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nmz-archiv
nmz 2000/11 | Seite 55
49. Jahrgang | November
Musiker und Musikerzieher
Berufe im Wandel
Sängerinnen und Sänger zwischen Ausbildung und Praxis
Exzerpt aus einem Vortrag von Heiner Gembris · Über
ein Forschungsprojekt an der Universität Halle
...im Wettgesang müsst ihr bestehn dieser
Kerngedanke aus den Meistersingern von Nürnberg
trifft wie kein zweiter die Situation der frischgebackenen Sängerinnen
und Sänger. Typisch für einen Wettgesang ist, dass die
meisten Wettstreiter trotz größter Mühen keinen
Preis erhalten. Wahrgenommen werden nur die Sieger im Rampenlicht,
und die große Mehrheit im Dunkeln, die sieht man nicht. Dies
ist in der Oper so, aber noch mehr im wirklichen Leben.
V orgestellt wird hier ein Forchungsprojekt, in dem es auch um
einen Sängerwettstreit geht, und zwar um den Wettstreit der
zahlreichen Sängerinnen und Sänger um die wenigen Engagements
und raren Positionen, die der Arbeitsmarkt bietet. Das sogenannte
Absolventen-Projekt befasst sich mit der Übergangsphase von
der künstlerischen Ausbildung an der Musikhochschule in das
Berufsleben. Im Mittelpunkt des Absolventen-Projekts steht die Lebenssituation
von Sänger/-innen und Instrumentalist/-innen, die ihre Ausbildung
an der Hochschule beendet haben und ihre berufliche Karriere auf
dem Arbeitsmarkt beginnen wollen.
Ergebnisse aus einer Befragung
von Agenten der ZBF
Die Gesprächspartner der Zentralen Bühnen-, Film- und
Fernsehvermittlung (ZBF) in Frankfurt und Leipzig zeigten sich sehr
interessiert an diesem Projekt. Allgemein kann man sagen, dass die
ZBF sehr bemüht ist, mit den Hochschulen in Kontakt zu kommen
und möglichst frühzeitig durch entsprechende Informationsveranstaltungen
und Vorsingen im Rahmen des Gesangsstudiums die Studierenden des
Faches Gesang über den Arbeitsmarkt und seine Anforderungen
zu informieren. Dieses Angebot wird von den Hochschulen jedoch unterschiedlich
genutzt.
Zunächst setzt sich auf dem Arbeitsmarkt eine Struktur weiter
fort, die bereits typisch für die Ausbildung ist: Die meisten
Absolventen streben eine Karriere als Solist oder Solistin an. Obwohl
ein Engagement als Chorsängerin oder Chorsänger eine größere
soziale Sicherheit und ein höheres Einstiegsgehalt bietet,
wird diese Möglichkeit von vielen als weniger attraktiv angesehen.
Die Arbeitsmarktsituation, mit der die Absolventen bei ihrem Start
in den Beruf konfrontiert werden, stellt sich in der Erfahrung der
Agenten etwa folgendermaßen dar: Auf der einen Seite gibt
es einen dramatischen Überhang an lyrisch ausgebildeten Frauenstimmen.
Gleichzeitig gilt der Alt augenblicklich noch als ein Mangelfach.
Die Situation für Sopranistinnen wird von allen Befragten übereinstimmend
als dramatisch und tragisch bezeichnet, weil es viele gut oder sogar
sehr gut ausgebildete Sängerinnen gibt, die aber praktisch
nicht vermittelbar sind, weil die entsprechenden Stellen fehlen.
