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nmz-archiv
nmz 2000/11 | Seite 56
49. Jahrgang | November
Musiker und Musikerzieher
Berufe im Wandel
Mehr Musik in der Schule, aber wie?
Vernetzung und Kooperation bieten neue Chancen · Von Wolfhagen
Sobirey
Vor allem fehlen Schulmusiker/-innen in den Grund- und Hauptschulen.
Aber auch die Fachkolleg/-innen in den Gymnasien fürchten,
dass das Schulfach Musik Stück für Stück zurückgeschnitten
wird. Was können wir tun?
Die Ausbildungsstätten müssen die Zahl der Studienplätze
für Schulmusik an Grund- und Hauptschulen erhöhen, wenn
nicht gar verdoppeln. Jahr für Jahr legen an den deutschen
Hochschulen und Konservatorien zig Pia-nisten ihre Examina ab
obwohl es den Beruf des Pianisten de facto kaum gibt. Keine Frage,
die Ausbildungsstätten lieben das Ausbilden Ihrer Instrumentalisten
und Sänger über alles. Was sie nicht so lieben, ist die
Arbeit in der Schulmusikabteilung. Außerhalb der Hochschulen
gibt es massenweise Instrumentalisten, die ohne rechte Arbeit sind,
7.500 Berufssänger sollen arbeitslos gemeldet sein. Aber die
Schulmusiker in den Grund- und Hauptschulen fehlen. Hier ist ein
Umsteuern beim Stelleneinsatz dringend notwendig. In einigen Ausbildungsstätten
werden noch nicht einmal alle vorhandenen Plätze besetzt. Oder
der Studienplatz für das Lehramt an Grundschulen ist nur Durchgangsstation:
Wenn ich mit der Geige weiter gekommen bin, wechsle ich in
die Gymnasialabteilung.
Studienmotivation
Es gibt zu viele Musikpädagogen, die eigentlich gar nicht
Lehrer werden wollten. Die Aufnahmeprüfungen sollten bewirken,
dass nur pädagogisch motivierte Persönlichkeiten diese
Studienplätze bekommen. Vorsicht vor hochentwickelten Instrumentalisten,
die nur zur Absicherung Schulmusik studieren. Vorsicht vor ehemaligen
Jugend-musiziert-Preisträgern, die nur der Karriereknick
nach dem Abi-tur zur Schulmusik treibt. Vielleicht sollten sie lieber
einen nicht-künstlerischen Beruf ergreifen und engagierte Freizeitmusiker
bleiben? Wie viele haben schon nur zur Sicherheit Schulmusik
studiert und fanden sich anschließend als Pädagogen wieder?
Wie viele haben Schulmusik studiert, um noch etwas auf dem
Instrument weiterzukommen, landeten am Ende aber in der Schule?
Vorsicht vor allen, die im Studium nur sich selbst entwi-ckeln möchten.
Selbstverständlich muss es auch in einem Pädagogikstudium
Muße geben, sich selbst zu entwickeln. Aber das Unterrichten,
das allen Träumen zum Trotz wie das Amen in der Kirche bei
fast allen auf das Studium folgt, muss von Anfang an als gleichberechtigtes
zweites Hauptfach dabei sein. Zum Schutz der Kinder und Jugendlichen
und zum Erhalt des Musikunterrichts. In den Pä-dagogikstudiengängen
brauchen wir Menschen, denen es Freude macht, andere für die
Musik zu gewinnen, die einen Sinn für sich darin sehen, Entwicklungen
anderer anzuregen. Wie schaffen wir es also, dass es weniger Pädagogen
gibt, die notgedrungen unterrichten? Wie schaffen wir
es, dass die Pädagogik ein positiveres Ansehen bekommt?
Praxisnähe
Die Ausbildung der Musiklehrer muss an den meisten Ausbildungsstätten
praxisnah aktualisiert werden. Der Schulmusiker erwirbt seine Praxiserfahrungen
im Studium zumeist nur, indem er Mitstudierende unterrichtet. Später
hat er fast immer mit Kindern beziehungsweise Amateuren zu tun.
