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nmz-archiv
nmz 2001/04 | Seite 25
50. Jahrgang | April
Deutscher Kulturrat
Reform der so genannten Ausländersteuer jetzt
Deutschland braucht mehr, nicht weniger Kulturaustausch ·
Von Olaf Zimmermann
Seit der Anhebung des Satzes der beschränkten Steuerpflicht
für ausländische Künstlerinnen und Künstler,
der so genannten Ausländersteuer, von 15 auf 25 Prozent im
Jahr 1996 ist ein kontinuierlicher Rückgang des Künstleraustausches
festzustellen. Weniger ausländische Künstlerinnen und
Künstler treten in Deutschland auf und im Gegenzug werden weniger
deutsche Künstlerinnen und Künstler in das Ausland eingeladen.
Auf Dauer entsteht so ein kaum wieder gutzumachender Schaden im
kulturellen Leben.
Der Deutsche Kulturrat hat deshalb einen Vorschlag erarbeitet,
der gerade den ausländischen Künstlerinnen und Künstlern,
die ein kleines Honorar erhalten, Erleichterungen bieten soll. Heute
ist es oft so, dass Künstler aus dem Ausland bei ihren Auftritten
wie Großverdiener vom Fiskus zur Kasse gebeten werden. 50
Prozent der Gesamteinkünfte der ausländischen Künstler,
das heißt die Summe aus der Gage, den Reisekosten, den Hotelkosten,
den Transportkosten und ähnliche werden pauschal mit 25 Prozent
besteuert.
Die Steuer muss der Veranstalter in Deutschland an das Finanzamt
abführen. Besonders die kleinen Veranstalter sind nicht in
der Lage die Honorare für Gastkünstler so zu erhöhen,
dass sie trotz dieser Übermaßbesteuerung noch eine ausreichende
Gage erhalten können. Gerade der Kulturaustausch auf der lokalen
Ebene leidet darunter, dass viele Künstler es sich schlichtweg
nicht mehr leisten können, in Deutschland aufzutreten, weil
die Gagen zu niedrig sind.
Bereits seit der Anhebung des pauschalen Steuersatzes für
ausländische Künstlerinnen und Künstler setzen sich
der Deutsche Kulturrat und auch die Mitgliedsverbände seiner
Sektionen für eine Senkung dieses Satzes ein. Trotz großer
Resonanz in den Medien und bei Abgeordneten des Deutschen Bundestages
konnte bislang noch kein Erfolg erzielt werden.
Nun zeichnet sich aber in der Bundesregierung und auch im Deutschen
Bundestag Bewegung in dieser Frage ab. Im Dezember letzten Jahres
hat die Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Medien im
Deutschen Bundestag, Monika Griefahn (SPD), angekündigt, dass
der Satz der pauschalen Besteuerung ausländischer Künstlerinnen
und Künstler gesenkt werden soll.
Das Bundeskabinett beschloss bereits Anfang dieses Jahres den
pauschalen Steuersatz für ausländische Künstlerinnen
und Künstler zum 1. Januar 2003 von 25 auf 20 Prozent abzusenken.
Die mit der Steuerreform beschlossene Absenkung des Spitzensteuersatzes
zum Jahr 2003 findet damit auch bei vorübergehend in Deutschland
tätigen ausländischen Künstlerinnen und Künstlern
Anwendung.
Weiterhin Handlungsbedarf
Der Deutsche Kulturrat hat die Pläne der Bundesregierung
begrüßt, sieht aber weitergehenden Handlungsbedarf. Vom
Deutschen Kulturrat wurde daher ein Modell entwickelt, wie auf unbürokratische
Weise gerade noch nicht so bekannten ausländischen Künstlerinnen
und Künstlern ein Auftritt in Deutschland erleichtert werden
kann.
Nach dem Modell des Deutschen Kulturrates:
wird auch für vorübergehend in Deutschland tätige
ausländische Künstlerinnen und Künstler ein jährlicher
Freibetrag in Höhe des steuerfreien Existenzminimums (derzeit
liegt er bei 14.040 Mark im Jahr) eingeführt,
sollte bei der Berechnung des Gewinns das bisherige Modell der
pauschalen Gewinnermittlung beibehalten bleiben, das heißt
weiterhin angenommen werden, dass von den erzielten Einnahmen
50 Prozent an Gewinn verbleiben,
sollte die Umsatzsteuer in Höhe von 16 Prozent aus der
Bemessungsgrundlage herausgerechnet werden.