Die Erfahrungswerte der ZBF in Frankfurt beispielsweise liegen bei
40 bis 50 guten und daher vermittelbaren lyrischen Stimmen, von
denen aber nur fünf oder sechs pro Jahr in den solistischen
Bereich vermittelt werden können. Diejenigen, denen das nicht
gelingt, singen dann häufig für entsprechende Stellen
im Chor vor. Das hat zur Folge, dass das sängerische Anspruchsniveau
sich auch für diese Chorstellen schnell hochgeschraubt hat
und praktisch nur noch auf Solo-Niveau vermittelt wird. Je nach
Geschmack und Gewohnheit von Chordirektoren singen nach Erfahrungen
der ZBF bis zu 60 Frauen für eine Chorstelle im Sopran- oder
ersten Altfach vor. Eine gewisse Ausnahme bildet nur das tiefe Altfach,
weil es schon von Natur aus weniger tiefe Frauenstimmen gibt. Da
aber auch nicht so viele Chorstellen vakant sind wie es Bewerberinnen
gibt, müssen wiederum nach Erfahrungen der ZBF
selbst sehr gute lyrische Stimmen in der Regel sechs bis zwölf
mal vorsingen, bevor sie ein Engagement erhalten. So kommt es nicht
selten vor, dass zwischen Hochschulabschluss und erstem Vertrag
zwei Jahre vergehen. Natürlich drängen in der Zwischenzeit
neue Absolventen auf den Markt. Zusätzlich wird die Konkurrenzsituation
durch sehr gut ausgebildete ausländische Sängerinnen und
Sänger verstärkt, die ebenfalls in beträchtlichen
Zahlen auf den deutschen Arbeitsmarkt strömen. Da das Anspruchsniveau
insgesamt sehr hoch liegt, haben die Sängerinnen, die bescheidenere
Leistungen erbringen und von ihrem Aussehen oder ihrer künstlerischen
Ausstrahlung her Konkurrenznachteile haben, umso gravierendere Bewerbungsnachteile.
Anders verhält es sich bei den Männerstimmen. Hier gibt
es seit einigen Jahren offenbar sowohl im Chor- als auch im Solobereich
gewisse Nachwuchsprobleme. Zum Zeitpunkt der Interviews (Anfang
1999) gab es nach Auskunft der ZBF in Frankfurt ungefähr 60
offene Stellen für Chortenöre, von denen im Jahr erfahrungsgemäß
etwa vier bis sechs nicht besetzt werden können, weil es an
geeignetem Nachwuchs fehlt. Relativ günstig sieht die Situation
auch für Bassisten aus: Während sich früher auf eine
Vakanz im Chor ungefähr zehn Sänger beworben haben, gibt
es heute nur noch drei bis vier geeignete Kandidaten. Das hat zur
Folge, dass sich hier das Anspruchsniveau nicht so hochgeschaukelt
hat und gelegentlich auch ein Kandidat Erfolg haben kann, dessen
sängerische Leistungen eher mittelmäßig sind.
Dana Bryant im Tränenpalast
1993, Foto: M. Hufner
Diese Arbeitsmarktschilderungen können durch einige konkrete
Zahlen untermauert werden, die aus den Statistiken des Bühnenvereins
stammen und zum Beispiel im MusikAlmanach 1997/98 und 1999/2000
nachzulesen sind. Nach diesen Angaben haben im Studienjahr 1996/97
insgesamt 1.162 Studierende das Hauptfach Gesang studiert. Zwei
Drittel davon (66 Prozent) sind Frauen. Insgesamt hat die Zahl der
Gesangsstudenten im Vergleich zum Studienjahr 1992/93 um acht Prozent
zugenommen. Noch stärker ist im selben Zeitraum die Zahl der
Absolventen gestiegen, und zwar seit 1993 um insgesamt 24 Prozent
auf 183 Absolventen im Jahr 1997.
Der Arbeitsmarkt entwickelt sich jedoch in entgegengesetzter Richtung.
Im selben Zeitraum ist die Zahl der festen Gesangsstellen in den
Ensembles der öffentlichen Musiktheater um 16 Prozent auf 1.622
gesunken. Wenn man die allerneuesten Zahlen hinzunimmt, ist die
Anzahl der fest engagierten Sänger 1997/98 noch weiter (auf
1.583) zurückgegangen, womit der Rückgang sich inzwischen
auf über 18 Prozent beläuft. Im Bereich des Opernchores
sind die Beschäftigungsmöglichkeiten ebenfalls zurückgegangen,
und zwar von der Spielzeit 1992/93 zu 1997/98 um gut 10 Prozent.
