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nmz-archiv
nmz 2001/04 | Seite 23
50. Jahrgang | April
Rezensionen
Suggestive Reise ins Innere
Bruckner-Sinfonie bei TDK auf DVD erschienen
Anton Bruckner: Symphonie Nr. 8 in c-Moll; Wiener Philharmoniker,
Pierre Boulez
TDK (Vertrieb: EuroVideo); Untertitel: Engl., Frz., Sp., Dt., Ital.,
Jap.; PCM Stereo, Dolby 5.1 (95 inkl. Interview mit
P. Boulez)
Fiebrig flirren die Sfozati, wenn die Kamera sich langsam vom Deckengewölbe
entfernt. Immer drängender greifen die Figurationen der Celli
um sich, während die Weite des Raumes allmählich sichtbar
wird. Da öffnet sich das Kirchenschiff in seiner ganzen Weite,
die Musik scheint einen Augenblick lang ins Nichts auszuatmen. Als
das erste Thema aus diesem Vakuum gleichsam erblüht, ist endlich
der Dirigent zu sehen. Die kantigen Bewegungen seiner Arme suggerieren
Präzision und distanziertes Kalkül.
Ob Bildregisseur Brian Large wohl ein ebenso kühler Kopf
ist wie Pierre Boulez? Es gelingt ihm jedenfalls immer wieder, musikalische
Formverläufe und ihre immanente Dramatik in Bildersprache zu
übersetzen. In dieser Konzertaufzeichnung von Anton Bruckners
8. Symphonie etwa verbindet sich die Musik mit den architektonischen
Gegebenheiten der Stiftskirche St. Florian.
Ohnehin betont Boulez am Pult der Wiener Philharmoniker das strukturelle
Element einer spätromantischen Monumentalsymphonie, die Bruckner
einmal als Mysterium bezeichnet hat. Gewiss, das auratisch-düstere
Kirchen-Ambiente widerspricht der hellen, am französischen
Klangideal orientierten Objektivität des Dirigenten. Doch für
den sonnendurchfluteten Bewegungsfluss im langsamen Satz findet
Brian Large selbst im sakralen Dunkel die entsprechende optische
Umsetzung.
Ein Konzert-Video kann ungemein strapazierend sein, wenn die Kamera
mal den Dirigent, mal diese und jene Orchestergruppe zeigt
hier ist es eine suggestive Reise ins Innere klingender Räume.