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nmz-archiv
nmz 2000/12 | Seite 54
49. Jahrgang | Dez./Jan.
Das aktuelle Musikbuch
& neue Noten
Hoher Unterhaltungswert garantiert
Sieben Kammermusik-Werke mit Harfe kurz vorgestellt
Harfe plus (hrsg. von Nicola
Hanck u.a.): Darbellay, Glaus, Knüsel, Profos, Steinauer,
Weissberg, Wyttenbach; HBS Nepomuk, CH-Aarau.
In diesem Jahr ist im schweizerischen Verlag H&B Schneider
Nepomuk unter dem Titel Harfe plus eine Sammlung
von sieben Kompositionen für Harfe mit ein bis drei weiteren
Instrumenten erschienen. Zeitgenössische Kammermusik, die größtenteils
und in mehrfacher Hinsicht von hohem Unterhaltungswert
ist. Mit dem Maßstab Unterhaltungswert, an dem
in unserer schnelllebigen Zeit immer mehr Dinge gemessen werden,
muss nicht immer etwas Negatives, Seichtes oder Triviales verbunden
sein. Dies zeigen die jeweils nur meist drei bis höchstens
zwölfminütigen Werke zeitgenössischer schweizerischer
Komponisten, die von Nicola Hanck herausgegeben und als Auftragskompositionen
der Schweizerischen Harfenvereinigung mit Unterstützung durch
andere schweizerische Stiftungen und Organisationen entstanden sind.
Zum einen sind die Werke für die Zuhörer von hohem Unterhaltungswert.
Denn in ihnen werden, nicht nur durch die Ausschöpfung neuer
Spieltechniken der beteiligten Instrumente, dem Ohr ganz ungewohnte
Klangwelten erschlossen. Darüber hinaus ist größtenteils
noch durch theatralische Aktionen der Ausführenden ein oft
amüsantes Szenario auf der Bühne vorgesehen.
Dies ist auch der Grund, warum die Stücke zum anderen auch
von hohem Unterhaltungswert für die Ausführenden selbst
sein dürften. In der Praxis des Musikschulunterrichts zeigt
es sich immer wieder, dass es leichter ist, Anfänger oder Schüler
der Mittelstufe an zeitgenössische Musik heranzuführen,
wenn diese ihnen über die Bewältigung der rein musikalischen
Aufgaben hinaus, noch Möglichkeiten zur Entfaltung der eigenen
Kreativität und Betätigung in darstellerisch interpretatorischer
Hinsicht bietet, so wie es die Mehrzahl der hier besprochenen Werke
tut. Die Absicht der Herausgeber, mit der Vorlage dieser Kammermusikstücke
das Repertoire zeitgenössischer Musik im Anfänger- und
Mittelstufenbereich zu erweitern und deren Aufführungschancen
im Konzertbetrieb zu fördern, kann man deshalb als durchaus
gelungen bezeichnen.
Dies beginnt bereits damit, dass zwar bei allen Stücken (bis
auf Daniel Glaus: Bisbigliando, welches auch auf
Gitarre solo ausführbar ist) immer die Harfe einen der Kammermusikpartner
bildet, aber die übrigen Besetzungen entweder nur ein bis zwei
Violinen und Cello und/oder Klarinette erfordern oder in zwei Werken
sogar gänzlich ad libitum gestellt sind. Besetzungen also,
die den Möglichkeiten der Praxis des Instrumentalunterrichts
an der Basis entgegenkommen. Insbesondere deshalb, weil fünf
Werke (eines davon sogar vorzugsweise) auf der keltischen Harfe
spielbar sind und nur bei zwei Werken die Doppelpedalharfe erforderlich
ist.
Konsequenterweise bewegt sich der Schwierigkeitsgrad der Werke
vom Anfängerniveau an und ist von dort allerdings auch weit
nach oben gefächert. Die durchgehenden Viertelbewegungen in
Felix Profos: Afrika! sind zum Beispiel für Anfänger
auf jedem der beteiligten Instrumente spieltechnisch leicht zu bewältigen.
Trotzdem bietet das Werk im Zusammenspiel interessante Herausforderungen
an die rhythmische Genauigkeit und Durchhaltefähigkeit der
Mitspieler.
Mit Jürg Wyttenbachs: ...ist doch alles SCHALL und RAUSCH...
ist jedoch eine Obergrenze erreicht, um ein Werk noch als für
die Mittelstufe geeignet zu bezeichnen. Hier werden hohe Ansprüche
an die Flexibilität im Umgang mit dem Instrument, an die Präzision
des Zusammenspiels (sogar im Einsatz der eigenen Stimme) und durchaus
auch an die Pedaltechnik der Harfe gestellt.
Der vorbildliche und übersichtliche Notensatz von Marco Stocco
bietet den Spielern eine wesentliche Erleichterung bei der Bewältigung
und Ausführung der Werke. Er steigert so den Unterhaltungswert
der Kompositionen für den Ausführenden schon beim Einstudieren.
Bedauerlich ist es, dass es dem Verlag nicht gelungen ist, konsequent
die Vorlage handschriftlicher Noten zu vermeiden.