Mit anderen Worten: Zunehmend mehr Absolventen, besonders Absolventinnen,
bewerben sich um immer weniger Stellen. Ist es einem jungen Absolventen
(schwierig) oder Absolventin (sehr viel schwieriger) gelungen, einen
Solisten-Vertrag für ein oder zwei Jahre zu ergattern, stellt
sich die Frage, wie es nach Ende des Vertrages beruflich weitergehen
wird. Zwei Aspekte des Arbeitsmarktes spielen dabei und auch für
die spätere berufliche Entwicklung der Sängerinnen und
Sänger eine wichtige Rolle: einerseits die oben beschriebene
allgemeine Situation der deutschen Theater, andererseits die tarifrechtliche
Gestaltung der Arbeitsverträge.
Die Arbeitsmarktsituation für Sänger/-innen hängt
ganz wesentlich ab von der Situation der Musiktheater. Hier geht
die Tendenz eindeutig dazu, aus finanziellen Gründen Theater
und Ensembles zusammenzulegen oder gar ganz zu schließen,
wie dies vor allem in den neuen Bundesländern bereits mehrfach
der Fall gewesen ist. Ob dieser Trend durch zusätzliche Vakanzen
bei Festivals, Festspielen oder anderen zeitlich begrenzten Musikfesten
kompensiert werden kann, ist offen. Eine andere Beobachtung in diesem
Zusammenhang ist die Tendenz, Sänger/-innen schneller auszutauschen
und andere zu engagieren. Auch darauf müssen sich Sängerinnen
und Sänger vorbereiten.
Ein weiterer Aspekt kommt hinzu: Durch den allgemeinen Usus der
Opernhäuser, im 13. Vertragsjahr zum 15. Vertragsjahr zu kündigen,
um den Status der Unkündbarkeit zu vermeiden, sind Solisten
in der Regel spätestens dann gezwungen, an eine andere Bühne
zu gehen, sich gehaltsmäßig zurückstufen zu lassen
oder freiberuflich tätig zu sein. Hier sind sie dann mit dem
Problem konfrontiert, dass auf dem Arbeitsmarkt nicht in erster
Linie erfahrene, sondern vor allem junge Sänger gefragt sind,
insbesondere bei den Frauenstimmen. Die kritische Altersgrenze liegt
bei tiefen Bässen und zweiten Alt bei 40 Jahren, bei den Männerstimmen
gelegentlich in Ausnahmefällen bei 41 oder 42 Jahren. Im überlaufenen
Sopranbereich dagegen liegt die Altersgrenze bei 30 bis 32 Jahren.
Sogar hochqualifizierte Kräfte sind dann nur noch sehr schwer
zu vermitteln. Eine 40-jährige Soubrette gilt bei der ZBF als
unvermittelbar. Hier stellt sich die sehr schwierige Frage, wie
es dann beruflich weitergeht. Neben einer freiberuflichen Tätigkeit
als Sängerin oder Sänger, die meist sehr unsicher und
problematisch ist und der Möglichkeit, zu unterrichten, bleiben
nicht viele Möglichkeiten einer festen Tätigkeit.
Eine Befragung von Gesangsstudierenden
Vor diesem eher trüben Hintergrund ist es interessant, die
Frage zu stellen, inwieweit diese Berufs- und Arbeitsmarktsituation
den Studierenden des Faches Gesang überhaupt bekannt oder bewusst
ist. Daher folgen hier einige Zwischenergebnisse einer aktuellen
Befragung von Studierenden des Faches Gesang, die zur Zeit durchgeführt
wird.
Vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen ist die Frage
interessant, wie die Studierenden den Arbeitsmarkt einschätzen.
Die entsprechenden Fragen lauteten: Wie beurteilen Sie die
allgemeine Lage auf dem Arbeitsmarkt für Sänger/-innen?
und Wie schätzen Sie Ihre persönlichen Chancen auf
dem Arbeitsmarkt ein? Diese und andere Fragen konnten mit
einer fünfstufigen Skala zwischen sehr gut und
sehr schlecht beantwortet werden.