Wo wird er ausreichend darauf vorbereitet? Die Ausbildungsstätten
müssen die Studieninhalte, Lehr- und Lernmethoden so ändern,
dass sich vor allem wieder mehr Abiturienten zum Studium der Schulmusik
an Grund- und Hauptschulen entschließen, weil sie die Überzeugung
gewinnen können, dass Musikunterricht dort ein gutes Fach ist,
ein Fach, mit dem man als Lehrkraft auch überleben kann. Zum
Glück regt es sich jetzt an vielen Ausbildungsstätten.
Beten wir, dass den Reformern nicht die Puste ausgeht.
Da das Musizieren in der Familie und anderen gesellschaftlichen
Strukturen fast verschwunden ist, sollten wir uns stark mit der
musikalischen Sozialisation vor und außerhalb der Schule,
also in den Krippen, Kindergärten, Vorschulen, Kirchen, Vereinen
beschäftigen. Davon wird dann auch das Schulfach Musik profitieren.
Deshalb muss das Ausbildungsfach Musik auch in der Ausbildung der
Erzieherinnen und Erzieher einen größeren Stellenwert
erhalten. Je eher der Kontakt zur Musik hergestellt wird, desto
wirkungsvoller. Damit spätestens die Kinder in den Kindertagesstätten
und Kinderläden mehr zum aktiven musikalischen Tun angeregt
werden.
Kapazitäten nutzen
Ausgebildete Schulmusiker/-innen für das Lehramt an Grund-
und Hauptschulen sollten in erster Linie Musikunterricht erteilen.
Wir können es uns zur Zeit nicht erlauben, dass Musikfachkräfte
meist andere Fächer unterrichten. In der Grundschule behindert
uns das Klassenlehrerprinzip. Ist die Schulmusikerin in der Grundschule
Klassenlehrerin, muss sie bestrebt sein, möglichst viele Stunden
in der eigenen Klasse zu erteilen. Die beiden obligatorischen Musikstunden
wird sie schon geben. Aber die meisten ihrer Stunden verbringt sie
mit Lesen, Schreiben, Rechnen und so weiter. Höchstens zwei,
drei oder vier Musikstunden kann sie in anderen Klassen als Fachlehrerin
erteilen. Dabei geht dem Fach Musik zuviel Personalkapazität
verloren.
Musikfachkräfte, die mutlos geworden sind, sollten wir mit
speziellen Fort- und Weiterbildungen zu neuem Interesse, neuem Mut
und neuer Motivation verhelfen. Die Schulträger müssen
die Fort- und Weiterbildung im Schulfach Musik erheblich verstärken.
Je weniger die Ausbildung den Bedarf trifft, desto mehr Kapazität
muss in die Fort- und Weiterbildung gesteckt werden. Könnte
es sein, dass es auf dem Markt für Musikschullehrkräfte
mehr Fortbildungsangebote gibt?
Und wenn die Fachkapazitäten doch nicht reichen? Dann können
wir mit großem Nutzen für die Kinder und die Musik die
Mitwirkung von Musikschullehrkräften, Kirchenmusikern oder
Instrumentalisten einbeziehen. Die sollten dann aber auch als Musikschulkräfte,
Kirchenmusiker beziehungsweise Instrumentalisten arbeiten und nicht
den Schulmusiker spielen oder spielen müssen, sollten
ihren Qualifikationen entsprechend als interessante Experten Chöre
und Ensembles leiten, Musikschulfächer unterrichten, Instrumentalunterricht
in Gruppen erteilen und so fort.
Musik als Fach für alle
Musik in der Schule darf nicht ein Fach für wenige werden.
Denn in dieser Richtung fährt der Zug. In unserem Leben ist
Musik ein dominanter Faktor. Deutschland ist der drittgrößte
Musikmarkt der Welt. Ist es möglich, dass die allgemein bildende
Schule auf diesen umfangreichen Aspekt heutiger Lebenswelt eines
Tages nicht mehr vorbereiten sollte? Nur in der Schule können
wir alle Menschen erreichen, nur in der Schule können wir sie
für den Umgang mit Musik gewinnen, den wir meinen, nämlich
den aktiv-gestaltenden und verstehenden Umgang.
Aber die Musik selbst, musikalische Erfahrungen aus erster
Hand müssen im Vordergrund stehen. Der Unterricht sollte
mehr praktische, gestaltende, erlebnishafte und ganzheitliche Begegnungen
mit Musik ermöglichen.
