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nmz-archiv
nmz 2000/12 | Seite 55
49. Jahrgang | Dez./Jan.
Das aktuelle Musikbuch
& neue Noten
Um die richtige Tonart geht es auch...
Das Gesamtwerk für Harfe von Louis Spohr
(Eine geplante) Gesamtausgabe
der Werke für Harfe von Louis Spohr, herausgegeben
von Helga Storck, Edition Dohr.
Ja, ja... Die Technik... Ach... Dies ist nicht nur
ein Seufzer unseres Computerzeitalters, sondern er könnte schon
von Tonsetzern zu Beginn des 19. Jahrhunderts ausgestoßen
worden sein, wenn sie für die Harfe komponieren wollten. Sicher
liebten sie zwar den reizvollen Klang der Harfe und hätten
sie zu gerne häufiger in ihren Kompositionen eingesetzt, aber
die Technik des Instrumentalbaus der damals zur Verfügung stehenden
Einfachpedalharfen hatte noch nicht Schritt gehalten mit der Weiterentwicklung
der Kompositionstechniken und deren Erweiterung der harmonischen
Horizonte im Übergang von der Klassik zur Romantik. Für
die Komponisten war die einfache Folge daraus, dass sie für
dieses Instrument einfach nicht mehr komponierten.
Nur einige Spezialisten komponierten in dieser Zeit
für die Harfe. Einer von ihnen war Louis Spohr (17841859),
der obwohl eigentlich Violinist nicht nur selber Harfe
spielen gelernt hatte, sondern auch mit der Harfenvirtuosin Dorette
Scheidler verheiratet war. Mit ihr als Kammermusikpartnerin feierte
er in kammermusikalischen Soireen in den Salons des 19. Jahrhunderts
Triumphe. Um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Violine in
den Kreuztonarten am besten klingt, während die Einfachpedalharfe
in den B-Tonarten harmonisch noch relativ modulationsfähig
war, entschied er sich im Jahre 1806 dafür, seine Kompositionen
für Harfe und Violine zukünftig für die Harfe in
der höher benachbarten B-Tonart zu notieren, um diese dann
bei der Aufführung einen halben Ton tiefer zu stimmen. Während
die Violine also aus einer in zum Beispiel D-Dur geschrieben Stimme
spielte, waren die dazugehörigen Harfennoten in Es-Dur geschrieben.
Natürlicherweise entstanden daraus in der Folgezeit nicht nur
Missverständnisse über die richtige Tonart,
sondern auch die Tatsache, dass seine Werke in Vergessenheit gerieten,
weil sie nicht mehr aufgeführt wurden. Denn seit der Einführung
der Doppelpedalharfe zu Beginn des 19. Jahrhunderts war es nicht
mehr üblich, nicht mehr notwendig und auch unpraktisch, die
Harfe im Konzert nur für die Interpretation einer Spohr-Sonate
einen halben Ton tiefer zu stimmen.
Nun endlich, 140 Jahre nach Spohrs Tod und nach der Einführung
der Doppelpedalharfe mit ihren gegenüber der Einfachpedalharfe
erweiterten harmonischen Möglichkeiten, sind in der Edition
Dohr Louis Spohrs Sonaten für Violine und Harfe in den ursprünglich
vom Komponisten intendierten Tonarten erschienen und so auf unseren
zeitgemäßen Instrumenten ausführbar.
Im Rahmen einer geplanten Neuausgabe des Gesamtwerkes für
Harfe von Louis Spohr, hat die bekannte Münchener Harfenvirtuosin
Helga Storck die verdienstvolle Aufgabe übernommen, die Sonaten
op. 113, 114 und 115 in den Originaltonarten zu redigieren und herauszugeben.
Die Neuausgabe bei Dohr umfasst übrigens auch das Notenmaterial
für Fassungen mit Harfe und Violoncello oder auch Flöte.