Um eine möglichst einfache Handhabung der Besteuerung vorübergehend
in Deutschland tätiger ausländischer Künstlerinnen
und Künstler zu ermöglichen, schlägt der Deutsche
Kulturrat folgendes Verfahren vor:
ausländische Künstlerinnen und Künstler, die
in Deutschland vorübergehend tätig sind, erhalten vom
Bundesamt für Finanzen ein personifiziertes Künstlerfreibetrags-Scheckheft,
das Künstlerfreibetragsscheckheft enthält Schecks
in unterschiedlich großer Stückelung, die insgesamt
eine Summe in Höhe des Freibetrags ergeben,
pro Veranstaltung können Künstler Schecks aus dem
Künstlerfreibetrags-Scheckheft dem Veranstalter übergeben,
so lange die Jahreseinnahmen der ausländischen Künstlerinnen
und Künstler unterhalb des Freibetrags verbleiben, fällt
keine Pauschalsteuer an,
steigen die Einnahmen über den Freibetrag, setzt die reguläre
Pauschalbesteuerung ein.
Dieses Modell würde für selbstständige ausländische
Künstler und unselbstständige ausländische Künstler,
die vorübergehend in Deutschland arbeiten, gleichermaßen
gelten. Die praktische Durchführung der Besteuerung vorübergehend
in Deutschland tätiger ausländischer Künstlerinnen
und Künstler sollte weiterhin beim Bundesamt der Finanzen verbleiben.
Der Deutsche Kulturrat mit den ihm angeschlossenen Verbänden
ist der Überzeugung, dass sein Modell die vielfach bestehende
Übermaßbesteuerung ausländischer Künstler beenden
würde. Das Künstlerfreibetrags-Scheckheft steht für
ein unbürokratisches Verfahren, dass sowohl für ausländische
Künstlerinnen und Künstler als auch die deutschen Veranstalter
problemlos durchführbar ist. Mit diesem Modell würde vermieden
werden, dass ausländische Künstlerinnen und Künstler,
die vorübergehend in Deutschland tätig sind, eine Steuererklärung
bei den jeweils zuständigen Finanzämtern in Deutschland
abgeben müssten.
Die vom Deutschen Kulturrat vorgeschlagene praxisnahe Besteuerung
ausländischer Künstlerinnen und Künstler, die zeitweise
in Deutschland auftreten, würde gerade dem regionalen Kulturaustausch
dienen. Besonders würden die Lage der Kulturveranstalter verbessert,
bei denen Künstlerinnen und Künstler auftreten, deren
Auftritte nicht mit öffentlichen Mitteln gefördert werden.
Bislang ist es nach dem so genannten Kulturorchester-Erlass so,
dass Veranstalter Steuervorteile genießen, bei denen Ensembles
auftreten, deren Auftritt zu erheblichen Teilen aus öffentlichen
Mitteln gefördert werden.
Da vom so genannten Kulturorchester-Erlass Solisten und solistisch
besetzte Ensembles, wie Duos, Trios oder Quartette, ausgenommen
sind, können gerade kleine Clubs zum Beispiel im Jazzbereich
die Steuerbefreiung nicht in Anspruch nehmen. Der Kulturaustausch
gerade in dieser lebendigen Szene, die von wechselnden Besetzungen
und dem Austausch lebt, wird durch die Übermaßbesteuerung
deutlich erschwert.
Staatsminister Nida-Rümelin, Beauftragter der Bundesregierung
für die Angelegenheiten der Kultur und der Medien, will sich
der Frage ebenfalls annehmen und hat einen ähnlichen Vorschlag
wie der Deutsche Kulturrat unterbreitet, ohne allerdings die Höhe
des angestrebten Freibetrags zu benennen. Er kann sich bei seinem
Einsatz der Unterstützung aus dem Deutschen Kulturrat sicher
sein.