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nmz-archiv
nmz 2000/12 | Seite 49
49. Jahrgang | Dez./Jan.
Das aktuelle Musikbuch
& neue Noten
Lesegänge
Zur Frankfurter Buchmesse
Bekanntermaßen muss das Musikbuch im Rahmen der Frankfurter
Buchmesse zwischen den publikumswirksam inszenierten Bestseller-Highlights
um etwas Aufmerksamkeit kämpfen. Dennoch geben sich vor allem
die großen und traditionsreichen Musikverlage zuversichtlich
und warten mit zuweilen neugierig stimmenden Neuerscheinungen auf.
Das diesjährige Bach-Jubiläum neigt sich dem Ende zu,
und schon wirft der Jahresregent 2001, Giuseppe Verdi, seine Schatten
voraus. Darüber hinaus konzentriert man sich verstärkt
auf Biografisches, Werk- und Gattungsanalyse gehören nicht
zu den Blickfängen in den Ausstellungsregalen.
Unter dem Titel Lesegänge durch Leben und Werk
(Schott-Verlag) ist soeben aus der Feder von Gisela Nauck eine erste
umfassende Monografie über den Komponisten Dieter Schnebel
erschienen, die unter theologischen und kompositorischen Fragestellungen
dessen ästhetisches Denken zu beleuchten sucht. Pierre Boulez
reflektiert in seinem Essayband Leitlinien (Metzler/Bärenreiter)
das Entstehen musikalischer Ideen sowie die künstlerische und
gesellschaftliche Verantwortung des Komponisten. Und für Opernfreunde
liegt nun die lang erwartete Fortsetzung des Opernführers
für Fortgeschrittene (Bärenreiter) vor. Einen ersten
Zugang zum Gesamtwerk von Carl Dahlhaus bietet eine auf zehn Bände
konzipierte wissenschaftlich betreute Edition, welche dessen Gesammelte
Schriften dokumentiert (Laaber).
Man wird aber nicht nur in den etablierten Musikverlagen fündig,
auch die Suche im vielfach ambitionierten Programm literarisch ausgerichteter
Verlage lohnt sich. Ins Blickfeld rückt hier ein aufwendig
gestalteter Band des Residenz-Verlages: Der amerikanische Musikwissenschaftler
Charles Rosen reflektiert die musikalische Physiognomie
der Romantik und eröffnet dem Leser vielschichtige Perspektiven
auf eine musikhistorische Epoche, deren Grenzen sich nur schwer
greifen lassen.
Der Situation des heutigen Musiktheaters, dargestellt am Beispiel
des Dramaturgen und Intendanten Klaus Zehelein, nimmt sich ein Band
der Europäischen Verlagsanstalt, herausgegeben von der Chefdramaturgin
der Staatsoper Stuttgart, Juliane Votteler, an. Und wer das Hören
dem Lesen vorzieht, dem sei eine neuartige Audio-Edition des Hauses
Koch Schwann in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk empfohlen.
Unter dem Titel Wege zur Musik will man ohne Fachjargon
durch den Dschungel von Hörerfahrungen führen und musikalische
Zusammenhänge hinsichtlich Form und Entwicklung lebendig vermitteln.
Das Musikbuch erweist sich also beinahe als Eiche im
Bücherwald.