Bemerkenswert an diesen Ergebnissen scheint folgendes: Zwar schätzt
niemand die Arbeitsmarktlage als sehr gut ein, und nur
eine Minderheit von fünf Prozent meint, die Arbeitsmarktsituation
sei gut. Aber fast die Hälfte der Befragten bewertet
die Arbeitsmarktlage immerhin als befriedigend. Die
andere Hälfte dagegen ist in ihrem Urteil realistischer. Vergleicht
man nun die Einschätzung der Arbeitsmarktlage mit der Einschätzung
der persönlichen Chancen, ist eine auffällige Diskrepanz
festzustellen: Die persönlichen Chancen werden fast durchweg
positiver eingeschätzt als die Arbeitsmarktlage. Nur fünf
Prozent betrachten die Arbeitsmarktlage als gut, aber
41 Prozent schätzen ihre persönlichen Chancen als gut
ein. Zwar sehen 18 Prozent die Arbeitsmarktlage als sehr schlecht
an, aber nur drei Prozent betrachten ihre eigenen Chancen als sehr
schlecht. Über die Ursachen dieser Diskrepanzen kann
man im Moment nur spekulieren: Ist es Fehlinformation, Zweckoptimismus,
Selbstüberschätzung, Verdrängung? Einstweilen muss
diese Fragte unbeantwortet bleiben.
Faktoren, die den beruflichen
Erfolg beeinflussen
Wenn die Absolventen die Hochschule verlassen haben und sich um
Engagements bemühen, ist eine der ersten Fragen, mit der sie
sich beim Vorsingen konfrontiert sehen: Welche Qualifikationen werden
erwartet, welche bringe ich mit?
Die folgenden Ausführungen beziehen sich speziell auf die
Frage, welche Fähigkeiten und Eigenschaften ein Sänger
oder eine Sängerin aus der Sicht der Agenten besitzen muss,
um erfolgreich als Solist an ein Opernhaus vermittelt werden zu
können.
Natürlich spielen die stimmlichen Qualitäten eine ganz
wesentliche Rolle, zum Beispiel ein gute stimmliche Veranlagung,
eine ausdrucksvolle Stimme, schönes Timbre, gute Gesangstechnik
und Atemführung. Hervorragende sängerische Qualifikationen
sind die Grundvoraussetzung. Das allein aber reicht für eine
sängerische Karriere meist nicht aus. Darüber hinaus spielen
noch eine Reihe von anderen Faktoren eine Rolle, die in der obenstehenden
Tabelle zusammengefasst sind.
Erste Schlussfolgerungen und
Fazit
Welche Schlussfolgerungen wären daraus in Hinblick auf Ausbildung
und Studium zu ziehen? Ein schmerzhaftes Fazit aus der zunehmenden
Diskrepanz zwischen sinkenden Arbeitsmöglichkeiten und steigenden
Studenten- und Absolventenzahlen ist, dass eine wachsende Zahl von
aufwendig ausgebildeten Sängerinnen und Sängern ihren
Lebensunterhalt in gesangsfremden Bereichen verdienen muss. Es ist
klar, dass dies kein wünschenswerter Zustand ist. Die Frage
ist, wie dieser Zustand geändert werden kann. Da nicht zu erwarten
ist, dass sich die Arbeitsmarktsituation verbessert, sondern eher
das Gegenteil der Fall sein wird, kann eine Lösung nur darin
bestehen, die Anzahl der ausgebildeten Sänger/-innen zur reduzieren
und diese gleichzeitig besser auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten.
Wie könnte das erreicht werden?
1. Bereits vor der Aufnahmeprüfung und vor dem Studium müssten
die an einem Gesangsstudium interessierten Gesangsschüler/-innen
durch Musikschulen und ihre Gesangslehrer/-innen umfassend und realistisch
über Berufsperspektiven und Arbeitsmarkt informiert werden.
Die von Herrn Dr. Büttner neu formulierten Blätter
zur Berufskunde tun dies in der notwendigen Deutlichkeit.
Jede/-r Gesangsschüler/-in und jede/-r ihrer Lehrer/-innen
sollte sich damit auseinander gesetzt haben, bevor man sich für
ein Gesangsstudium entscheidet. Realistische Informationen über
die Arbeitsmarktperspektiven und eine gründliche Beratung durch
die verantwortlichen Gesangslehrer/-innen tragen wahrscheinlich
dazu bei, dass sich von vorneherein weniger Kanditat/-innen um ein
Gesangsstudium bewerben.
