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nmz-archiv
nmz 2001/04 | Seite 22
50. Jahrgang | April
Bücher
Enzyklopädisches, attraktiv verpackt
Frankfurter Musikmesse: Neuheiten auf dem Buchmarkt
MGG prisma, Bärenreiter/Metzler Kassel/Stuttgart 2001:
Dahms, S. (Hg.): Tanz;
Finscher, L.: Symphonie;
Kropfinger, K.: Beethoven;
Reichling, A. (Hg.): Orgel Gülke, P.: ...immer das Ganze vor Augen...
Studien zu Beethoven, Bärenreiter/Metzler Kassel/Stuttgart
2001
Mit der neuen Reihe MGG prisma tritt das Großprojekt der
Neuauflage der Enzyklopädie Die Musik in Geschichte und
Gegenwart aus dem abgeschotteten Umfeld der Bibliotheken und
Fachleute hinaus in die Öffentlichkeit einer breiten Leserschaft.
Das ist nur legitim, wenn man bedenkt, dass viele der Artikel in
Umfang und Anspruch zu Buchformat angewachsen sind und somit die
Einzelpublikation geradezu herausfordern. Bleibt die Frage, ob die
nun in einer ersten Serie vorliegenden Bände für diesen
erweiterten Leserkreis attraktiv genug sind oder der enzyklopädische
Charakter der Artikel dem nicht möglicherweise entgegensteht.
Dabei spielt natürlich eine Rolle, ob der Artikel und damit
das Buch aus einer Feder stammt oder in Beiträge einer Vielzahl
von Autoren/-innen zerfällt, wie die Bände Tanz
und Orgel. Beide gleichen dieses Defizit durch eine
differenziert verästelte und (ein Vorteil gegenüber der
MGG) über das Register leicht auffindbare Gliederung dieser
schier unüberschaubaren Stoffgebiete aus, die wohl auch nur
im Kollektiv zu bewältigen sind. Der Herausforderung der beiden
anderen, nicht minder Ehrfurcht gebietenden Themen dagegen haben
sich Einzelautoren gestellt. Mit der Darstellung der Gattung Symphonie
hat MGG-Herausgeber Ludwig Finscher ein beeindruckendes Beispiel
für eine gelungene Balance zwischen Detailfülle und Gesamtschau,
zwischen harten Fakten und souveränem Einordnen in den musikhistorischen
Zusammenhang vorgelegt. Klaus Kropfinger wählt demgegenüber
einen anderen, im Rahmen eines solchen Artikels eher befremdlichen
Weg. An die Stelle des Konzepts Leben und Werk tritt
hier eine radikale Problematisierung aller forschungsrelevanten
Bereiche. Die greifbaren Tatsachen sind in einer umfänglichen
Synopse detailliert aufgefächerter biografischer und werkbezogener
Ereignisse aufgehoben, die in Buchform gegenüber der Version
der MGG leider nicht an Übersichtlichkeit gewonnen hat. Ergänzt
werden Kropfingers gleichwohl fundierte und anregende Reflexionen
im Verlagsprogramm durch das Beethoven-Buch Peter Gülkes, das
grundlegende Aufsätze dieses auch sprachlich immer faszinierenden
Forschers und Autors um einen neuen einleitenden Essay ergänzt
im Zusammenhang zugänglich macht.
Dullat, G.: Klarinetten Grundzüge ihrer Entwicklung,
Verlag E. Bochinsky Frankfurt a.M. 2001 Ventztke, K. u.a.: Die Saxophone. Beiträge zu ihrer
Bau-Charakteristik, Funktion und Geschichte, Verlag E. Bochinsky
Frankfurt a.M. 2001
Einen der MGG-Reihe vergleichbaren enzyklopädischen Anspruch
strahlen zwei instrumentenkundliche Neuerscheinungen des Bochinsky
Verlags aus: Den bewährten, 1978 erstmals erschienenen Saxophon-Band
haben Karl Ventztke und seine Co-Autoren nun ein weiteres Mal überarbeitet
und ergänzt; ganz neu ist Günter Dullats grundlegende
Auseinandersetzung mit der Familie der Klarinetten. Beiden Büchern
gemeinsam ist das sorgfältige und attraktive Äußere
sowie die Qualität und Fülle der Abbildungen. In der Konzeption
gewichtet der Saxophon-Band grundlegende technische und akustische
Voraussetzungen stärker, wohingegen bei Dullat einer vorbildlich
gegliederten Darstellung der verschiedenen Bauformen, Modelle und
Systeme sowie bedeutenden Klarinettenbauern mehr Raum beigemessen
wird. Sehr empfehlenswert!
Niemöller, K.W./Koch, K.-P. (Hg.): Heinrich Neuhaus (18881964)
zum 110. Geburtsjahr. Aspekte interkultureller Beziehung in
Pianistik und Musikgeschichte zwischen dem östlichen Europa
und Deutschland. Konferenzbericht Köln 23.26. Oktober
1998, Studio Verlag Sinzig 2000
Den nicht ganz runden Geburtstag des auch als Pädagogen legendären
Pia-nisten Heinrich Neuhaus nahm das 1998 gegründete Institut
für deutsche Musikkultur im östlichen Europa (IME) zum
Anlass eines Symposiums, dessen Erträge nun in Buchform zugänglich
sind. Nimmt man die ein oder andere Überschneidung in den biografischen
Aufsätzen in Kauf, liegt damit eine sowohl kulturhistorisch
als auch in den pädagogisch-pianistischen As-pekten sehr informative
Stoffsammlung vor, welche die Bedeutung dieses Mittlers zwischen
den Musikkulturen in zahlreichen Kontexten beleuchtet.