauschal singt sie über den Liebesschmerz hinweg. Hier ist ihr die
junge deutsche Sopranistin Mona Spägele mit ihrer differenzierteren Gestaltung
überlegen. Spägele nimmt sich mehr Zeit, lotet die tragischen, aber auch die
theatralischen Schattierungen dieser kleinen Opernszenen mit mehr Abwechslung und
intensiverem Ausdruck aus, besitzt auch mehr Gespür für den oftmals bitterbösen Schmerz
dieser Liebesklagen. Mit zum animierenden Gesamteindruck trägt das Ensemble Incantato
bei, dessen Continuospiel der englischen Konkurrenz deutlich überlegen ist. Uwe Schweikert |
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