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nmz-archiv
nmz 2001/05 | Seite 14
50. Jahrgang | Mai
Deutscher Kulturrat
Dame (bis jetzt noch) ohne Unterleib
Reform des Stiftungszivilrechts nimmt wieder Fahrt auf ·
Von Olaf Zimmermann
Nach der Reform des Stiftungssteuerrechts (Gesetz zur weiteren
steuerlichen Förderung von Stiftungen, Bundesdrucksache 14/2340)
im letzten Jahr war es still um das Vorhaben Reform des Stiftungssteuer-
und des Stiftungszivilrechts geworden. Die erste Etappe war geschafft.
Erste Erfolge wurden sichtbar. Die Bundesregierung hatte versprochen,
den zweiten Teil der Stiftungsreform, die Reform des Stiftungszivilrechts,
noch in dieser Legislaturperiode in Angriff zu nehmen.
Nachdem die F.D.P.-Bundestagsraktion nun einen Gesetzesentwurf
zur Reform des Stiftungszivilrechts in den Deutschen Bundestag (Entwurf
eines Gesetzes für eine Reform des Stiftungszivilrechts (Stiftungsrechtsreformgesetz),
zu finden unter http://www.
kulturrat.de/themen/fdp-stiftung.htm) eingebracht hat, werden
hoffentlich auch die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen
wieder Dampf bei der Reform des Stiftungszivilrechts machen.
Bei Parteien und bei den Verbänden herrscht Übereinstimmung,
dass eine Reform des Stiftungsrechts ohne zivilrechtlichen Teil
eine Dame ohne Unterleib ist. Der Deutsche Kulturrat hat in seinen
Forderungen nach der Reform des Stiftungsrechts dem Stiftungszivilrecht
höchste Priorität eingeräumt. Die Forderungen des
Deutschen Kulturrates wurden im Jahr 1999 in der Stellungnahme Verbesserungen
im Stiftungsrecht sind erforderlich formuliert.
Erst mit der noch ausstehenden Reform des Stiftungszivilrechts ist
der Reformkomplex Stiftungssteuer- und Stiftungszivilrecht abgeschlossen.
Was sind Stiftungen?
Stiftungen sind Ausdruck des Bürgerschaftlichen Engagements.
Stifterinnen und Stifter schenken bei der Errichtung einer Stiftung
der Gesellschaft einen Teil oder ihr gesamtes Vermögen dauerhaft
und unwiderruflich. Stiftungen leisten bereits heute einen wichtigen
Beitrag in der Finanzierung von Kultur. Stiftungen können flexibel
auf die Bedarfe reagieren. Sie agieren zumeist unbürokratisch.
Viele Stiftungen fördern gerade junge Künstlerinnen und
Künstler. Sie leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur
weiteren Entwicklung des kulturellen Lebens. Die Bedeutung von Stiftungen
bei der Finanzierung von Kultureinrichtungen, kulturellen Projekten
sowie Künstlerinnen und Künstlern wird in der Zukunft
zunehmen. Die Finanzierungsspielräume der öffentlichen
Hände zur Förderung zusätzlicher Vorhaben bestehen
gerade im Kunst- und Kulturbereich längst schon nicht mehr.
Selbst die Substanz kann vielfach nicht mehr öffentlich finanziert
werden. Diese Finanzierungslücken werden in der Zukunft auch
durch Stiftungen geschlossen werden müssen.
Die Bereitschaft bei den Bürgerinnen und Bürgern zum
Stiften wächst deutlich. Die Zahl der Stiftungserrichtungen
steigt kontinuierlich an. Es steht zu erwarten, dass gerade in den
nächsten Jahren, in denen nach mehr als 50 Jahren Frieden in
Deutschland breite Vermögen vererbt werden können, für
die Stiftungsbereitschaft weiter geworben werden kann. Viele Erblasser
möchten nach ihrem Tod der Gesellschaft etwas von dem zurückgeben,
das sie erhalten haben. Ihre Nachkommen sind ausreichend versorgt.
Das Instrument der Stiftung eignet sich hervorragend, um über
den Tod hinaus das Leben zu sichern und etwas Gutes
mit seinem Vermögen anzustiften.
