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nmz-news
nmz 2001/05 | Seite 2
50. Jahrgang | Mai
Personalia
Personalia
Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet.
Mit dem Kulturinformationszentrum
stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten
im Netz. An dieser Stelle können Fragen gestellt, Informationen
verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur
Darstellung gebracht werden.
Edith Picht-Axenfeld
Orgel hat sie noch bei Albert Schweitzer studiert. Ihren Ruf begründete
sie durch ihre Konzertreisen als Bach- und Beethoven-Interpretin,
mal am Cembalo, mal am Klavier: Edith Picht-Axenfeld. Das pianistisches
Rüstzeug gaben ihr Anna Hirzel-Langenhahn und Rudolf Serkin.
Mit 18 Jahren hatte sie das Musiklehrerexamen in der Tasche, mit
19 feierte sie ihr Berlin-Debüt und mit 23 kam sie vom 3. Warschauer
Wettbewerb 1937 mit dem Chopin-Preis nach Hause. Bei Erich Dofleins
Freiburger Interpretationskursen machte die 14-Jährige mit
zeitgenössischen Werken auf sich aufmerksam. Man findet sie
auf Programmen namhaftester Festivals und Schallplattenlabels, solistisch
oder mit Kammermusikpartnern wie Nicolas Chumachenco, Alexandre
Stein, Aurèle Nicolet, Heinz Holliger und Dietrich Fischer-Dieskau.
In ihrer Geburtsstadt Freiburg wirkte sie an der Musikhochschule
über 30 Jahre in einer Professur für Klavier und historische
Tastenin-strumente. Viele Schüler folgten ihr zu ihren Kursen
zwischen Boswil und Tokio, zwischen Darmstadt und St. Moritz. Ihren
Lebensmittelpunkt hatte sie aber über 60 Jahre lang auf dem
Birklehof in Hinterzarten im Schwarzwald, dort wo Kurt Hahn und
ihr Ehemann, der schon 1982 verstorbene Kulturphilosophe Georg Picht
(Die deutsche Bildungskatastrophe) 1932 das einzigartige
musische Landerziehungsheim begründet hatten, das sich der
Reformpädagogik verpflichtet fühlt. Dort zeitigte ihr
musikalischer Einfluss besondere Wirkung. Sie prägte das musikalische
Profil, wirkte ein auf Geist und Atmosphäre dieser Schule und
gab ihr durch ihren persönlichen Einsatz den Ruf als Förderungsstätte
für musikalisch begabte Schüler, belohnt durch nachhaltige
Erfolge bei Jugend musiziert. Am 19. April verstarb
sie im Alter von 86 Jahren.
(Eckart Rohlfs)
Giuseppe Sinopoli
Guten Morgen, ich heiße Giuseppe Sinopoli. I. Akt,
bitte! So führte sich der 34-jährige Giuseppe Sinopoli
im Januar 1980 in der Deutschen Oper Berlin ein. Es war die erste
Orchesteralleinprobe für Macbetto von Verdi; zu
der Neuinszenierung dieser Oper hatte ich den jungen Dirigenten
eingeladen. Regie führte Ronconi, das Bild stammte von Damiani
und Renato Bruson gab sein Deutschland-Debüt. Das Engagement
barg ein gewisses Risiko, denn Giuseppe war damals durchaus nicht
unumstritten. Nun, es wurde sein Durchbruch zur Weltkarriere und
die bestürzende Tragik seines jähen Todes lässt einem
den Atem stocken: An demselben Pult, von dem er seine Karriere startete,
starb er 20 Jahre später. Wir kannten uns von der Neuen Musik
her und begegneten uns in unserer gemeinsamen Liebe zu Bruno Maderna.
Für ihn empfand Giuseppe die größte Bewunderung
das schlug sich nieder in der Widmung, die er 1978 dem Cellokonzert
voransetzte, welches er im Auftrag von Donaueschingen für mich
schrieb. Wir haben dieses Werk sehr häufig zusammen musiziert
und meistens überließ er mir (speziell in den USA) die
erklärenden Worte vor den Aufführungen und amüsierte
sich königlich darüber, was ich über sein Opus zu
sagen wusste.
Dann seine Kochkünste: Fisch geriet ihm stets meisterlich,
seine Pasta-Rezepte waren manchmal abenteuerlich. Ich
erinnere mich an Spaghetti auf Whisky-Basis; eigentlich
mochten nur wir beide dieses köstliche Gericht er wegen
seiner Autorenschaft, ich aus Freundschaft. Alle anderen Gäste
äußerten sich lobend, aber etwas gequält. Nur noch
ein paar Worte darüber, wie es zu meiner Einladung zum Macbetto
kam: Im März 1976 spielte ich innerhalb des Royan-Festivals
das erste Cello-Konzert von Cristobal Halffter unter Giuseppes Leitung,
und hier war es das erste Mal, dass ich ihn mit einem großen
Orchester erlebte. Ich war derart fasziniert von seinem Dirigat,
dass ich ihn spontan einlud, in Berlin (ich hatte damals noch gar
nicht meinen Job als Intendant angetreten) eine Oper herauszubringen.
