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1999
48. Jahrgang
Ausgabe 04
April (Inhalt)

© nmz und
autoren 1999

  nmz - neue musikzeitung

Nachschlag

Seite 44

Autor:
Reinhard Schulz

 

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Recycling

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„Es ist alles nur geklaut“, gibt die Pop-Gesangsgruppe „Die Prinzen“ selbst zu und legt damit den Finger auf die Wunde. Die Ausscheidung zum Grand Prix Eurovision brachte es wieder einmal drastisch auf den Punkt. Die blinde Sängerin Corinna May konnte sich nicht lange ihres Sieges freuen, denn der Komponist und Produzent Ralph Siegel, der mit der Gruppe „Sürpriz“ nur den zweiten Platz eroberte, fand schnell einen Haken beim Siegerlied „Hör den Kindern einfach zu“. Siegel, der eine Dauerkarte bei den Ausscheidungswettbewerben hat, kennt die Regeln, die auf Recycling-Verbot lauten. Schon früher waren bei seinen Songs verdächtige Nähen zu bereits Komponiertem aufgefallen. Nun konnte er den Spieß umdrehen und Corinna May nachweisen, daß sie etwas sang, was schon vorher veröffentlicht war. Aus war’s für sie mit der Reise nach Jerusalem. Doch auch der Spießumdreher hatte nicht lang zu lachen. Denn auch sein „Sürpriz“-Song war unschwer des Eigenplagiats zu überführen – ob es für „Sürpriz“ eine Überraschung darstellte? Bei den verbliebenen Titeln hatte man es dann anscheinend aufgegeben, nach deckungsähnlichen Vorformen der Klangexponate zu suchen.

Aber auch als sich alles noch über Corinnas Erfolg freute, gaben einige Experten zu bedenken, daß der Stil der Musik eher in die 60er als in die 90er Jahre passe. Somit läge sogar ein doppeltes Recycling vor.

Dies scheint ein signifikantes Phänomen des heutigen Kulturbegriffs zu sein. Es beschränkt sich auch keineswegs auf die Produktion von Schlagern deutscher Provenienz. Sowohl die ganze Popmusik wie auch weite Gebiete der sogenannten E-Musik bedienen sich immer intensiver bei vorliegenden Modellen. Die Beatbewegung der 60er Jahre feiert fröhliche Wiederauferstehung, meist nicht im Original, sondern in den heutigen Vorstellungen leicht angeglichenen Remakes. Die Mühe der Umarbeitung – meist eine Aufweichung der Konturen – macht man sich noch, doch die Verantwortung für den kreativen Prozeß, für den zündend innovativen Einfall will so recht keiner mehr übernehmen.

Woran mag das liegen? Ist es nur Sehnsucht nach älteren Werten? Wohl kaum. Es scheint, daß heute eine tatsächliche Unfähigkeit vorliegt, das Lebensgefühl in eine neue ästhetische Form zu fassen. Der Überdruck an schon zur Geschichte gewordener und qualitativ hochstehender Kultur, dazu die fortschreitende Digitalisierung unseres Denkens (und Fühlens) hat, so sieht es aus, zu einer Eindämmung unserer kreativen Fähigkeiten geführt. Viele Instanzen, so zum Beispiel die Schulmodellplaner, die die künstlerische Betätigung immer mehr an den Rand drängen, sehen darin nichts Schwerwiegendes. So stünden nun mal die Zeichen der Zeit und, wer überleben will, der hat sich eben anzupassen. Für die letzten Kulturromantiker sei das Alte gut genug. Es ist zur Selbstbedienung freigegeben. Siegel weiß das.

Reinhard Schulz

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