2. Die Hochschulen sollten zumindest zeitweise weniger Hauptfach-Gesangsstudenten
ausbilden. Diese müssten durch eine veränderte Aufnahme-Prüfung
noch sorgfältiger in Hinblick auf den späteren Beruf ausgewählt
werden. Die Aufnahmeprüfungen sollten folgende Aspekte berücksichtigen:
noch strengere fachliche Auswahl,
deutliche Reduktion theoretischer Fächer wie Harmonielehre,
Musiktheorie oder praxisfremde Gehörbildung, statt dessen:
persönliche Aufnahmegespräche, in denen Aspekte
wie Persönlichkeit und Motivation berücksichtigt werden,
statt theoretischer Prüfungen kleine Schauspielproben,
Sprechproben, Darstellungsaufgaben und so weiter,
eventuell Einbeziehung von Vertretern der Praxis (zum Beispiel
Agenturen) in das Prüfungsgremium.
3. Es bedarf einer grundlegenden Reform des Studiums. Die Richtung
der Reformen müsste darauf abzielen, dass
a) der Praxisbezug gesteigert wird,
b) überflüssige theoretische Fächer abgebaut werden
und
c) statt dessen andere praxisrelevante, aber auch für andere
Gebiete außerhalb des Gesangs nützliche Fächer
eingeführt werden (zum Beispiel Organisation und Selbstmanagement,
Musikermedizin und so weiter).
olgende konkrete Gesichtspunkte könnten im einzelnen dabei
eine Rolle spielen:
mehr Hauptfachunterricht vor allem in den Anfangssemestern,
mehr Repertoire- und Partienstudium, mehr praxisbezogene Korrepetition;
obligatorische Praktika an Theatern und Agenturen;
weniger Musiktheorie und Harmonielehre, statt dessen:
pragmatische Musikgeschichts- und praxisbezogene Gehörbildungsveranstaltungen;
Einführungen in Musikpsychologie (zum Beispiel Themen
wie Begabung und Entwicklung) und Musiksoziologie (zum Beispiel
Themen wie Musikleben und seine Institutionen);
obligatorische Veranstaltungen über Berufskunde, die
nicht nur Kenntnisse über den Sängerberuf vermittelt,
sondern auch Wissen über den Musik- und Arbeitsmarkt, Bewerbung
bei Agenturen, Selbstmanagement und Ähnliches;
Musikermedizin: Wissen über Gesundheit und Krankheitsprävention,
Entspannungsverfahren, Umgang mit Lampenfieber, Stressbewältigung
und so fort;
Einführung eines Mentoren-Systems, bei dem die Studierenden
gleich zu Studienbeginn für eine gewisse Zeit durch einen
erfahreneren Sänger oder Sängerin aus der Berufspraxis
betreut werden;
zusätzliche Angebote, die Bezug zum Gesang haben,
aber auch für andere Bereiche nützlich sein könnten
(transferable skills): zum Beispiel Rhetorik, Einblick in Kulturmanagement,
Sprachen, Verhandlungsführung und Organisationsvermögen,
soziale Kompetenzen, Pädagogik/praxisbezogene Didaktik, Computer,
Atemtherapie sonstige therapeutische Bereiche (Entspannungsverfahren,
Musiktherapie ...);
szenischer Unterricht mit Regisseuren aus der Praxis;
eventuell postgraduale Weiterbildungsangebote von Seiten
der Hochschulen.
Last but not least wäre ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt
die Abschaffung der langen Semesterpausen mit dem Ziel einer kontinuierlichen
Betreuung und eines kürzeren Studiums. Allerdings provozieren
solche Vorschläge zunächst einen Aufschrei und Widerstand
bei den Hochschullehrer/-innen und sind kurzfristig wohl auch
nicht durchsetzbar.
In anderen europäischen Ländern gibt es verstärkte
Bemühungen, durch ähnliche Projekte die Musiker/-innen
besser auf das veränderte berufliche Umfeld vorzubereiten.
Es ist höchste Zeit, dass sich auch die deutschen Hochschulen
diesen Herausforderungen stellen.
Heiner Gembris, Professor für Musikwissenschaft an der Universität
Halle