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nmz-archiv
nmz 2001/03 | Seite 4
50. Jahrgang | März
Cluster
Wechselspiel auf grünem Grund
Bayreuths Festspielhaus wirkte ja schon immer ein wenig so, als
habe ein Ziegelwerk die Raumnutzungsverordnungen der Stadt durch
Bestechung der Gemeinderäte schnöde umgangen. Hier
gilts der Kunst musste man da schon extra auf die Tafel
schreiben. Daran hielt man sich aber nicht und häufig in den
letzten Jahren avancierten die Festspielaufführungen zu den
höchstbezahlten Stunden schlecht gepflegter Langeweile.
Hier galt es was zu ersinnen und was ist da geeigneter als Eltern-Kind-Zerwürfnisse,
abgrundtiefe Feindschaften, Lügen und Diffamierungen? Aus solchen
Konflikten hatte ja auch schon der Großvater den Klebestoff
seiner Musikdramen hergestellt. Jetzt wird es wieder spannend: Starrköpfigkeit
hier, Nachfolgegerangel dort, Verweise auf unhaltbare Zustände,
Pochen auf vertraglich Festgeschriebenes. Wolfgang will seine Frau
Gudrun, sonst sitzt er seine Stelle bis zum Tode aus, der Stiftungsrat
favorisiert die Tochter Eva, die intellektuelle Nike stichelt von
außen hinein, Bayerns Kunstminister Hans Zehetmair droht drastische
Maßnahmen (Geld für Wechsel?) an und der deutsche Kulturstaatsminister
Julian Nida-Rümelin erklärt die Affäre zur Chefsache.
Wenn das kein Aufriss ist! Angesichts solcher Schlachtaufstellungen
kann man schon vergessen, um was es eigentlich geht. Das wissen
auch die Protagonisten nicht, denn nach Plänen befragt, offenbaren
sie Ratlosigkeit. Im Grunde geht es auch um nichts. Etwa ein Dutzend
Wagneropern wird immer wieder umgewälzt und mit eher langsam
wechselnden Besetzungslisten ausgestattet und keiner will
oder darf daran was ändern. Ein Computer der Einsteigerklasse
könnte das mühelos bewältigen, vielleicht sollte
der Stiftungsrat einmal in diese Richtung überlegen? Aber der
Grüne Hügel ist nun einmal ein Ort der großen dramatischen
Aufrisse. Und so einen inszeniert die Familie Wagner jetzt mit selbstzerstörerischer
Lust. Ob am Schluss wie im Ring das Festspiel-Walhall
in Flammen aufgeht? Wäre ja auch eine Lösung.