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nmz-archiv
nmz 2001/03 | Seite 14
50. Jahrgang | März
Initiative
Konzerte für Kinder
Richards Reise ins Universum der Klänge
Acht Wochen Konzerte und Theater für Kinder: Die Aktivitäten
von KinderKinder e.V.
Der kleine Richard saust auf einem Mondstrahl davon, hinaus aus
seinem Zimmer, hinein ins Weltall. Zusammen mit der Stimme, die
sich Eingebung nennt, erlebt er eine fantastische Reise. Aber das,
was Richard erlebt, ist nicht nur die Reise durch das Universum;
was er eigentlich erlebt, ist Musik: Neue Kammermusik für Kinder.
Charles Curtis hat diese Verschmelzung von Abenteuergeschichte und
Konzert komponiert im Auftrag von KinderKinder e.V.
Der Verein KinderKinder veranstaltet seit 1987 in Hamburg Festivals,
zu denen bis zu zwanzigtausend Besucher kommen. Das KinderFest,
das seit vergangenem Jahr KinderKinder Das Festival
heißt, zeigt acht Wochen lang Kindertheater, Kinderkonzerte
und vieles drumherum. Oder: vieles mittendrin. Denn der Verein ist
schon immer besonders neugierig auf die Zwischenwelten gewesen,
auf die möglichen Verknüpfungspunkte von Musik, Literatur
und Theater.
Instrumentarium auf dem Weg
ins All: Richards Reise. Foto: KinderKinder
In vielen anderen europäischen Ländern waren diese Zwischenwelten
schon entdeckt und immer wieder betreten worden. Mit Bewunderung
und auch mit Neid hat KinderKinder etwa nach Belgien, Frankreich
und Holland geblickt, in denen es schon länger aufwendige und
aufregende Produktionen im Bereich Neue Musik und Jazz für
Kinder gegeben hat. In Deutschland mussten Kinderproduktionen in
erster Linie preiswert sein, sie mussten für 500 oder 600 Mark
auf mobilen Bühnen, in der Landkreisbücherei oder der
Schulaula aufführbar sein. Aber warum sollte ausgerechnet der
Bereich, der einen überhaupt erst an Kultur, an Theater, an
Musik und Literatur heranführt, der Bereich sein, der am wenigsten
kosten soll?
Dass es nicht so sein muss, hat das Festival immer wieder in Gastspielen
aus dem Ausland gezeigt, die von Kindern und Erwachsenen begeistert
aufgenommmen wurden. Schließlich hat es KinderKinder gewagt,
eigene Kinderproduktionen für das Festival zu verwirklichen.
So wurde 1999 Richards Reise produziert, zusammen mit
dem Norddeutschen Rundfunk. Den Kompositions- und Textauftrag hatte
KinderKinder dem damaligen Solocellisten des NDR-Sinfonieorches-ters
Charles Curtis erteilt. Das Konzert ist nach der Uraufführung
auch auf CD bei der Deutschen Grammophon erschienen.
Kammerpop, so hat der Komponist sein Werk selbst eingestuft
Musik für ein recht spezielles Ensemble: Marimba, Vibraphon,
Harfe, Klavier, E-Bass, Schlagzeug, Live-Elektronik und eine Sprecherin.
Terry Riley urteilte über Richards Reise in höheren
Tönen: Charles Curtis Werk ist ein neuer Klang
in der Geschichte der Raumfahrt-Geschichten, eine Erzählung,
die vor lauter Originalität und Spaß fast zu platzen
scheint. Das ist so, weil die Produktion groß sein durfte.
Weil die Ideen dazu nicht permanent durch das Gebot erdrückt
wurden, billig sein zu müssen.
Erwachsene können täglich aus einem breit gefächerten
Kulturangebot wählen Kinder haben es nicht so gut,
sagt Stephan von Löwis. Allzu oft gebe es für sie nur
das Vorabendprogramm im Fernsehen. Aber ihre Sinne brauchen
komplexere Genüsse, um sich zu entwickeln. Ohren und Augen
müssen Muskeln kriegen, sich an Ungewohntem und Ungewöhnlichem
ausprobieren. So wird der Blick auf die Welt reicher.
Der Erfolg und die Reaktionen auf das Stück geben dem Produzenten
Recht, nicht nur bei Richards Reise. Schon vorher wurden
Robert Metcalfs Tiere wie ich und du und Thomas Agergaards
Schneekönigin produziert. Richards Reise
soll aller Voraussicht nach beim Hamburger Musikfest gezeigt werden
und auch ein Gastspiel in Bremen haben. Und wer auch immer sonst
Interesse daran hat, sein Publikum die Welt zwischen Theater, Erzählung
und Musik betreten zu lassen, kann Richards Reise bei
sich aufführen lassen.