Er hat mir dies nie vergessen! Und nun fehlt mir seine tiefe Freundschaft
und unser ständiger musikalischer Gedankenaustausch. Giuseppe
Sinopoli bleibt ständig bei mir präsent.
(Siegfried Palm) (siehe auch unseren ausführlichen Nachruf
auf Seite 38)
John Lewis
Der Jazzmusiker John Lewis, Chef des Modern Jazz Quartet,
ist am 29. März im Alter von 80 Jahren in Manhattan gestorben.
Lewis prägte das Quartet als Pianist, Bandleader, Komponist
und Arrangeur. Seit ihrer ersten Platte 1952 hatte die Gruppe bis
in die 90er-Jahre nichts von ihrer starken Ausstrahlungskraft verloren.
Lewis kam am 3. Mai 1920 im US-amerikanischen Bundesstaat Illinois
auf die Welt. Er studierte Anthropologie und Musik an der Universität
von New Mexico. 1942 lernte er in der Armee den Schlagzeuger Kenny
Clarke kennen. Dieser führte ihn nach dem Krieg in die Dizzy
Gillespie Band ein. 1949 arbeitete Lewis als Solist und Arrangeur
für den Trompeter Miles Davis und dessen Capitol Orchestra.
Das Modern Jazz Quartet gründete Lewis im Jahr
1951. Die Gruppe bestand erst aus Lewis (Piano), Milt Jackson (Vibraphon),
Percy Heath (Bass) und Clarke (Schlagzeug), Connie Kay löste
Clarke 1955 ab.
Kneisel nach Brandenburg
Christian Kneisel ist neuer Intendant in Brandenburg. Der
47-Jährige ist als Musikwissenschaftler und Komponist und an
der Berliner Akademie der Künste tätig gewesen. Theater-Geschäftsführer
ist Andreas Wansing. Kneisel will der 80.000 Einwohner zählenden
Stadt einen neuen Nutzungsschlüssel für ihr Theater geben,
das im Jahr 2000 für 26 Millionen Mark neu erbaut wurde: 60
Prozent Theater- und 40 Prozent Kongress-Betrieb. Im Mittelpunkt
soll das Musiktheater stehen.
Und weiter dreht sich der Bestand...
Drei Köpfe, die exemplarisch fürs ewig sich drehende
Personalkarussell stehen: Andre Hebbelinck verließ
das Ensemble Modern und ging von Frankfurt nach Berlin, wo er
zum neuen Team des Intendanten der Berliner Festspiele gehört.
Neben Hebbelinck, der für Musik und die Festwochen zuständig
sein wird, bestellte Sartorius drei weitere Projektleiter: den
Schweizer Autor und Regisseur Markus Luchsinger (Theater/Tanz),
Matthias Osterwold (Neue Musik/Neue Medien/Performance) und Silke
Zimmermann (Öffentlichkeitsarbeit). Gemeinsam mit seinen
neuen Projektleitern wird Sartorius eine neue Konzeption für
die Festspiele erarbeiten. Unter anderem will das Team die thematischen
Schwerpunkte für die Jahre 2003 bis 2005 festlegen. Sartorius
hatte die Intendanz der Festspiele zu Jahresbeginn übernommen.
Als neues Festspielhaus wurde am 21. April das Haus der
Berliner Festspiele, die ehemalige Freie Volksbühne,
eröffnet.
Elmar Weingarten gab seinen Intendantenposten nach dem
Sündenfall der Berliner Philharmoniker, dem Konzert
mit den Rock-Opas Scorpions, ab und schaffte somit
Platz für den quirligen Franz Xaver Ohnesorg, der bereits
im Herbst seine Arbeit aufnimmt. Weingartens Bayreuth-Konzept,
das er zusammen mit Nike Wagner vorlegte, liegt allerdings im
Moment auf Eis.
In Frankfurt gibt es seit beinahe 30 Jahren die Junge Deutsche
Philharmonie. Das Orchester sticht durch seinen Anspruch einer
echten Mitbestimmung bei Programm-, Solisten und Dirigentenwahl
aus der Masse der Jugendorchester heraus. Auch der bisherige Geschäftsführer
Hans-Peter Wirth stammt aus dem Orchester. Er war dort in den
Anfangsjahren Kontrabassist. Nach fünf Jahren Amtszeit verlässt
Wirth nun die Junge Deutsche Philharmonie und geht zum aufstrebenden
Münchener Kammerorchester unter Christoph Poppen.
Kündigung
Das Kuratorium der Bamberger Symphoniker hat den Orchesterintendanten
Mathias Weigmann fristlos entlassen. Die Kündigung wurde
einstimmig gebilligt und rückwirkend ausgesprochen, gab der
bayerische Kunstminister und Kuratoriumsvorsitzende, Hans Zehetmair
(CSU), in Bamberg bekannt. Unter Weigmanns Führung war das
Orchester in eine Finanzkrise geschlittert und hatte mehrere Millionen
Mark Schulden angehäuft. Allein die Überschreitung des
Budgets im ersten Quartal 2001 um weitere 700.000 Mark rechtfertige
eine zweite fristlose Kündigung, sagte Zehetmair. Zugleich
muss Weigmann sein Amt als erster Vorsitzender des Orchester-Trägervereins
aufgeben.