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nmz-archiv
nmz 2001/03 | Seite 6
50. Jahrgang | März
Musikwirtschaft
QsM heißt von der Wirtschaft lernen
Wie Musikschulen sich selbst mit Erfolg auf den Prüfstand
stellen
Mit dem Qualitätssystem Musikschule (QsM) beschreiten die
Musikschulen im VdM in Kooperation mit der frey Akademie einen neuen
Weg, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Die Erfahrungen,
die in den letzten Jahren in der Wirtschaft gemacht wurden, standen
Pate bei diesem Ansatz. Ziel von QsM ist es, durch Selbstbewertung
das Bewusstsein für die eigenen Stärken und die Notwendigkeit
gezielter Verbesserungen zu gewinnen. Die ersten Erfahrungen mit
diesem System sind viel versprechend. Beteiligte Musikschulen berichten
von wichtigen Erkenntnissen und umfangreichen Verbesserungsmaßnahmen.
Wenn man unter dem Druck steht, die eigene Daseinsberechtigung
belegen zu müssen oder im Kampf um öffentliche Mittel
zu bestehen, sind objektive Belege der eigenen Leistung gute Argumente.
Nachweisbare Leistungen zählen bei Politikern, die für
die Vergabe von Kulturförder- und Bildungsmitteln verantwortlich
sind.
Geht man aber in seiner Arbeit auf und ist ausgelastet, dann beginnt
man irgendwann die Fähigkeit zu verlieren, die eigene Leistung
objektiv bewerten zu können. In Zeiten, in denen die Anforderungen
von allen Seiten immer weiter zunehmen, kann dies fatal sein. Deshalb
war es sinnvoll, dass der Verband deutscher Musikschulen seinen
Mitgliedern ein System zur Verfügung stellt, das den Musikschulen
hilft, ihre eigene Leistung festzustellen, zu belegen und zu verbessern.
Was steckt hinter QsM? Zur Bestimmung der eigenen Leistung
gibt es in der Betriebswirtschaft seit einigen Jahren das Prinzip
der Selbstbewertung. Durch ein Sich-Vergleichen mit dem Modell eines
idealen Betriebs stellt man seinen Leistungsstand, seine Stärken
und Verbesserungspotenziale fest. So erlangt man die Fähigkeit,
gezielte Maßnahmen zu ergreifen, seine Stärken auszubauen
oder sich in weniger starken Bereichen zu verbessern.
Auf diesem Prinzip beruht auch der Europäische Qualitätspreis
und der deutsche Ludwig-Erhard-Preis für herausragende Leistungen
im Wettbewerb. Beiden liegt als Bewertungsmaßstab das EFQM-Modell
(EFQM European Foundation for Quality Management Europäische
Stiftung für Qualitätsmanagement) zu Grunde, das gleichermaßen
Standard für die interne Selbstbewertung wie die externe Bewertung
durch die Preisrichter ist.
Dieses EFQM-Modell wurde vom VdM zur Grundlage des Qualitätssystems
Musikschule gemacht. In zweijähriger Expertenarbeit wurde das
Modell auf die Anforderungen der Musikschulen abgestimmt und Standards
für gute Musikschulen eingebaut. Als höchste Reife ist
eine Musikschule beschrieben, die alle Anforderungen einer selbstlernenden
Organisation erfüllt.
Als Verfahren nutzt man die Systematik und Methodik des Schweizers
Prof. Dr. Karl Frey, der dieses Modell unter der Bezeichnung QAP
Qualität als Prozess bereits in Schulen, Hochschulen
und Pflegeeinrichtungen erfolgreich eingesetzt hatte. Dass dieser
Systemansatz von QsM sehr effektiv ist, zeigte sich etwa bei einer
Mitarbeiter-Klausurtagung der städtischen Musikschule Aschaffenburg.
Dort begann man zunächst in der klassischen Moderationsmethode,
um Verbesserungsideen und -maßnahmen zu entwickeln. Später
führte man in QsM ein und arbeitete mit diesem Ansatz weiter.
Die dann erzielten Ergebnisse wurden in der späteren Betrachtung
übereinstimmend als konkreter und qualitativ besser erachtet.
Was macht dieses Modell aus, dass es solche Leistungen ermöglicht?
Das EFQM-Modell bildet die komplexen Strukturen einer Organisation
ab. Eine Organisation, die beste Leistungen erbringen will, ist
von verschiedenen Bedingungen abhängig. Dazu gehört eine
gute Führung, die weiß, was sie will und dies in einer
transparenten Form vermittelt. Dazu gehören klare Zielsetzungen
und Planungen, die es ermöglichen, Kräfte zu bündeln
und Prioritäten zu setzen. Dies findet auch in einem Leitbild
Ausdruck. In allen beteiligten Musikschulen hat man mittlerweile
ein solches entwickelt (siehe unten!). Desweiteren gehört eine
Personalpolitik dazu, die auf die Möglichkeiten und Interessen
der Mitarbeiter/-innen eingeht und diese mit den Zielsetzungen koordiniert.