Wir brauchen eine ganzheitliche Musikpädagogik. Wir haben
nicht nur eine Sinn-Krise, sondern auch eine Sinnen-Krise. Unsere
Kinder laufen in der Regel noch mit allen Sinnen in der Welt herum
und wollen auch mit allen Sinnen genommen werden. Sie lernen auch
besser, wenn sie mit allen Sinnen lernen dürfen.
Foto: M. Hufner
Wir brauchen eine neue Didaktik und Methodik der älteren,
der klassischen Musik. Wir müssen aufhören,
so zu tun, als ob die Musik Beethovens die Musik der heutigen Jugend
ist. Beethoven hat das Zeug, wichtig bleiben zu können. Auf
welchen Wegen kann hier wieder mehr Zugang geschaffen werden?
Musikstudium und Musikunterricht sollten sich vor allem der Musik
und den musikalischen Praxen der Gegenwart zuwenden, der aktuellen
Musik der Massen (das heißt, der Musik, die gehört wird),
der aktuellen Kunstmusik, der Musik in den neuen Medien. Im Internet
spielt die Musik längst die zweite Geige. Konkurrent Kunstunterricht
beschäftigt sich viel mehr mit Produkten, Techniken und Materialien
der Gegenwart als der Musikunterricht. Sicher auch ein Grund, warum
Schüler in Wahlpflichtbereichen viel häufiger Kunst wählen
als Musik.
Der Musikunterricht sollte auch ein anderes Verhältnis von
Produktion und Reproduktion haben. Auch hier hat die bildende Kunst
die Nase vorn. In unserer Musikkultur werden Instrumentaltechnik
und Interpretation zu ausschließlich betrieben, spielt das
Nachspielen von Musik, die andere erdacht haben, spielt das Musizieren
nach Noten eine übergroße Rolle. Die Kreativität
kommt zu kurz. Das Niveau, das wir bei Instrumentaltechnik und Interpretation
haben, sollten wir halten. Aber die Produktion von Musik, das Erfinden
eigener Musik, die Improvisation, das augenblicksbezogene Musizieren,
das Auswendigspiel, das Musikantentum, all dies wird
zu sehr vernachlässigt. Den Beruf des Komponisten gibt es daher
praktisch nicht, der Umgang mit Klassik hat meist nur museale und
akademische Züge. Wir sollten das produktive, kreative Element
dringend stärken. Beginnen wir damit im Musikunterricht.
Einen Musikunterricht der Schulen, der diesen Kriterien in etwa
folgt, brauchen wir für die Kulturerziehung, die Persönlichkeitsentwicklung
und für die psychosoziale Gesundheit der Bevölkerung.
Dieser Unterricht hat eine große, öffentliche Unterstützung.
Alle Freunde der Musik, alle Zuständigen sollten sich jetzt
eiligst zusammensetzen oder gar zusammenraufen und die bleibende,
große Bedeutung des Schulfachs Musik im großen Chor
unüberhörbar nach außen tragen.
Öffentlichkeitsarbeit
Das öffentliche Bild der Schulmusik ist zu sehr von Frustration
geprägt. Da die Berechtigung des Schulfachs Musik leider bereits
an vielen Orten öffentlich diskutiert wird, müssen die
Schulmusiker schnellstens das Jammern beenden, sich auf das Positive
konzentrieren, ihr Inseldasein, das Einzelkämpfertum aufgeben
und in die Offensive gehen. Es reicht jetzt nicht mehr, wenn Schulmusikerinnen
und Schulmusiker einfach nur guten Unterricht machen. Sie müssen
das Tolle am Musikunterricht, den großen Nutzen des Fachs
auch öffentlichkeitswirksam und politikwirksam verkaufen.
Mit ihren Konzerten sollten die Schulmusiker/-innen einer breiten
Öffentlichkeit Musikangebote machen, nicht nur den Angehörigen
der jeweils mitwirkenden Schüler/-innen, nicht nur der jeweiligen
Schulgemeinschaft. Ich empfehle zusätzlich eine große
Palette öffentlicher Aktivitäten wie Konzerte und Aktionen
außerhalb der Schule, vor allem Aktionen, dazu Tage der offenen
Tür, Stadtteilchöre, Freizeitworkshops für Eltern
und Nachbarn, Arbeitsgemeinschaften der Fach-kollegen, Kooperationen,
Diskussionen mit Politikern, Kongresse und Ähnliches. Es reicht
nicht, wenn die Verbandsspitzen in Gang kommen. In jeder Stadt müssen
Aktivitäten entstehen. Was wir jetzt brauchen, sind auch Veranstaltungen
zum Mitsingen, Mitspielen und Mittanzen, und wir brauchen Musikstunden
zum Schnuppern und so weiter. Damit wieder mehr Menschen das Schulfach
Musik erleben und anschließend von Behörden und Politikern
mehr Musikunterricht fordern. Denn in Briefen an die Schulträger
beklagen Eltern bisher meist nur, dass Fremdsprachenunterricht,
Unterricht in den Naturwissenschaften oder in Informatik fehlt.
