Bei
den Berliner Philharmonikern mehren sich die Zeichen einer neuen
Zerreißprobe. Claudio Abbado, seit 1990 und noch bis 2002
Chefdirigent des deutschen Eliteorchesters, liegt im Streit mit
dem bereits im kommenden Jahr ausscheidenden Philharmoniker-Intendanten
Elmar Weingarten. Wie ein Nachrichtenmagazin berichtet, soll sich
der Dirigent fast erpresserisch weigern, noch länger
unter Weingartens Ägide zu taktieren. Dazu kann man nur sagen:
Nur weiter so!
Die
zweite Meldung kommt ebenfalls aus Berlin: Barenboim mag nicht länger
an der Lindenoper den Chef spielen. Er will gehen oder auch nicht
oder nur halb und halb, weil ihm seine Staatskapelle doch so am
Herzen liegt, deren Musiker er endlich auf die Tarifhöhen von
Philharmonikern oder bayerischen Staatsorchestern hieven möchte,
weshalb er eine Erhöhung der Opernsubventionen um zehn Millionen
Mark fordert. Richtig, weiter so!
Dritte
Meldung: Nicht zehn Millionen Mark mehr, sondern drei Millionen
weniger soll der Generalintendant der Kölner Bühnen, Günter
Krämer, von der Stadt erhalten. Auch gefällt ihm die drohende
Umwandlung der Bühnen in einen kommunalen Eigenbetrieb nicht.
Was tun? Ganz einfach: Kündigen, vorzeitig zum Ende der nächsten
Spielzeit. Seine Regiearbeit in Köln will Krämer trotzdem
fortsetzen, was logisch erscheint, gibt es dafür doch schöne
Regiehonorare, auf die man keinesfalls verzichten sollte. Nur weiter
so!
Immer weiter geht es auch an den Frankfurter Bühnen: Mit
dem Chaos. Martin Steinhoff, Opernintendant und geschäftsführender
Intendant wollte auch Geschäftsführer der bevorstehenden
Theater-GmbH werden. Die Stadt will aber keine Doppelfunktionen
mehr, weil gegen diese auch die beiden anderen Spartenintendanten
von Schauspiel und Ballett sind. Also: Kündigung. Steinhoff
legt vorzeitig seine Intendanzen nieder. Jeder streitet wider den
anderen, sogar der sonst so beherrschte Ballettchef William Forsythe
und der Generalmusikdirektor mischen sich aufmüpfig ein, und
der Kulturdezernent raucht sein Pfeifchen und schaut, im selbstproduzierten
Qualm sich verbergend, schon lange nicht mehr durch.
Es wäre nun ein Leichtes, die Schuld an dem ganzen Schlamassel,
in Berlin, in Köln, in Frankfurt wo noch? einmal
mehr den Politikern anzulasten. Aber im Zank ums Geld verlieren
zunehmend auch die Künstler Nerven und Haltung. Von Intendanten
und Chefdirigenten darf man wenigstens ein Quäntchen an Fähigkeit
verlangen, auch politisch zu argumentieren, auf der Klaviatur des
Politischen zu agieren. Sonst sollten sie sich nicht in die Führungspositionen
großer Kunstinstitute drängen. Was die künstlerisch
Verantwortlichen in den genannten Fällen derzeit aufführen,
versetzt sie auf das Niveau der mit Recht kritisierten Kulturpolitik.
Unanständig sind alle. Nicht weiter so!