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nmz-archiv
nmz 2001/03 | Seite 6
50. Jahrgang | März
Kulturpolitik
Laienmusikverbände kontra KSVG
Parlamentarischer Abend des Deutschen Musikrats in Berlin
Parlamentarische Abende haben bei uns eine lange Tradition. Als
eine Art institutioneller Lobbyismus mit Messer und Gabel sollen
sie Interessenverbände und Abgeordnete des Deutschen Bundestages
in freundlicher, entspannter Runde zu informativen Gesprächen
zusammenführen. Vor allem sollen dabei die Parlamentarier,
von den Fachorganisationen eingeladen und bewirtet, mit gewichtigen
Sachinformationen und zielsicheren Argumenten munitioniert werden
für notwendige gesetzliche Regelungen oder Korrekturen.
Es ist eigentlich erstaunlich, dass sich der Deutsche Musikrat
(DMR) solange er in Bonn dem Bunddestag räumlich nahe stand,
sich dieses Instrumentes der Kommunikation nie bedient hat. Nun,
da die parlamentarische Musik in Berlin spielt, wo allerdings auch
das konkurrierende Angebot abendlicher Unterhaltung wesentlich größer
ist als in der alten Bundeshauptstadt, griff der Musikrat erstmals
zu diesem Mittel und lud, gemeinsam mit der Bundesvereinigung Deutscher
Laienmusikverbände (BDLV), einem Dachverband unter dem DMR-Dach,
zum Parlamentarischen Abend in den Biersalon der Bayerischen Vertretung.
Anlass war die in Arbeit befindliche Novellierung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
genauer: die Last, die dieses Gesetz den Laienmusikern an Abgaben
aufbürdet, teilweise in schwer verständlichen Bestimmungen.
Dem besonderen Gemisch von Ehrenamtlichkeit in der organisatorischen
und Professionalität unterschiedlichen Grades in der fachlichen
Leitung der Chöre, Kapellen und Orchester wird das Gesetz kaum
gerecht.
Und wenn man schon mal dabei ist: Auch das derzeit geltende Steuerrecht
ist der unter Bildungs-, Kultur- und Sozialaspekten gleichermaßen
gemeinnützigen Arbeit der Musikvereine keineswegs förderlich,
solange die uralte Freigrenze bei 60.000 Mark für
die Befreiung von der Umsatz- und Körperschaftssteuer für
gemeinnützige Vereine nicht jedenfalls in einen Freibetrag
umgewandelt wird; dann nämlich wären wenigstens nur die
diesen Betrag übersteigenden Einnahmen, zu denen unter Umständen
auch Sponsorenmittel zählen, zu versteuern. Um freilich Abgeordnete
aus den Regierungs- und Oppositionsfraktionen zu veranlassen, durch
Gesetzesänderungen den Laienmusikverbänden und ihrer verdienstvollen
Arbeit derartige Knüppel aus dem Weg zu räumen, bedürfte
es in Zeiten je milliardenschwerer Probleme um BSE und BAföG,
Rentenreform und Investitionsförderung, Verkehrswegeplanung
und Atomausstieg wenigstens einer glasklaren Analyse, einer prägnanten
Darstellung sowie einer zwingend argumentierenden Vorlage. Mit ihrem
Thesenpapier zum Parlamentarischen Abend am 14. Februar 2001
sahen DMR und BDLV dagegen reichlich blass aus. In einer sprachlich
verquasten bunten Mischung aus Situationsbeschreibung und Forderungen
von Thesen keine Spur vermochte dieses Sechs-Punkte-Papier
die ohnehin nicht zahlreich erschienenen Politprofis und Ministerialbeamte
vor allem davon zu überzeugen, dass sie es hier mit Laien zu
tun hatten.
Im Mündlichen enttäuschte zudem ausgerechnet
Ernst Burgbacher, der als Präsident der BDLV wie als Bundestagsabgeordneter
eigentlich eine Doppelrolle zu spielen hatte. Sein politisches
Argument für die Laienmusik Leute im Orchester
kommen nicht auf die schiefe Bahn, denn sie werden gegebenenfalls
im Verein aufgefangen ist zwar ein Plädoyer für
den Verein, unterschlägt nur leider, wieder einmal, die Musik.