Das müssen wir ändern.
Krise der klassischen Musik?
Vielleicht hat die gegenwärtige Schwäche der Schulmusik
etwas mit der aktuellen Schwäche der Musik zu tun, die bisher
ihr Hauptanliegen war der sogenannten klassischen Musik.
Es wäre nichts Neues, dass ein Musikstil, eine Epoche endet
und die Menschen sich einem anderen Stil, einer neuen Epoche zuwenden.
Sicher hat diese Krise etwas mit Werteverlust und Wertewandel zu
tun. Wenn ich mir so manches Konzertpublikum klassischer Musik ansehe
und den hohen Altersdurchschnitt im Saal betrachte, möchte
ich ironisch ausrufen: Welch gut funktionierende Seniorenarbeit!
Wir haben bei der offiziellen, staatlich verantworteten Musik nicht
nur ein Kreativitätsproblem, sondern auch ein Nachwuchsproblem.
Eine Jugend wie die heutige, die vor allem Spaß haben will,
hat Schwierigkeiten mit Kunst, die nicht Spaß, sondern Sinn
geben will, die fordert, die Aktivität verlangt, meist sogar
Anstrengung.
Was können wir für die klassische Musik
tun? Die Schulmusik hat hier klar eine Schlüsselstellung. Die
Schulmusikerschaft muss motiviert werden, weiter klassische
Musik zu unterrichten. Das ist sicher einfach auszusprechen,
aber für viele schwer in die Tat umzusetzen. Die Schulmusiker/-innen
sollten ihre Erfolge und Misserfolge beim Unterricht mit klassischer
Musik in vielen Treffen und überregionalen Kongressen austauschen,
sich bei dieser Arbeit gegenseitig stärken und die Vorgehensweisen
gemeinsam weiterentwickeln. Wie die Musik Mozarts der heutigen Jugend
vermittelt werden kann, sollte uns ganz neu beschäftigen.
Die Ausbildungsstätten sollten sich mehr dafür einsetzen,
dass es auch in Zukunft genug Hörerinnen und Hörer der
klassischen Musik, der Kunstmusik gibt. Die besten Agenten
dieser Musik sind die Schulmusiker/-innen und Diplommusikerzieher/-innen.
Die Ausbilder würden sicherstellen, dass ihre Absolventen auch
künftig genug Arbeitsmöglichkeit haben.
Vor allem müssen wir uns mit der unsäglichen Spaltung
in E und U beschäftigen. Die geht besonders zu Las-ten des
Schulfachs Musik, da dort immer noch meist klassisch sozialisierte
Lehrkräfte auf Schüler und Schülerinnen treffen,
die in Popularmusik sozialisiert sind. Da muss es ja zum Frust auf
beiden Seiten kommen, und auf den Oberstufen wählen dann nur
noch acht bis zehn Prozent der Schüler Musik. Kein Wunder.
Vernetzungen Kooperationen
Die öffentlichen Haushalte haben zur Zeit größte
finanzielle Probleme. Vernetzungen und Kooperationen können
in schwierigen Zeiten den Bestand sichern helfen, und mit ihrer
Hilfe sind auch ohne Mittelerhöhungen aktuell notwendige Angebotsänderungen
und -erweiterungen möglich. Auch die Schulmusikerschaft sollte
mit Vernetzungen und Kooperationen den Bestand nicht nur zu halten,
sondern sogar zu intensivieren versuchen.
