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nmz-archiv
nmz 2001/03 | Seite 29
50. Jahrgang | März
Bayerischer
Kulturrat
Druck auf Auftrag neue Chance für Autoren?
Die neue Technologie des Book on demand eine revolutionäre
Entwicklung im Buchhandel
Seit der Erfindung des Buchdrucks bei Gutenberg bestimmten zwei
Größen die Preiskalkulation beim Buch: die Fixkosten
für Satz und Einrichtung der Druckmaschine auf der einen Seite,
die Auflagenhöhe auf der anderen. Je höher die Auflage,
desto geringer entsprechend die Stückkosten für das einzelne
Buch. Ziel jedes Verlegers müsste es sein, die Fixkosten auf
eine möglichst hohe Auflage umzulegen, um das Buch günstig
anbieten zu können.
Die Digitaltechnologie bietet dem gegenüber ganz neue Möglichkeiten:
Die Fixkosten für die Digitalisierung eines Buches fallen einmal
an, gedruckt wird dann aber nicht eine komplette Auflage, die möglicherweise
schwer verkäuflich am Lager liegt. Gedruckt wird vielmehr immer
das, was nachgefragt wird. Der Preis des einzelnen Buches bleibt
von der Auflagenhöhe unberührt.
Der Münchner Verleger Wolfram Göbel hat mit seiner jungen
Firma Buch&media (www.buchmedia.de)
seit Anfang 2000 gezeigt, dass die neuen Digitaltechnologien qualitativ
hochwertige und verlegerisch durchdachte Buchreihen ermöglichen
können:
Im Verlag der criminale (www.verlag-der-criminale.de)
werden vergriffene deutsche Krimi-Klassiker von -ky und Jörg
Fauser ebenso wie Originalausgaben junger Autoren veröffentlicht,
die sich ihren Markt durch viel eigenes Engagement erst erobern.
Die Lyrikedition 2000 (www.lyrikedition-2000.de),
in der wichtige und interessante Gedichtbände deutscher Autoren
seit den 50er-Jahren die lyrische Entwicklung der Nachkriegsdeutschen
(Peter Rühmkorf) nachzeichnen, sind bisher Werke so namhafter
Autoren wie Helmut Heißenbüttel, Günter Herburger,
Elfriede Jelinek, Heinz Piontek und Ulrike Draesner um nur
einige wenige zu nennen erschienen.
Im Allitera Verlag (www.allitera.de)
werden Neuausgaben von Büchern deutscher Belletristik- und
Sachbuchautoren und -autorinnen publiziert, die bei klassischen
Verlagen vergriffen sind. Als neueste Projekte plant Göbel
eine wissenschaftliche Reihe sowie Schatzkiste. Edition Bödecker,
den Verlag der Kinder- und Jugendbuchautoren der Bödeckerkreise.
Im Startprogramm mit zwölf Titeln erscheinen Bücher von
Klaus Peter Wolf, Karlhans Frank, Annelies Schwarz, Elisabeth Stiemert
und anderen. Der Verlag soll im Frühjahr vorgestellt werden.
Die neue Technologie ist für klar definierte Buchtypen von
Interesse: vergriffene Werke, bei denen die Rechte wieder bei den
Autoren liegen; Werke, von denen nur kleinere Stückzahlen abgesetzt
werden können, wie etwa wissenschaftliche Titel und Lyrik;
Bücher, die im herkömmlichen Verlag nicht die wirtschaftlich
notwendige Auflagenhöhe erreichen.
Book on demand ist kein Verfahren für den Bestseller, der vom
Stapel verkauft wird; aber durchaus eine rettende Möglichkeit,
um als Autor im immer schneller werdenden Lebenszyklus eines Buches
Bewerben, Erscheinen, Verkaufen, Verramschen neue
Akzente setzen zu können.