Zahlen, Daten, Fakten
Im Rahmen der Erstellung des neuen Verzeichnisses deutscher Stiftungen
hat der Bundesverband Deutscher Stiftungen aktuelles Zahlenmaterial
zur Stiftungslandschaft in Deutschland vorgelegt. Im Jahr 2000 gab
es in Deutschland 2.470 Stiftungen, die Kunst und Kultur fördern.
Das sind 13,7 Prozent aller Stiftungen. Insgesamt gibt es 17.932
Stiftungen. Von 1997 bis 2000 wurden 903 Kunst- und Kulturstiftungen
neu errichtet. Die Zahlen zum Stiftungswesen sind der Zusammenstellung
Zahlen, Daten, Fakten zum deutschen Stiftungswesen, hrsg.
vom Bundesverband Deutscher Stiftungen, 2. Ausgabe, Berlin 2001
entnommen. Einen hervorragenden Überblick über die deutsche
Stiftungslandschaft bietet das Verzeichnis Verzeichnis deutscher
Stiftungen 2000, hrsg. vom Bundesverband Deutscher Stiftungen, 4.
Ausgabe 2000, Darmstadt 2000.
Der zurzeit zu beobachtende Stiftungsboom hängt auch mit
den seit dem 1.1.2000 geltenden steuerlichen Vergünstigungen
bei Stiftungsgründungen zusammen. Ausführliche Informationen
zu diesen Regelungen findet man unter: http://www.kulturrat.de/themen/stiftung-gruenden.htm.
Aber es kann noch mehr gemacht werden. Erst wenn die noch fehlende
Reform des Stiftungszivilrechts abgeschlossen wird, kann das Instrumentarium
Stiftung wirklich sinnvoll für die Unterstützung von Kunst
und Kultur eingesetzt werden. Bei der Reform des Stiftungszivilrechts
sind folgende Aspekte vordringlich.
Stiftungen müssen gemeinwohlorientiert sein. Steuervorteile
für Stifterinnen und Stifter sind nur zu rechtfertigen, wenn
sie ihr Vermögen in eine Stiftung geben, die aus ihren Erträgen
tatsächlich gemeinnützige Zwecke fördert. Eine mögliche
Definition für solche gemeinwohlorientierte Stiftungen könnte
sein: Stiftungen sind mitgliederlose Organisationen, die aus
den Erträgen ihres Vermögens gemeinnützige Zwecke
ewiglich fördern.
Positives Image stärken
Eine solche Begrenzung des Stiftungsbegriffs auf gemeinnützige
Zwecke würde das positive Image von Stiftungen nochmals nachhaltig
stärken. Es ist auch nicht einzusehen, warum sich einige Vereine
oder GmbHs Stiftungen nennen dürfen, obwohl sie es eindeutig
nicht sind.
Besonders bekannte Mogelpackungen sind die politischen
Stiftungen, wie zum Beispiel die Friedrich-Ebert-Stiftung oder die
Konrad-Adenauer-Stiftung. Diese vermeintlichen Stiftungen sind in
Wirklichkeit Vereine, die weder für die Ewigkeit errichtet
wurden, noch haben sie ein Stiftungskapital. Sie erhalten vielmehr
jährlich zur Erfüllung ihrer satzungsgemäßen
Aufgaben vom Bund öffentliche Mittel. Stiftungen sind etwas
Besonderes. Sie dürfen nicht mit einem Verein, einer GmbH oder
einer anderen Unternehmensform verwechselbar sein.
Damit Stiftungen ihre gemeinwohlorientierten Zwecke erfüllen
können, muss in der Zukunft sichergestellt werden, dass sie
immer ein ausreichendes Stiftungskapital haben. Aus den Erträgen
dieses Kapitals wird der Stiftungszweck erfüllt.
Da das Haushaltsrecht der öffentlichen Hand Kultureinrichtungen
vielfach enge Fesseln anlegt und wirtschaftliches Handeln im betriebswirtschaftlichen
Sinne nicht zulässt, werden immer häufiger Trägerstiftungen
für öffentliche Kultureinrichtungen von der öffentlichen
Hand gegründet. Die Trägerstiftungen führen zwar
den Namen Stiftung, verfügen aber über kein ausreichendes
Vermögen, um die satzungsgemäßen Zwecke zu erfüllen.
