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nmz-archiv
nmz 2001/03 | Seite 4
50. Jahrgang | März
Cluster
Philharmonia Ver-Hungarica
Die anderen sind schuld!, tönt es jetzt mit demselbem
Fortissimo, mit dem zuvor zur Durchhalteoffensive geblasen wurde
einst mit Yehudi Menuhin und Justus Frantz als humanistisch
geadelte beziehungsweise fernsehbekannte Zugpferde der Philharmonia
Hungarica. Und auch das joviale Schulterklopfen seitens des großen
Schirmherrn und Leiters des PH-Trägervereins brachte nichts
mehr in Bewegung. Jetzt stimmt der Essener Hypobank-Vorsitzende
Hubert Schulte-Kämper ebenfalls ein in den Kanon vom Versagen
der anderen.
Knapp 100 hochausgebildete Musiker wurden einst als eitles Zeichen
der Überlegenheit gegenüber dem Reich des Bösen mit
offenen Armen willkommen geheißen. Als Friedensbotschafter
halfen sie jahrzehntelang der Kulturnation Deutschland bei der Sicherstellung
ihrer prestigeträchtigen Außenwirkung. Mit dem allseits
beklagten Rückzug der öffentlichen Hand aus dem Kulturleben
bekam später die Wirtschaft ihren großen Auftritt als
Retter des Orchesters. Ein Spitzenorchester erfordert zugegebenermaßen
Spitzenaufwand. Das Ende von jenem Lied, das hinter den Kulissen
entstand, könnte nicht schmerzhafter sein: Halbherzigkeit im
ökonomischen Betreiben und Kompetenzgerangel bei den Zuständigkeiten
bereiteten die finale Dissonanz vor. Sie erklingt mit deutscher
Gründlichkeit vor den mittlerweile aus vielen Nationen kommenden
Musikern, wenn ihnen sogar die Übe-Möglichkeit genommen
wird, weil Instrumente und persönliche Habe zur Verschlusssache
erklärt werden.