Ferner sind der geplante Einsatz der verfügbaren Ressourcen
sowie die Entwicklung und Pflege von sinnvollen Partnerschaften
von Bedeutung. Eine ganz zentrale Größe spielen die betrieblichen
Arbeitsabläufe, die es möglichst wirksam zu gestalten
gilt. In diesem Bereich lag in der Anfangsphase bei den meisten
Musikschulen der Schwerpunkt der Aktivitäten. Fragen des Unterrichtens
werden genauso geregelt, wie die effektive Vorbereitung von Konzerten
oder die Vereinfachung von Verwaltungsabläufen oder der interne
Informationsfluss. Alle diese Elemente der Musikschulführung
stehen unter den Prinzipien der Kundenorientierung, der Ziel- und
der Datenorientierung.
Aber das ist nur die eine Hälfte der Medaille. Auf der anderen
stehen die konkreten Ergebnisse. Wie zufrieden sind die Adressaten
und die Mitarbeiter/-innen? Was bringt die Musikschule an Leistung
für die Gesellschaft?
Den QsM-Musikschulen steht ein ganzer Satz an Instrumenten zur
Erhebung der Kunden- und Mitarbeiter- zufriedenheit, der geleisteten
Servicequalität et cetera zur Verfügung. Im Bewusstsein,
die eigene Leistung im Bereich Kundenzufriedenheit oder Mitarbeiterführung
nur auf einer harten Datengrundlage beurteilen zu können, haben
verschiedene beteiligte Musikschulen in Unterhaching, Erding
und Bergisch-Gladbach diese Instrumente eingesetzt. Wie bereits
erwähnt, wurde das komplexe Organisationsmodell der EFQM auf
die Musikschulen angepasst. Dies war notwendig, da eine Musikschule
kein Produktions- sondern ein Bildungsbetrieb ist. Der Kundenbegriff
ist ebenso anders zu interpretieren wie der Mitarbeiter- oder der
Produktbegriff. Durch Standards für verschiedene Reifestufen
guter Musikschulen ist es mit QsM nun möglich, dass eine Musikschule
nicht nur ihren Ist-Zustand genau feststellen kann, sondern bei
jedem der 32 Gesichtspunkte auch konkrete Hinweise erhält,
was sie tun kann, wenn sie sich weiterentwickeln möchte. Dass
dies mit QsM sehr effektiv möglich ist, zeigte sich bei der
Folkwang-Musikschule Essen. Bei der Bearbeitung des Systems entwickelte
man dort nahezu 400 Maßnahmen, die jetzt in einem Fünf-Jahresplan
umgesetzt werden sollen. Wie auf dem Erfahrungsaustausch Mitte Februar
zu erfahren war, denken vier der neun beteiligten Musikschulen daran,
von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, die intern festgestellte
Leistung durch externe Assessoren überprüfen und sich
zertifizieren zu lassen. Die Musikschulen Monheim und Unterhaching
streben dieses Ziel noch in diesem Jahr an. Die Modellphase der
Einführung von QsM endet in diesem Frühjahr. Auf der VdM-Bundesversammlung
im Mai wird darüber berichtet und während des Kongresses
mit einem Stand informiert. Bereits im vergangenen Sommer waren
die Rückmeldungen der beteiligten Musikschulen beim VdM so
positiv, dass man im Vorstand den Entschluss fasste, die Kooperation
mit der frey Akademie fortzuführen und das System ab 2001 den
Musikschulen auf breiter Ebene anzubieten. In diesen Tagen beginnen
sieben weitere Musikschulen in zwei Gruppen. Für den Herbst
sind weitere Einführungsmaßnahmen geplant.
Bernhard Leopoldt
Das QsM in der Praxis
Leitbild der Kreismusikschule Erding
Die Kreismusikschule Erding e.V. erfüllt in der Trägerschaft
des Landkreises Erding und der Kreisgemeinden den öffentlichen
Auftrag der Musikerziehung und Musikpflege.
Die Kreismusikschule Erding öffnet Kindern, Jugendlichen
und Erwachsenen einen Weg zu lebendigem, persönlichem und
ausdrucksstarkem Musizieren. Sie vermittelt Erfahrungen mit musikalischen
Werken und Welten, die das Leben ihrer Schülerinnen und Schüler
nachhaltig bereichern. Damit schafft sie die Grundlage für
eine dauerhafte Beschäftigung mit Musik.
Die Kreismusikschule Erding pflegt Musik als Kernstück
europäischen Kulturguts; sie vermittelt und bewahrt kulturelle
Identität. Die Kreismusikschule Erding baut Brücken
zu Musik anderer Kulturkreise.
Die Kreismusikschule Erding leistet mit ihrer strukturierten
Bildungsarbeit einen Beitrag zur sozialen Erziehung und wirkt
persönlichkeitsbildend und leistungsfördernd.
Die Kreismusikschule Erding achtet auf eine homogene Entwicklung
des Dreiecks Qualitätsverbesserung, Kundenzufriedenheit und
Mitarbeiterzufriedenheit.
Die Kreismusikschule Erding versteht ihren Bildungsauftrag
als eine gesellschaftliche Aufgabe, ist regional geprägt
und bringt sich in das kulturelle Leben ihres Wirkungsbereiches
ein.