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nmz-archiv
nmz 2000/12 | Seite 4
49. Jahrgang | Dez./Jan.
Cluster
Musikrat: Dämlicher Souverän?
Die Kooperation des Deutschen Musikrates (DMR) mit dem Branchen-Blatt
„Der Musikmarkt“ dokumentierte sich anlässlich der Berliner Generalversammlung
einerseits in einem edlen bunten Selbstdarstellungs-Heftchen. Andererseits
lieferte das neue Partner-Organ eine Nachberichterstattung unter
dem Titel „Deutscher Musikrat quo vadis?“, die sich in einer Jammerorgie
über das Abblitzen Dieter Gornys bei der Präsidiums-Wahl komplett
erschöpft. Aufschlussreich auch für das Demokratie-Verständnis an
der Musikrats-Spitze sind die Rechtfertigungs-Versuche in engem
Schulterschluss mit dem Geschäftsführer der Industrie-finanzierten
„Deutschen Phonoakademie“ Werner Hay. Grobes Fazit: Der Souverän,
nämlich die Generalversammlung des DMR, ist ziemlich dämlich. Nachfolgend
einige Auszüge aus den Statements:
Franz Müller-Heuser: Die Versammlung hat in
Berlin erstmals beschlossen, dass sich jeder Kandidat persönlich
vorstellen muss selbst Präsidiumsmitglieder, die seit
Jahr und Tag im Amt sind. Herr Gorny war zu diesem Zeitpunkt jedoch
verhindert. Das ist schade, zumal ich ihn ja selbst vorgeschlagen
habe. Seine Wahl hätte ein Zeichen setzen sollen. Wir werden
unser Ziele in diesem Bereich nicht aus den Augen verlieren, auch
wenn Dieter Gorny jetzt nicht dabei ist. Zudem werden wir in vier
Jahren einen erneuten Versuch starten. Ich hoffe, dass Dieter Gorny
dann auf jeden Fall ins Präsidium gewählt werden wird.
Werner Hay (Phono-Akademie): Ich finde das außerordentlich
bedauerlich, denn der Musikrat hat in der Vergangenheit deutlich
gemacht, dass er sich öffnen will in Richtung Popularmusik.
Da waren alle Hoffnungen auf mindestens zwei zur Wahl stehende Personen
gesetzt auf Dieter Gorny und Prof Udo Dahmen. Jetzt wurde
durch die Wahl ein falsches Signal gegeben, dass man nämlich
an dieser Richtung offensichtlich gar nicht interessiert ist. Ich
kann nur hoffen, dass bei der nächsten Wahl in vier Jahren
eine neue Generation von Mitgliedern da ist, die die Bedeutung der
Popularmusik sieht.
Marlene Wartenberg: Wir werden unsere Ziele in diesem
Bereich nicht aus den Augen verlieren, auch wenn Dieter Gorny jetzt
nicht dabei ist. Seine Wahl hätte aber ein gewisses Zeichen
setzen sollen. Aus politischen Grünen bedaure ich, dass die
Mitglieder des Deutschen Musikrates durch ihre Wahl in der Generalversammlung
dieses Signal gesetzt haben. Möglicherweises hat dabei auch
eine Rolle gespielt, dass zum ersten Mal Landesmusikräte ins
Präsidium gewählt wurden. Wir werden die Landesmusikräte
mit ihrer Erfahrung im Bereich Rockmusik-Förderung jedoch ebenfalls
bei unserer Konzeption einbinden. Denn Rockmusik-Förderung
hat eine sehr starke kommunale, regionale und landesspezifische
Bedeutung.