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nmz-archiv
nmz 2001/03 | Seite 24
50. Jahrgang | März
Noten
Ein Schweizer wird entdeckt
Sammlung mit Stücken von Hans Huber erschienen
Wie kann es geschehen, dass einer einfach vergessen ist, der zu
seinen Lebzeiten (18521921) der bedeutendste Schweizer Komponist
gewesen sein dürfte, der das Musikleben von Basel maßgeblich
gestaltete, Gründer und Leiter des Konservatoriums war, Klavierschüler
unterrichtete, Chöre und Orchester leitete, Präsident
des schweizerischen Tonkünstlerverbands war, in regem Austausch
mit Komponisten wie etwa Brahms und Busoni stand...?
Weil seine Werke vergriffen waren und blieben? Weil die Schweiz
nie ein Musikkulturzentrum war wie zu verschiedenen Zeiten
Italien, Frankreich, Deutschland, Österreich? Frage
an den Leser: Wie viele Schweizer Komponisten können Sie aufzählen?
Durch Zufall wurde nun das Werk von Hans Huber wieder aufgestöbert,
und es ist das Verdienst von Verlagsleiter Pius Urech (Acanthus,
in Rüttenen), den Verschollenen langsam wieder an die Öffentlichkeit
zu bringen. Erschienen sind bisher drei CDs, nämlich Chorwerke
mit Klavierbegleitung (Act. 94002), Klavierwerke zu vier Händen
(Act. 94004) und Lieder und Duette (Act. 94006).
Neu herausgekommen ist nun auch ein Klavierheft (zweihändig),
in dem Stücke versammelt sind, die recht gut die romantisch
bis spätromantische Ausdrucksvielfalt des Komponisten demonstrieren
manchmal ist man an Schumann erinnert, manchmal an Brahms,
gelegentlich an Richard Strauss. Und der Titel des Klavierhefts,
Bilderbuch ohne Bilder an wen oder was erinnert
der?
Vier Hauptgenres lassen sich in der Sammlung unterscheiden: Volksliedbearbeitungen;
etüdenartige Stücke, in denen bestimmte Bewegungsfiguren
oder rhythmische Muster vorherrschen; Walzer und Ländler; und
natürlich lyrische Charakterstücke.
Oft gelingen Huber bezaubernde Melodiesequenzen und überraschende
harmonische Wendungen, bei denen man aufhört (z.B. Elegie,
Menuett, Nachklänge). Gelegentlich
stößt man auf ach wie schön und harmlos Klingendes
(Verlorene Liebe, Wehmut) aber bei
welchem Romantiker fände man das nicht? Unstern
zum Beispiel ist eines der feurigen Stücke, das in einen links/rechts-verschachtelten
Rhythmus von Anfang bis Ende durchjagt für jede Stimmungslage
ist etwas dabei.
Und die Stücke wurden bewusst nach einem Schwierigkeitsgrad
ausgewählt, der nicht nur den sehr guten Spielern zugänglich
ist. Also nachdem wir Klaviermusikliebhaber nun ja jedes
bekannte Stück von jedem bekannten Romantiker kennen
wie wärs einmal mit unbekannten Stücken eines unbekannten
Romantikers?