Diese Stiftungen sind weiterhin von der öffentlichen Förderung
abhängig. Der schwarze Peter für den Umgang mit den Unzulänglichkeiten
des öffentlichen Haushaltsrechtes liegt nun nicht mehr bei
den Kulturverwaltungen sondern bei den verantwortlichen Gremien
und der Geschäftsführung der Stiftung. Das Problem wurde
also nicht gelöst, sondern nur verschoben. Auch diese Stiftungen
der öffentlichen Hand, die nicht mit dem notwendigen Kapital
ausgestattet werden, sind eigentlich keine echten Stiftungen. Wenn
man die Stiftungsidee wirklich fördern will, dann muss man
Stiftungen in der Zukunft eindeutig definieren. Nur damit kann erreicht
werden, dass die Mogelpackungen und die unechten
Stiftungen den guten Ruf der Stiftungen nicht gefährden
können.
Stifter-Beratung
Neben dieser klaren Definition von Stiftungen wird bei der Reform
des Stiftungszivilrechtes die Verbesserung der Stiftungsbehörden
das zweite wichtige Ziel sein. Die Stiftungsbehörden sollten
in der Zukunft ihren Arbeitsschwerpunkt in der Beratung von Stifterinnen
und Stiftern sehen. Die Stiftungsbehörden verfügen über
die Erfahrungen bei der Errichtung von Stiftungen. Diese Erfahrungen
sollten genutzt werden und die Stiftungsbehörden so zu Geburtshelfern
von Stiftungen werden. Für die Entwicklung eines stiftungsfreundlichen
Klimas ist gerade diese Veränderung von herausragender Bedeutung.
In diesem Zusammenhang sollten die Stiftungsbehörden als
Clearing-Stelle auch die notwendige Abstimmung mit den Finanzbehörden
übernehmen. Für viele Stifterinnen und Stifter ist es
entmutigend, erst einen Behördenmarathon bei den Stiftungsbehörden
zu durchlaufen und dann dasselbe noch einmal mit der Finanzbehörde
für die Erteilung der Gemeinnützigkeit zu absolvieren.
Eine enge Abstimmung zwischen Stiftungsbehörde und Finanzamt
wird in der Zukunft auch dazu beitragen, dass das Verfahren zur
Stiftungsgründung beschleunigt wird. Um dieser Verfahrensbeschleunigung
noch mehr Schubkraft zu verleihen, sollte darüber hinaus gesetzlich
fixiert werden, dass innerhalb eines bestimmten Zeitraumes über
den Antrag auf Errichtung einer Stiftung zu entscheiden ist.
Einige fordern die Abschaffung der staatlichen Stiftungsaufsichtsbehörden.
Ich halte das für einen Fehler, da nur die staatliche Stiftungsaufsicht
die Dauerhaftigkeit der Erfüllung der Stiftungszwecke in einer
Stiftung garantieren kann. Stiftungen wirken ewiglich. Einige Stiftungen
sind bereits 1.000 Jahre alt.
Sicherheit für Stifter
Die Stiftungsaufsichtsbehörde trägt nach dem Tod der
Stifterinnen und Stifter dafür Sorge, dass auch weiterhin die
satzungsgemäßen Zwecke erfüllt werden. Ein Stifter
muss sich auch in der Zukunft sicher sein können, dass die
von ihm gegründete Stiftung auch nach seinem Tod, noch in hunderten
von Jahren weiterlebt und die von ihm festgelegten Ziele fördert.
Die F.D.P.-Bundestagsfraktion hat zur Stiftungsreform einen sehr
beachtenswerten Vorschlag unterbreitet. Ich hoffe sehr, dass die
Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen nun ebenfalls zügig
Vorschläge zur Reform des Stiftungszivilrechts vorlegen werden,
damit die Reform, wie versprochen, noch in dieser Legislaturperiode
auf den Weg gebracht werden kann. Die Zeit wird knapp!