1999
48. Jahrgang

Ausgabe 04
April (Inhalt)

© nmz und
autoren 1999

Pop

Seite 36

Autor:
Stefan Raulf

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Der weltweite Erfolg dieses Liedes mag beim ersten Eindruck kaum nachvollziehbar sein – zumindest für Menschen über 25. Doch jenseits effektiver Promotionsstrategien erschließt sich der perfekte Anbiederungseffekt für die Teenies auch aus den musikalischen Bausteinen. Die Elemente der Entschlossenheit auf der einen Seite – ein Anflug von HipHop als Beat, ein trotziges Pianomotiv, leichte Rhythm&Blues-Koloraturen – werden durchsetzt von klassischem Jungmädchen-Tralala: Mit der Bridge kommt ein Glockenspielklang dazu, Streicher setzen ein, bis im Refrain die einfältige Schlagerhymne aufblüht. Da mag man die Sehnsuchts-Zeile „Hit me, baby, one more time“ kaum noch als pikant empfinden. Und das Video zeigt in seinem völlig Losgelöstsein vom Text ja auch, worum es hier geht: Das Mädchen will einfach nur für die Amerikaner tanzen! Das tut sie schon seit ihrem vierten Lebensjahr.

The Offspring: Pretty Fly (For a White Guy)

Überraschend bissig bohren diese ansonsten eher durchschnittlichen Punkrocker in den etwas tougheren Teenie-Träumen weißer Mittelstandskids: die von der street credibility cooler Gang-Rotzbengel. Mit nach vorn treibenden Gitarrenrock-Phrasen und einem rhythmisch versierten Herausbellen des Textes preschen Offspring durch unwiderstehliche drei Strophen und Minuten. Das dichte Soundgefüge läßt dabei sogar noch Platz für kleine ironische Distanzierungen wie zum Beispiel die Kastagnetten als slapstickhafte Machoanspielung. Und es passiert nicht oft, daß ein „storytelling video“ diese Mischung aus sarkastischer Übertreibung, Glamour und Tempo so vergnüglich und punktgenau begleitet.

Stefan Raulf