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nmz-archiv
nmz 2001/04 | Seite 23
50. Jahrgang | April
Rezensionen
Trügerische Gemütlichkeit
Filmmusik-CD eröffnet neue Sumera-Reihe
Lepo Sumera: Filmmusik,
Antes Edition Classics, BM-CD 31.9155
Lettland, Litauen und Estland drei kleine, ökonomisch
eher unbedeutende baltische Staaten haben sich im 20. Jahundert
zur europäischen Musik-Großmacht entwickelt.
Dafür stehen Namen wie Peteris Vasks, Heino Eller, Arvo Pärt,
Eduard Tubin, Veljo Tormis und zahlreiche andere. Überraschend
starb vergangenen Sommer eine der musikalischen und kulturpolitischen
Leitfiguren Estlands, Lepo Sumera (8. Mai 1950 bis 2. Juni 2000).
Die Werke des Heino-Eller-Schülers stehen in einer vitalistisch,
tonalen Tradition. Sie umfassen nahezu alle Gattungen, wobei Sumera
vor allem als Symphoniker Bedeutung erlangte. Rund 70 Filmmusiken
finden sich zudem im uvre des Esten. Als Hommage an den früh
Verstorbenen versteht die Antes Edition die vorliegende CD mit einer
kleinen Auswahl unterhaltsamer Filmmusik-Szenen aus den 80er-Jahren,
der Zeit der Perestroika, in der sich Estlands politische Loslösung
von der damaligen Sowjetunion vollzog. Nachdem Estland 1988 endgültig
die Unabhängigkeit wiedererlangt hatte, übernahm Sumera
für vier Jahre politische Verantwortung als Kulturminister.
Die Filme reflektieren diesen Zeitenwandel nur indirekt, mal biedermeierlich-gemütlich,
mal als Paraphrase eines Theaterklassikers wie Ibsens Volksfeind,
mal verfremdet im Animationsfilm. Sumeras Musik spricht dabei ironisch-widerständig
Manches aus, was die Protagonisten nicht so direkt in die Kamera
sagen konnten.