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nmz-archiv
nmz 2001/04 | Seite 16
50. Jahrgang | April
Portrait
In die Zukunft mit unaufgelöstem Septakkord
Das junge Minguet Quartett kann auf jede wünschenswerte
Kammermusikreferenz verweisen
Der spanische Philosoph und Komponist Pablo Minguet ließ
im 18. Jahrhundert unaufgelöste Septakkorde auf einen Bucheinband
drucken. So machte er auf sich aufmerksam, und sein Name wiederum
verbindet sich heute mit einem Quartett, das eines der aufstrebenden
in der Klassikszene ist.
Sie mögen und schätzen
sich, und das merkt man beim Zuhören das Minguet
Quartett. Foto: nmz-Archiv
Ulrich Isfort, Violine, und Irene Schwalb, Viola, haben die Formation
1988, noch während ihrer Studienzeit in Düsseldorf, gegründet.
Matthias Diener, Cello, und Annette Reisinger, Violine, gehören
seit drei beziehungsweise fünf Jahren zur festen Besetzung,
die jetzt in Köln ihr Domizil hat. Für Annette Reisinger
aus Berlin ist das Minguet Quartett berufliche Erfüllung schlechthin:
Seit ich dabei bin, ist klar, dass es das Einzige ist, was
ich je wollte. Ich habe mich aber nicht getraut, das zu denken.
Dabei kann das Minguet Quartett auf jede wünschenswerte Referenz
der Kammermusikprominenz, etwa von Walter Levin (LaSalle Quartett),
Günter Pichler (Alban Berg Quartett) und Norbert Brainin (Amadeus
Quartett), verweisen. Zu recht, denn im Konzert sind die je zwei
Damen und Herren konzentriert und entspannt zugleich. Irene Schwalb
weiß, warum: Es ist bei Konzerten zu merken, dass wir
uns mögen, dass wir Spaß an unserer Musik haben.
Wohl auch deshalb sind sie in bedeutenden Sälen wie der Wigmore
Hall, London und bei großen Festivals wie dem in Schleswig-Holstein
oder der Kölner Triennale aufgetreten. Ihr Repertoire ist sehr
breit gefächert: Wir versuchen eine gleichwertige Balance
zwischen alten und neuen Werken zu halten. Sie wollen sich
nicht auf Genres oder Epochen festlegen lassen, Glaubwürdigkeit
ist ihnen am wichtigsten.
Das Minguet Quartett absolviert 60 bis 70 Konzerte pro Jahr, oft
Programme, die Musikgeschichte en miniature reflektieren, so wie
sie im Bach-Jahr Verbindungen zu György Kurtág hergestellt
haben. Auch die Diskografie zeigt das Spektrum des Minguet Quartetts
deutlich: Es hat sich intensiv mit dem zeitgenössischen jüdischen
Komponisten Josef Tal befasst und die Streichquartette des vereinsamten
Wiener Romantikers Robert Fuchs ins Repertoire genommen.
Ihre Erfahrungen aus der Konzertpraxis vermitteln die Minguet-Solisten
seit 1997 im Rahmen eines Lehrauftrags an der Robert-Schumann- Hochschule
in Düsseldorf: Wir unterrichten keine festen Ensembles
mit professioneller Perspektive, sondern es geht darum, Kammermusik
als Darbietungsform kennen zu lernen, beschreibt Ulrich Isfort
seine Tätigkeit dort. Für die Minguet -Profis reichen
die Einnahmen durch Konzerte und Lehre für den Lebensunterhalt
aus. Beste Voraussetzungen für eine internationale Karriere,
die sich in zahlreichen Engagements abzeichnet.