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nmz-archiv
nmz 2000/11 | Seite 25
49. Jahrgang | November
Bücher
Sprachcharakter und Poetisierung
Ästhetische Grundkategorien Schnittkes unter die Lupe genommen
Hans
Joachim Wagner: Begegnungen: Alfred Schnittke und Robert Schumann,
Köln 1999 (Verlag Christoph Dohr), 144 Seiten, 36 Mark
Texte über Musik, insbesondere Programmheftbeiträge oder
Werkbeschreibungen, bedürfen schließlich der Musik selber:
Das nachvollziehende Hören ist notwendige Ergänzung des
Geschriebenen, macht es erst plausibel. Ein Autor für Konzerteinführungstexte
konzipiert seine Texte dementsprechend vor dem Hintergrund, dass
der Leser die besprochenen Werke nachhören kann. Die Texte
des Buches von Hans-Joachim Wagner über Alfred Schnittke und
Robert Schumann stammen zum größten Teil aus dem situativen
Kontext von Konzerteinführungen, und um es gleich zu sagen:
Ihre Veröffentlichung als Buch post festum hat sich gelohnt.
Für die Konzertsaison 1993/94 lud Franz-Xaver Ohnesorg, der
kreative und umtriebige Intendant der Kölner Philharmonie,
Gidon Kremer ein, eine spezielle sechsteilige Kammermusikreihe zu
gestalten mit Werken von Alfred Schnittke und Robert Schumann im
Zentrum. Die Reihe stellte mit 16 Werken von Alfred Schnittke eine
repräsentative Werkschau des grossen russischen Komponisten
dar und enthielt unter anderem die Streichquartette, das Klavierquintett,
das Streichtrio, das Concerto grosso Nr. 1 und den Monolog für
Viola und Streichorchester.
Bemerkenswert ist, wie Wagner den vorgeschriebenen Rahmen von
Konzerteinführungen nutzt, um ästhetische Grundkategorien
des schnittke-schen Komponierens darzustellen und dazu auch noch
Verbindungen zum Werk von Robert Schumann aufzuzeigen. Seine Vorgehensweise
ist dabei so einfach wie zwingend: Er wählt Oberthemen wie
Zitate und Collage, Tradition und Traditionsüberwindung
oder Sprachcharakter und Poetisierung und untersucht
diese dann konkret an den zu hörenden Kammermusikwerken. Illustriert
wird die Untersuchung durch zahlreiche Notenbeispiele und Fotos.
So erhält der damalige Konzertbesucher und der heutige Leser
des Buches zum einen substanzielle und flüssig geschriebene
Werkeinführungen zu einem Grossteil der schnittkeschen und
schumannschen Kammermusik, zum anderen in der Summe eine kleine
Werkmonografie zu Schnittke mit vielen wertvollen biografischen,
politischen, kompositionstechnischen und ästhetischen Informationen.
Abgerundet wird die Monografie mit dem Abdruck einer Vorlesung Wagners.