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1999
48. Jahrgang
Ausgabe 04
April (Inhalt)

© nmz und
autoren 1999

  nmz - neue musikzeitung

Jazz

Seite 35

Autor:
Marcus A. Woelfle

 

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Die schwarze Callas des Soul

Sarah Vaughan zum 75. Geburtstag: 23-CD-Edition der Mercury-Aufnahmen

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Mit einem einzigen Ton konnte sie demonstrieren, welche Spielchen allein durch Veränderungen des Timbres möglich sind. Ihrer pianistischen Ausbildung verdankte sie ein ausgeprägtes Harmoniegefühl, das ihrem Scat erlaubte, zum vokalen Pendant der Bebop-Solistik eines Parker oder Gillespie zu werden.

vaughan.jpg (11831 Byte)Vor 75 Jahren, am 27. März 1924, ertönte Sarah Vaughans Stim-me zum ersten Mal in Newark, New Jersey. Die Klänge der musikalischen Eltern wurden ihre Inspirationsquelle. Sarahs Mutter Ada sang Spirituals im Kirchenchor. Der Vater spielte Gitarre und sang Volkslieder. Sarah erlernte das Repertoire ihrer Eltern. Obgleich sie später keine ausgesprochene Gospelinterpretin wurde, blieb sie ihren Wurzeln doch nah. „Man muß Soul im Gesang haben“, blieb ihr lebenslanges Credo. Sarah erhielt Klavier und Orgelunterricht, im Chor reifte die bewegende Ausdruckskraft ihrer Stimme; mit zwölf war sie bereits Kirchenorganistin. Alles deutete auf eine Berufung zur Chorleiterin hin, was die fromme Familie lieber gesehen hätte als eine Hinwendung zur Musik vergnügungs-süchtiger Nachtschwärmer.

Aber da wurde durch das Pianospiel im Orchester der Newark Arts High School und durch Singen auf Partys schon der Grundstein zur späteren Karriere gelegt. Von Freunden bedrängt, tat sie erst 1942 den entscheidenden Schritt in die weltliche Richtung der afroamerikanischen Musik: Sarah nahm an einer Amateurkonkurrenz im Harlemer Apollo Theater teil und gewann den ersten Preis. Als Count Basie 1943 eine Sängerin suchte, hörte er sich wochenlang während der Auftrittspausen im Roxy Theater verschiedene Bewerberinnen an. Er lag dabei gemütlich auf der Couch, denn die Rolle der Beraterin und Begleiterin an den schwarzen und weißen Tasten übernahm die 19jährige Sarah Vaughan. In seiner Autobiographie bereute der Count 40 Jahre danach: „Erst später wurde mir klar, daß ich während der ganzen Zeit, die ich mit der Suche nach einer Sängerin verbrachte, eine der größten Sängerinnen der Welt vor mir hatte, die jeden Tag vorbeikam und Klavier spielte, damit ich mir andere Sängerinnen anhören könnte.“

Diese Anekdote ist kennzeichnend. Sarah Vaughan war schüchtern und viel zu bescheiden, um Basie selbst um die Stelle zu bitten. Zeitlebens blieb die Vergötterte eine empfindliche Künstlerin, die gestand, Angst vor seelischen Verletzungen zu haben. Die Triebfeder für ihren ungeheuren Drang nach Vervollkommnung ist wohl hier zu suchen. Früh lobten dagegen die Kritiker ihre „disziplinierte Stimmführung“, die „Intonationssicherheit“, das „kontrollierte Vibrato“. Wer ihre Stimme als Naturgabe betrachtet, verkennt den zähen Fleiß, mit dem „Sassy“ sie jahrzehntelang modellierte.

In den ersten Jahren des Bebop hatte Sarah Vaughan das Glück, in den Bands von Earl Hines und Billie Eckstine unter einem Haufen musikbesessener Innovatoren zu landen, die sie als ihresgleichen akzeptierten, und so wurde sie zu einer „musician’s singer“. 1947 heiratete sie den Trompeter George Treadwell, der auch nach der Scheidung ihr Manager blieb. Die junge Sarah hatte noch sehr wenig Selbstbewußtsein: Als sie bei einem Auftritt im Chicago Theater mit Tomaten beworfen wurde, brachte sie eine Weile keinen Ton mehr heraus. Ihr Entschluß, nie wieder zu singen, stand fest. Treadwell investierte sein ganzes Vermögen, um „Sassy“ ihr mangelndes Selbstvertrauen wiederzugeben. Er ließ ihr von einem plastischen Chirurgen eine dünnere Nase verpassen, schickte sie zum Kieferorthopäden und in Schönheitssalons, bezahlte Gesangsstunden, Sprecherziehung und ließ sie neu einkleiden. Auch ihr zweiter Mann, C. B. Atkins, den sie 1958 heiratete, schlüpfte in die Managerrolle. Ihr dritter Gatte Marshall Fisher war Restaurator, ihr vierter Ehemann Waymon Reed war schließlich wieder Trompeter.

Große Brüche gab es keine in „Sassys“ langer Laufbahn. Die Jahre 1967 bis 1971, als Phänomene wie Beatles und Rock einige andere Stars der populären Musik auf das Abstellgleis brachten, bedeuteten für Sarah nur ein Loch in der Diskographie. Sie verzichtete nun oft auf Clubengagements zugunsten weniger, aber gutbezahlter Konzert- und Festivalauftritte und ließ sich verstärkt von Sinfonieorchestern begleiten. Auch das letzte Lebensjahrzehnt brachte der 1990 verstorbenen Sängerin Ehrungen. 1982 erhielt sie den „Grammy for the best Vocal Jazz Performance“ und 1989 den „Lifetime Achievement Grammy“. 1985 wurde sie in die Hall Of Fame des Down Beat gewählt. Die Jazzfrauen, die mit sieben Dutzend Männern diese Auszeichnung teilen, kann man an den Fingern einer Hand abzählen: Ella Fitzgerald, Billie Holiday, Bessie Smith und als einzige Instrumentalistin Mary Lou Williams.

Marcus A. Woelfle

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