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nmz-archiv
nmz 2001/05 | Seite 4
50. Jahrgang | Mai
Cluster
Wellness mit Verdi
Der Fantasie der Plattenfirmen sind keine Grenzen gesetzt
kaum ist Deutschlands allerschönste und erotischste 50-Jährige
ständig in allen Medien von Gala bis Neue
Revue präsent (Hat sie nun ihr faltiges Doppelkinn, unter
dem sie so litt, liften lassen oder nicht?), springt auch die Deutsche
Grammophon auf. Iris Berben, deren Wellness-Anti-Aging-Werk Älter
wer-de ich später gerade wie der neueste Brunetti-Krimi
über die Buchladentheken geht, trifft auf einer
zweiteiligen Compilation mit vier CDs praktischerweise auch noch
im Jubeljahr ihren Lieblingskomponisten Giuseppe Verdi.
Die Ideengeber von Universal Classics sind nämlich der Meinung:
Jene pompöse Schwergewichtigkeit, mit der die Klassik
und ihre Repräsentanten bisher daherkamen, gehört abgeschaft...
Die Zeit ist reif für eine neue Definition: Klassik und Popkultur
inspirieren einander. Dadurch soll dann eine neue, aktuelle
Faszination gegenüber den alten noch dazu GEMA-freien
Helden der Popkultur früherer Jahrzehnte und Jahrhunderte
erreicht werden. Wiederum praktischerweise konnte man gleich auf
die Fotos aus der Wellness-Serie von Frau Berben für das Booklet
zurückgreifen aber leider verwendete man nicht das,
auf dem sie splitternackt in der Badewanne liegt, nur ein paar Rosenköpfe
verhindern die freie Sicht. Denn da liegt nämlich der Körper
pardon , der Hund begraben: Die schöne Iris badet
jeden Abend in duftenden Essenzen, und sicherlich entspannt sie
dabei nichts mehr als Musikhören.
Also Frauen Buch kaufen, rein in die Wanne, Verdi auflegen
dann klappts auch mit dem faltenfreien 100. Geburtstag.
Einen Haken hat die Sache allerdings dreht man das teure
CD-Schächtelchen um, grinst einem süffisant Talker Harald
Schmidt ins überraschte Gesicht. Der trifft Johann Sebastian
Bach und wer will schon mit einem angegrauten Zyniker in
die Badewanne?