Ich kann mir lokale Kooperationen vorstellen zwischen Elternschulen,
Kindergärten, Grundschulen, weiterführenden Schulen, kommunalen
und privaten Musikschulen, Musikverbänden wie dem Arbeitskreis
Musik in der Jugend, AMJ oder den Jeunesses Musicales: In einem
Stadtteil werden bereits in der Elternschule mit den Eltern der
ganz kleinen Kinder Lieder gelernt. Im Kindergarten nebenan wird
täglich Musik gemacht, die Grundschule um die Ecke, die diese
Kinder dann übernimmt, bietet verstärkt Musikunterricht
an, die weiterführende Schule zwei Straßen weiter hat
dann Musikklassen, die Musikschule erteilt nachmittags
in gezielter Absprache mit den Schulmusikern den ergänzenden
und vertiefenden Instrumental- und Gesangsunterricht, und der Arbeitskreis
Musik in der Jugend oder andere freie Träger veranstalten
inhaltlich abgesprochene, den Schulunterricht ergänzende Musikwochenenden.
Wie wäre es, wenn der Schulmusiker der weiterführenden
Schule die Kooperation anregt? Nach den Kindern wird er selbst am
meisten davon profitieren.
Die Schulmusiker/-innen können mit den Musikschulen kooperieren,
mit Vereinen, mit der örtlichen Oper, dem städtischen
Orchester, der Kirchenmusik. Schule und Musikschule machen gemeinsame
Konzerte, Musikschullehrkräfte stellen in Schulen Instrumente
vor, ein Schulmusiker und eine Musikschullehrkraft unterrichten
gemeinsam Streicher- oder Bläserklassen, Schulgruppen machen
nachmittags eine Exkursion in die Musikschule. Mit den Jeunesses
Musicales wird gemeinsam ein Kinderkonzert veranstaltet. Die Oper
lässt Schülerinnen und Schüler hinter die Kulissen
gu-cken, stellt sich dem Gespräch mit den Schülern, Opernprofis
inszenieren mit Schülern eine Matineeveranstaltung im großen
Haus. Die Mitglieder des Berufsorchesters verteilen sich einen Vormittag
lang auf die Schulen der Stadt, stellen ihr Instrument vor, spielen
ihre Lieblingsstücke, sagen auch, was sie daran begeistert,
laden die Klasse ins nächste Konzert ein. Dort werden die Schüler
wie Ehrengäste behandelt, oder nur wie gute Freunde, die Einführungstexte
im Programmheft hat auch der Leistungskurs der Schule geschrieben.
Die Not ist groß, man muss sich etwas einfallen lassen.
Hamburger Modell
Bemerkenswert ist immer noch das Hamburger Modell, die Kooperation
der Staatlichen Jugendmusikschule Hamburg mit den Grundschulen.
Hier ist seit 1996 eine Kooperation zwischen den Halbtagsgrundschulen
(Schule von 8 bis 13 Uhr) und der Musikschule vom Schulträger
empfohlen. Der Träger holt die Lehrkräfte der Musikschule
vormittags in den Unterricht der Grundschulen und finanziert die
Maßnahme. Der Unterricht ist für die Kinder entgeltfrei.
Der Schulträger möchte mit dieser Kooperation die Lücken
bei der Versorgung der Grundschulkinder mit Musik schließen
helfen und die Musikangebote der Grundschulen vielfältiger
und attraktiver werden lassen. Die Musikschullehrkräfte erteilen
Musikschulunterricht, bisher vor allem Elementare Musikerziehung,
Rhythmik, Tanzen, Singen, Unterricht in verschiedenen Instrumentalgruppen,
Elementares Musiktheater und seit kurzem auch Musiktherapie. Musikschullehrkräfte
kooperieren auch mit den Schulmusikern, es entstehen gemeinsame
Projekte: Die Schulmusikerin übt die Lieder ein, die Musikschullehrerin
trainiert dafür eine Instrumentalbegleitung oder liefert mit
ihren Kindern die Bewegungsgestaltungen und Tänze.
Diese Kooperation kann leicht realisiert werden, weil der Schulträger
sie empfiehlt, organisiert und bezahlt. Sie ist damit auch nicht
mehr von der zufälligen persönlichen Initiative einzelner
Kolleginnen und Kollegen abhängig und breitet sich sicher auch
deshalb von Jahr zu Jahr aus. Mittlerweile geben in Hamburg bereits
48 Musikschullehrkräfte in 63 Grundschulen rund 5.800 Schülerinnen
und Schülern Musikschulunterricht. Davon profitieren die Kinder,
die Musik und sicher auch die Gymnasialmusiklehrer/-innen auf den
weiterführenden Schulen.